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Die Piloten der Fluggesellschaft Ryanair wollen streiken.

© AFP / Andreas Arnold

Update

Irischer Billigflieger: Deutsche Ryanair-Piloten wollen streiken

Bei Ryanair revoltieren die Piloten gegen schlechte Arbeitsbedingungen. Die Airline lehnt bislang Verhandlungen mit Gewerkschaften ab. Eine harte Auseinandersetzung steht bevor.

Erstmals in ihrer Geschichte werden die in Deutschland beschäftigten Piloten des irischen Billigflieger Ryanair ab sofort streiken. Wo und wann genau sie die Arbeit niederlegen, will die Pilotenvereinigung Cockpit (VC) kurzfristig ankündigen. Betroffen sein könnten 14 Flughäfen, die Ryanair in Deutschland anfliegt.

Hintergrund des Ausstandes sind die nach Angaben von VC-Präsident Ilja Schulz skandalösen Arbeitsbedingungen bei Ryanair. „Die Piloten haben es satt, der Ärger und Frust steigt täglich“. Schulz zufolge laufen dem irischen Billigflieger deshalb Pilotinnen und Piloten „in Scharen“ weg. 2017 werde Ryanair auch in Deutschland 25 Prozent seiner Cockpit-Angestellten von derzeit knapp 400 verlieren. Jetzt will VC und die bei ihr mittlerweile organisierten Ryanair-Piloten mit den Streiks endlich einen Tarifvertrag durchsetzen. Es werde solange gestreikt bis dies erreicht sei.

Ryanair sieht die Pilotenvereinigung nicht als Verhandlungspartner

Ryanair reagierte am Dienstag schroff. Die Iren lehnen weiter jede Verhandlung über einen Tarifvertrag ab. Es liege keine Mitteilung über Arbeitskampfmaßnahmen deutscher Piloten vor. Wenn werde man sich „frontal“ mit einem Streik auseinandersetzen. VC sei für Ryanair kein Verhandlungspartner. Schon zuvor hatten der Billigflieger jedes Gespräch mit der Pilotenvereinigung abgelehnt. VC sei nur eine Pilotengewerkschaft für Lufthansa und Eurowings, heiße es in Dublin. „Tatsächlich wir auch eine Ryanair-Gewerkschaft. Immer mehr Ryanair-Pilotinnen und Piloten schließen sich uns an“, sagt Schulz. Dies gelte auch für Pilotengewerkschaften in anderen Ländern. Dort seien wie in Deutschland mittlerweile Tarifkommissionen gebildet. Streiks wurden inzwischen auch bei Ryanair in Portugal und Italien ausgerufen.

Von einem möglichen Streik bei Ryanair könnten in Deutschland 14 Flughäfen betroffen sein, unter anderem Frankfurt, Berlin-Schönefeld, Karlsruhe/Baden-Baden, Memmingen, München und Nürnberg. VC will so rechtzeitig über Streiks informieren, dass sich betroffene Passagiere einstellen können und sie dies nicht erst am Flughafen erfahren. Keine Streiks soll es an Weihnachten vom 23. bis einschließlich 26. Dezember geben.

Piloten müssen Einzel-Unternehmen gründen

In Deutschland fordert VC ähnliche Tarifvereinbarungen für die Ryanair-Piloten wie bei TuiFly. Dort gelten Tarifverträge, die eine um 30 Prozent höhere Vergütung beinhalten, eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Sozialabgaben und klare Regelungen über die maximalen Flugzeiten.

Nach Angaben von Schulz und Ryanair-Flugkapitänin Tina Hausmann, die seit 11 Jahren für den irischen Billigflieger im Cockpit sitzt, kann von solchen Bedingungen bei Ryanair keine Rede sein. Dort hätten die Piloten keinerlei Rechte gegenüber dem Unternehmen. Sie seien nicht festangestellt, müssten ein eigenes Einzel-Unternehmen gründen, das selbst für alle Sozialabgaben aufkommen müsse und dem die jeweiligen Flugzeiten vorgeschrieben werden. Bei Krankheit wird VC zufolge nichts gezahlt. Wer nicht im Cockpit sitzt verdiene kein Geld. Das gilt derzeit auch für Hausmann, die mit Ryanair vor dem Arbeitsgericht prozessiert. Zudem könnten die Dienstsitze der Piloten sehr kurzfristig geändert werden. Manchmal müssten sie innerhalb von zwei Wochen umziehen.

„Am Ende bleiben 700 Euro im Monat und ein Berg von Schulden“

VC zufolge müssen junge Piloten bei Ryanair mit rund 31.000 Euro für die Flug-Berechtigung, für Uniform und sogar den Dienstausweis in Vorleistung treten. Im ersten Jahr erhalten sie Schulz zufolge Bruttobezüge von 25.000 Euro, von dem sie Steuern, doppelt Sozialabgaben (als eigener Unternehmer und als Angestellte ihres Unternehmens) und andere Abgaben bezahlen müssen. „Am Ende bleiben 700 Euro im Monat und ein Berg von Schulden“. Nach fünf Jahren kann ein Co-Pilot bei Ryanair brutto maximal 70.000 Euro verdienen, ein Flugkapitän kommt im besten Fall auf 130.000 Euro, rechnet VC-Präsident Schulz vor. Von diesem Geld müssten aller Steuern, doppelt Sozialabgaben und andere Aufwendungen bestritten werden.

VC schließt nicht aus, dass organisierte Pilotinnen und Piloten, die bei Ryanair streiken mit Konsequenzen rechnen müssen. Um sie zu unterstützen sei mittlerweile ein Fonds eingerichtet worden, für den bereits mehr als 130.000 Euro gespendet worden sei. Mittlerweile bemühen sich Ryanair-Flugzeugführer verstärkt um Jobs bei anderen Airlines. Das ist unter anderem auch deshalb nicht einfach, weil der irische Billigflieger nur Jets vom Typ Boeing 737 betreibt. Viele andere Airlines in Europa setzen allerdings auf Maschinen von Airbus.

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