zum Hauptinhalt

Wirtschaft: IWF: US-Defizit bedroht die Weltwirtschaft

Hohe Schulden beflügeln nur kurzfristig die Konjunktur / Eurokurs sinkt unter 1,18 Dollar

Washington/Berlin (DeT/msh/HB). Ohne einen wirtschaftspolitischen Kurswechsel wird das hohe Defizit im USHaushalt nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds IWF zur schweren Belastung für die Weltwirtschaft. Zwar stimuliere die Defizitpolitik der Bush-Regierung kurzfristig die Konjunktur, mittelfristig werde sie aber zu einer Belastung für die Weltwirtschaft, schreibt der IWF in seinem aktuellen World Economic Outlook. Die Folgen seien eine stärkere Geldentwertung, steigende Zinsen und bald wieder sinkende Wachstumsraten.

In den vergangenen vier Jahren hat sich die Lage des US-Staatshaushaltes nach Ansicht des IWF dramatisch verschlechtert: Das Defizit werde 2004 rund 4,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) betragen, schätzt der Währungsfonds. Der IWF und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) betonen, dass die US- und die Weltwirtschaft während der Konjunktur-Flaute enorm von dieser Politik profitiert hat. „Ohne die expansive Fiskalpolitik wäre die Erholung der Weltwirtschaft höchstwahrscheinlich nicht so stark und breit gewesen“, schreibt der IWF. Auch 2004 und 2005 wirkt diese Politik noch positiv: Die OECD prognostiziert in ihrem aktuellen Länderbericht USA für die US-Wirtschaft in diesen Jahren Wachstumsraten von 4,5 Prozent und 3,7 Prozent.

Von der dynamischen Entwicklung in den Vereinigten Staaten profitiert derzeit auch die europäische Wirtschaft, die mit steigenden Ausfuhren in die USA rechnen kann. Sinkende Arbeitslosenzahlen und gleichzeitig steigender Konsum der US-Verbraucher im März deuten darauf hin, dass der Aufschwung weiter an Stärke gewinnt. Der private Konsum war im März mit 1,8 Prozent im Vergleich zum Vormonat so stark wie seit einem Jahr nicht mehr gestiegen. Damit scheinen sich Befürchtungen zu zerstreuen, dass der Aufschwung der US-Wirtschaft nicht nachhaltig ist. „Der März war ein guter Monat, der noch nicht den Trend für das gesamte Jahr wiedergibt“, sagte Bernhard Gräf, US-Konjunkturexperte der Deutschen Bank, dem Tagesspiegel. „Die Chancen für einen sich selbst tragenden Aufschwung in den USA steigen aber.“

Eine starke US-Wirtschaft wirke sich dämpfend auf den Eurokurs aus, der schon seit Tagen sinkt. Am Mittwoch legte die Europäische Zentralbank den Referenzkurs des Euro auf 1,1924 Dollar fest, nach 1,1975 am Dienstag. Am Nachmittag sank der Eurokurs sogar unter 1,19 Dollar. Für die deutschen Exporteure wirkt ein schwächerer Euro entlastend, weil er deren Produkte auf den Weltmärkten verbilligt. Allerdings warnen IWF und OECD vor den langfristigen Folgen der Defizitpolitik der US-Regierung. Sollte diese die hohe Verschuldung beibehalten, könnte der Dollar schon bald wieder an Wert verlieren. Die US-Regierung finanziert mit den Schulden den Irak-Krieg, steigende Sozialausgaben und massive Steuererleichterungen.

Das Versprechen von US-Präsident George W. Bush, das Defizit bis 2009 zu halbieren, ist nach Ansicht der OECD bei der bisherigen Wirtschaftspolitik nicht zu halten. Behalte die US-Regierung ihren Kurs bei, klafft im Haushalt nach OECD-Berechnungen bis 2014 jedes Jahr ein Loch von rund vier Prozent des BIP. Zudem drohe den US-Sozialversicherungen wegen der demografischen Entwicklung der Kollaps: Selbst unter konservativen Annahmen dürften die Ausgaben für die staatlichen Gesundheitsprogramme drastisch steigen.

Nach Modellrechnungen des IWF führt die hohe Staatsverschuldung zu höherer Inflation und zu steigenden Zinsen. „Dadurch werden der Konsum und private Investitionen verhindert“, warnt der IWF. In den USA würden nach 2005 pro Jahr rund ein Prozentpunkt Wachstum verloren gehen, ab 2010 steigere sich der Wachstumsverlust auf bis zu 2,5 Prozentpunkte im Jahr 2020. Noch stärker wäre der Rest der Welt betroffen, weil auch dort die Zinsen steigen würden. Bis 2020 würde die Wirtschaft in den anderen Industrieländern um bis zu 3,5 Prozent pro Jahr langsamer wachsen.

US-Konjunkturexperte Gräf sieht dieses Szenario gelassen: „In besseren Zeiten besteht die Chance, die Verschuldung wieder zu verringern.“ Auch eine Erhöhung des derzeit historisch niedrigen Zinsniveaus in den USA könne den Aufschwung nicht abwürgen.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false