zum Hauptinhalt
Kassieren für die Volkswirtschaft. Höhere Gehälter können die Inflation – wie von Ökonomen gewünscht – nach oben bringen.

© picture alliance / dpa

Wirtschaft: Ja zu höheren Löhnen

Bundesbank-Volkswirt Ulbrich stärkt Gewerkschaften den Rücken – und trifft auf Skepsis im eigenen Haus.

Höhere Tarifabschlüsse. Mit dieser Äußerung vom Wochenende überrascht Bundesbank-Chefvolkswirt Jens Ulbrich Analysten und Ökonomen nicht wirklich. Obwohl die Währungshüter in der Vergangenheit nur dafür bekannt waren, die Tarifpartner zu bremsen, um der Gefahr einer hohen Inflationsrate zu begegnen. Und obwohl sich Bundesbank-Präsident Jens Weidmann bislang zurückhaltend dazu geäußert hat – vorsichtig ausgedrückt.

„Die Bundesbank sorgt sich, dass die Inflationsrate zu niedrig ist, auch höhere Löhne sollen sie wieder nach oben bringen“, sagt Michael Schubert von der Commerzbank. Bundesbank-Chefvolkswirt Ulbrich hatte am Wochenende die Gewerkschaften für die jahrelange „sehr verantwortungsbewusste“ Lohnzurückhaltung gelobt. Vor dem Hintergrund der Wirtschaftslage sei die Lohnentwicklung in Deutschland sehr moderat.

Die EZB sieht die Preisstabilität gewahrt

Die Europäische Zentralbank (EZB) und damit auch die Bundesbank sehen Preisstabilität bei einer Inflationsrate von knapp unter zwei Prozent gewahrt. Liegt sie dauerhaft zu niedrig, droht Deflation und damit eine gefährliche Preisspirale nach unten mit schwerwiegenden Folgen für Konjunktur und Arbeitsmarkt. In Deutschland lag die Rate im Juni bei 1,0 Prozent, in der Euro-Zone bei 0,5 Prozent. Für das gesamte Jahr erwarten Ökonomen in Deutschland eine Rate zwischen 0,5 und 1,4 Prozent, 2015 soll sie auf bis zu 1,9 Prozent steigen.

Höhere Löhne sollen den Konsum antreiben

Höhere Löhne sollen, so die Hoffnung der Bundesbank, den Konsum befördern. Eine höhere Nachfrage führt in der Regel auch zu höheren Preisen. Höhere Löhne würden nach Ansicht von Holger Bahr, Ökonom bei der Deka-Bank, auch verhindern, dass der Wettbewerbsvorsprung deutscher Unternehmen gegenüber der Konkurrenz in den südeuropäischen Krisenländern noch größer und damit die Überwindung der Krise in diesen Staaten noch schwieriger wird. Deutsche Unternehmen könnten auch mit Abschlüssen von deutlich mehr als drei Prozent gut leben. „Es würde nicht schaden, wenn die stärkste Volkswirtschaft in der Euro-Zone ihren Verteilungsspielraum ausschöpfen würde.“ Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) meint, die Lohnentwicklung für ein oder zwei Jahre könne über den Verteilungsspielraum hinausgehen.

Die Einschätzungen der Bundesbank stammen aber bislang nur von Chef-Volkswirt Ulbrich. Noch Anfang Juli hatte Präsident Weidmann das Votum des Bundestages für einen gesetzlichen Mindestlohn scharf kritisiert und gewarnt, dies könne Arbeitsplätze kosten. Noch im März hatte er betont, dass kräftige Lohnsteigerungen in Deutschland das Problem der Ungleichgewichte in der Euro-Zone nicht lösen könnten. Das Votum des Bundesbank-Chef-Ökonomen steht auch im Kontrast zum am Montag veröffentlichten Monatsbericht der Bundesbank.

Zur Startseite