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Mario Monti (l.) muss auf die Hilfe von Angela Merkel hoffen.

© Reuters

Italiens Krise: Montis Angst vor der spanischen Krankheit

Italien will sich selbst nicht als Krisenland verstehen. Doch die Reformen der Regierung Monti geraten ins Stocken. Das Vertrauen an den Märkten bröckelt.

„Ansteckungsgefahr besteht immer“, gibt Regierungschef Mario Monti zu. „Entmutigend“ seien die wirtschaftlichen Aussichten für Europa und die Bedingungen der Finanzmärkte, sekundiert Italiens Notenbankchef Ignazio Visco. Die größte Wirtschaftszeitung des Landes sieht nur mehr eine Rettung. Auf Deutsch und mit Lettern, so groß wie sie sonst die „Bild“ druckt, titelt „Il Sole 24 Ore“: „Schnell, Frau Merkel!“

Allen dreien ist gemeinsam, dass sie eine Gefahr nicht so sehr für Italien sehen als für die gesamte Euro-Zone. Nur wenn diese jetzt die Reihen schließt, nur wenn Deutschland seinen Widerstand gegen Euro-Bonds und alle nur möglichen gemeinsamen Instrumente aufgibt, nur wenn jetzt umfassende Wachstumsprogramme aufgelegt werden, dann lässt sich die Gemeinschaft retten. Das ist einhellige Position italienischer Experten.

Es ist ein Hilfeschrei. Denn auch wenn seit sieben Monaten Mario Montis „Technokraten“ in Italien regieren, weisen die Zahlen dennoch in den Keller.

Die industrielle Produktion ist im Jahresvergleich um 9,2 Prozent zurückgegangen. Mittlerweile erfasst die Rezession auch Prunkstücke wie den Maschinenbau. Die Arbeitslosigkeit ist in Montis sieben Monaten von neun auf fast elf Prozent gestiegen. Die Jugendarbeitslosigkeit nimmt bald spanische Dimensionen an: Jeder Dritte unter 25 Jahren ist ohne Job. Und regional ist es noch schlimmer: Von den jungen Frauen arbeitet im Süden nicht einmal jede zehnte.

Immerhin galten Italiens Banken als solide. Es gab – anders als in Spanien – keine Immobilienblase, und es wird auch keine geben. Allerdings ist mit der Rezession auch der Anteil der „schwer einbringlichen“ Kredite gestiegen. Mit 109 Milliarden Euro drückt er heute doppelt so schwer auf die Bilanzen der Banken wie 2009.

Italiens Banken haben das billige Geld, das sie sich zuletzt bei der EZB geliehen haben – netto etwa 140 Milliarden Euro – nicht an die heimischen Unternehmen weitergegeben, sondern zu zwei Drittel in Staatsanleihen des eigenen Landes gesteckt. Die doppelte Folge: Firmen stecken in der Kreditklemme, und je stärker die internationalen Finanzmärkte an Italien zweifeln, umso mehr wächst auch das Misstrauen gegenüber dessen Banken. Zumal die ohnehin übermäßige Staatsverschuldung weiter zunimmt. Je nachdem, wie tief die Rezession und wie viel Italien zur Rettung Spaniens beisteuern muss, könnte der Schuldenstand von derzeit 121 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bis 2014 auf 137 Prozent klettern, kalkuliert die Citigroup.

Und da der Monti-Bonus auf den internationalen Finanzmärkten aufgebraucht ist, muss Italien für seine Schulden wieder tiefer in die Taschen greifen: Am Dienstag stieg der Zinssatz auf über sechs Prozent. Das sind schon fast Werte, für die ein Silvio Berlusconi gehen musste. Natürlich haben die Technokraten um Monti Reformen eingeleitet, doch viele brauchen Zeit. Andere, wie der umfassende Umbau des Arbeitsmarkts, scheitern schon an widerstreitender Parteiinteressen. Oder es gibt Rückschläge: Bei der wegweisenden Rentenreform sind rund 390 000 Italiener durch den Rost gefallen. Ungesichert hängen sie zwischen Arbeitsende und Pension. Jetzt muss nachfinanziert werden.

Gelungen ist es der Regierung hingegen, öffentliche Ausgaben zurückzuführen, bei den Steuern einen Primärüberschuss zu erwirtschaften und das Haushaltsdefizit zu senken – auch wenn von einem „Haushaltsausgleich 2013“ faktisch nicht mehr gesprochen wird. Und das „Dekret zur wirtschaftlichen Entwicklung Italiens“, von der Regierung seit Monaten angekündigt, es kommt nicht. Das Geld dafür ist innerhalb Italiens nicht aufzutreiben. Aber wer weiß, vielleicht bei der EU.

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