zum Hauptinhalt
US-Wahlkampf? Die Pose könnte sich VW-Chef Winterkorn jedenfalls dort abgeschaut haben.

© dpa

Jahresbilanz 2011: VW sieht sich auf Kurs

Europas größter Autobauer hat ein Rekordjahr hinter sich und gibt sich trotzdem betont vorsichtig. Der Aktie tat die neue Zurückhaltung in Wolfsburg nicht gut.

Martin Winterkorn verrät nicht, was er mit den gut 17,4 Millionen Euro macht, die er 2011 als Volkswagen-Chef verdient hat. „Die Hälfte von meinem Bonus bekommt der Staat”, sagt er am Montag in Wolfsburg nur und lacht. Kein Manager in Deutschland verdient aktuell so viel Geld wie der Volkswagen-Chef.

Der 64-Jährige und seine sieben Vorstandskollegen haben gerade zwei Stunden lang die Bilanz des Geschäftsjahres 2011 präsentiert – ein Zahlenwerk voller Rekorde. „Dieses Ergebnis ist real erwirtschaftet”, fügt Winterkorn hinzu, als er gefragt wird, ob Automanager in Sachen Bezahlung nun die neuen Banker sind. „Viele Banker haben hohe Boni verdient, obwohl ihre Bank bald danach pleite war.”

Von Pleite kann beim Volkswagen-Konzern wahrlich keine Rede sein. VW-Arbeitsdirektor Horst Neumann findet deshalb, dass sich der Vorstand seine hohen Bezüge – die nach einem „blitzsauberen, transparenten und fairen Vergütungssystem” bemessen werden – verdient hat. 70,6 Millionen Euro sind es für alle acht Vorstände zusammen, das sind 66 Prozent mehr als 2010. Auch die Tarifbeschäftigten in den westdeutschen VW-Werken hätten schließlich profitiert. Jeder bekommt für 2011 eine Prämie von 7500 Euro – ein Plus von 88 Prozent.

Das vergangene Jahr war das bislang erfolgreichste in der Geschichte von Europas größtem Automobilhersteller. Mehr als acht Millionen verkaufte Autos. Ein um ein Viertel gesteigerter Umsatz von rund 160 Milliarden Euro. Fast 16 Milliarden Euro nach Steuern verdient. Kapitalrendite im Autobereich: 17,7 Prozent. Weltmarktanteil: 12,3 Prozent. Alle neun Marken (VW, Audi, Skoda, Seat, Bentley, Lamborghini, VW Nutzfahrzeuge, Scania und MAN) haben mehr verkauft – nur Seat schreibt noch (einen geschrumpften) Verlust.

Lässt sich das noch steigern? Und: Lässt sich das noch steuern?

An dem Ziel, bis 2018 der größte Autohersteller der Welt zu werden, mit mehr als zehn Millionen verkauften Autos, hält Volkswagen fest. „Die Strategie 2018 greift.” Doch Winterkorn und VW-Finanzchef Hans Dieter Pötsch legen nicht noch etwas drauf, sie bleiben im Gegenteil auffällig vorsichtig. „Für die kommenden Monate sind wir – trotz aller konjunkturellen Unwägbarkeiten – verhalten optimistisch”, sagt Winterkorn. Volkswagen werde im laufenden Jahr zwar mehr Fahrzeuge verkaufen als im Vorjahr und den Umsatz steigern. Das operative Ergebnis soll aber nur auf dem Vorjahres-Niveau (11,3 Milliarden Euro) gehalten werden. Größenwahn klingt anders.

Der Aktie tat die neue Zurückhaltung in Wolfsburg nicht gut: Der Kurs sackte am Montag um 2,2 Prozent ab – das größte Minus im Dax. Immerhin können sich die Aktionäre auf eine höhere Dividende freuen. 3,00 Euro je Stamm- und 3,06 Euro je Vorzugsaktie schlägt der Vorstand vor.

So gut es auch läuft bei Volkswagen, der riesige Konzern mit inzwischen mehr als 500 000 Beschäftigten hat noch nicht die Struktur, die er braucht, um ein „Leuchtturm der Autoindustrie” zu werden, wie Winterkorn sagt. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, sollen in Zukunft noch mehr Gleichteile in verschiedenen Modellen verbaut werden. Bei Audi, der Gewinnmaschine im VW-Konzern, basieren schon heute alle Fahrzeuge vom A4 bis zum A8 auf dem sogenannten Modularen Längsbaukasten. Das senkt die Kosten und soll auf den gesamten Konzern ausgedehnt werden. Ein gigantisches Projekt: VW investiert bis 2016 insgesamt mehr als 62 Milliarden Euro – nach Angaben Pötschs entfällt etwa ein Viertel davon nur auf die Umrüstung der Werke auf das modulare Plattformsystem. Bei 40 Modellen wird sich der Konzern in Zukunft aus dem gemeinsamen Baukasten bedienen. Die Fertigungszeit soll das um 30 Prozent senken.

So schnell und kostengünstig soll Volkswagen produzieren, dass mancher fürchtet, die Qualität könnte darunter leiden – wie beim großen Rivalen Toyota. Die Rückrufaktion der Japaner in den vergangenen Jahren ist eine Horrorvorstellung, auch für die Wolfsburger Autobauer. Aber Winterkorn, bekannt für seinen detailverliebten Qualitätsanspruch, wiegelt ab: „Ich bin mir sicher, dass uns nicht das passiert, was Toyota passiert ist.”

Wenig ist an diesem Montag von den großen Baustellen im VW-Reich die Rede. Zum Thema Elektromobilität: nichts Neues. Der juristische Streit mit dem japanischen Partner Suzuki: kein Kommentar. Staatsanwaltliche Ermittlungen gegen Ex-Porsche-Manager: kein Kommentar. Nur so viel kann Martin Winterkorn „fest zusagen: Der integrierte Konzern von Volkswagen und Porsche wird kommen”. Alles andere wäre auch eine böse Überraschung. Zu den Risiken und möglichen Kosten der Integration sagt Winterkorn nichts. Stattdessen Hoffnungswerte: Finanzvorstand Pötsch hält Synergieeffekte von mehr als den bislang erwarteten 700 Millionen Euro pro Jahr für möglich.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false