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IT-Industrie: Nummer zwei schluckt Nummer drei

Der Konzentrationsprozess in der weltweiten IT-Industrie hat Deutschland erreicht. Die Nummer zwei der hiesigen Softwarebranche, die Darmstädter Software AG, will den drittgrößten Anbieter IDS Scheer schlucken. Durch die Übernahme entstünde ein Konzern mit gut 1,1 Milliarden Euro Umsatz und mehr als 6000 Mitarbeitern.

Damit breitet sich das Übernahmefieber der IT-Branche jetzt auch hierzulande aus. Erst im Frühjahr hat der amerikanische Datenbank-Spezialist Oracle die Akquisition des US-Computerbauers Sun für 7,4 Milliarden Dollar angekündigt. Insgesamt hat der Konzern in den vergangenen vier Jahren mehr als 30 Milliarden Dollar in Unternehmenskäufe gesteckt. Doch auch US-Konkurrenten wie IBM oder HP haben groß eingekauft.

Die Software AG galt selbst lange als Übernahmekandidat. Branchenführer SAP wurde als möglicher Käufer genannt. Der Großaktionär, die Software AG Stiftung, hatte immer betont, die Anteile stünden nicht zum Verkauf. Jetzt bietet die Software AG für IDS 487 Millionen Euro in bar oder 15 Euro je Aktie. Das entspricht einem Aufschlag von 40 Prozent auf den Kurs von Montag. Im Verhältnis zum durchschnittlichen Kurs der vergangenen drei Monate liegt das Premium sogar bei mehr als 50 Prozent.

Der satte Bonus dürfte den IDS-Hauptaktionären August-Wilhelm Scheer und Alexander Pocsay die Zustimmung erleichtert haben. Die beiden Firmengründer haben bereits zugesagt, ihre Anteile von knapp 48 Prozent abzugeben. Allein Scheer, der Präsident des Branchenverbandes Bitkom ist, dürfte knapp 200 Millionen Euro einstreichen. Der Vorstand des Unternehmens begrüßte das Angebot und bezeichnete es als „äußerst attraktiv“. Analysten und Investoren sind von dem Preis weniger begeistert. Die Übernahme sei sehr teuer, kritisierte Unicredit-Experte Knut Woller. In der Branche seien Aufschläge von 20 bis 30 Prozent üblich. An der Börse büßte das Papier 5,7 Prozent auf 47,36 Euro ein.

Analysten bemängelten, dass die hohe Gewinnspanne durch die Integration von IDS Scheer sinken werde. Die Software AG erwirtschaftet bislang rund 75 Prozent ihres Umsatzes von zuletzt 721 Millionen Euro im Jahr mit Programmen zur Steuerung von Unternehmensabläufen. Die operative Marge vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen betrug 28,6 Prozent. IDS dagegen erzielt den größten Teil seiner Erlöse von 399 Millionen Euro mit Beratungsleistungen, die weniger profitabel sind. Software-AG-Finanzvorstand Arnd Zinnhardt betonte aber, der Konzern werde in zwei bis drei Jahren wieder eine Marge von 25 Prozent erreichen.

Software-AG-Chef Karl-Heinz Streibich warb mit dem hohen Ergänzungsgrad. IDS sei stark in der Analyse und dem Design von Geschäftsprozessen, während sein Unternehmen sich bisher auf die Implementierung von Programmen konzentriere. Mit der Übernahme von IDSScheer verdoppelt die Software AG ihre Kundenbasis. Der Abstand zu SAP bleibt jedoch groß: SAP setzte 2008 mehr als zehn Mal so viel um wie Software AG und IDS Scheer zusammen.

Für die Finanzierung leiht sich die Software AG zwei Drittel des Kaufpreises von Banken, die restlichen Mittel nimmt das Unternehmen aus seinem Barbestand und einem nachrangigen Darlehen der Software-AG-Stiftung. Die Schulden sollen bis spätestens 2013 zurückgezahlt werden. Commerzbank-Analyst Thomas Becker hält dies für realistisch.HB

Joachim Hofer, Till Hoppe

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