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Wirtschaft: Italiener sind sauer auf Franzosen

Nach Bulgari könnte Parmalat übernommen werden

Rom - Ende 2003 legte Parmalat die größte Firmenpleite in der Geschichte Europas hin. Italiens bedeutendster Milch- und Saftkonzern versank damals in einem Finanzloch von 14 Milliarden Euro Tiefe. Heute ist Calisto Tanzi, der Gründer und Patron des Unternehmens, zu 18 Jahren Haft verurteilt – und Parmalat steht nach der Sanierung auf so stabilen Füßen wie seit zwanzig Jahren nicht mehr: Es hat 1,4 Milliarden Euro in der Kasse und verzeichnet bei 4,3 Milliarden Euro Umsatz (2010) einen operativen Gewinn von 215 Millionen Euro.

Es könnte also alles so schön sein im „Food Valley“ von Parma, wo der berühmte Schinken, der Parmesan und die Nudeln (Barilla) herkommen – wären da nicht die bösen Ausländer. Jene drei Finanzfonds aus den USA, aus Kanada und Norwegen, die mit zusammen 15,3 Prozent bisher die größten Anteilseigner waren. Und die immer unzufriedener wurden mit Enrico Bondi (76), dem erfolgreichen Sanierer von Parmalat. Da kam der französische Konkurrent Lactalis gerade recht. In den vergangenen Wochen begann Lactalis, Parmalat-Aktien zusammenzuraffen – was nicht schwer war bei einem Streubesitz von 74 Prozent.

In der Nacht zum Dienstag dann, als Italiens nationale, „weiße Ritter“ um Nutella-König Michele Ferrero langsam aufwachten, schlug Lactalis zu: Die Franzosen legten den drei Fonds 744 Millionen Euro auf den Tisch, bezahlten mehr als den aktuellen Börsenwert, und das Geschäft war gemacht: Die Fonds verkauften, und Lactalis hält jetzt mehr als 29 Prozent an Parmalat. Bei der Hauptversammlung können die Franzosen neun von elf Vorstandsposten bestimmen.

In Italien reagieren Politik und Medien recht sauer auf die französischen „Überfälle“. Es ist noch keine drei Wochen her, dass sich der Pariser Luxuskonzern LVMH den edlen römischen Schmuckhersteller Bulgari einverleibt hat; der Stromriese Electricité de France greift nach dem italienischen Branchenzweiten Edison; Gucci und zwei Banken sind bereits nach Frankreich gewandert, im Versicherungsmulti Generali hat der französische Finanzier Vincent Bolloré das Sagen.

Im Eilmarsch hat Wirtschafts- und Finanzminister Giulio Tremonti jetzt ein Dekret durch den Ministerrat gebracht, das ausländische Übernahmen erschweren soll. Als „strategische Bereiche“, in denen die Zustimmung der Regierung erforderlich ist, werden die Verteidigungsindustrie und die Telekommunikation definiert – und natürlich die Energie- und die Lebensmittelbranche. Das Dekret erlaubt es beispielsweise dem Parmalat- Konzern, seine Hauptversammlung zu verschieben. Mag sein, so der Gedanke, dass sich doch noch ein paar wackere italienische Unternehmer finden, die den Franzosen die Tür weisen. Paul Kreiner

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