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Spitzenköpfe. Nach dem Ausscheiden von Josef Ackermann als Vorstandschef teilen sich Jürgen Fitschen (l.) und Anshu Jain die Leitung des größten deutschen Bankhauses.

© dpa

Update

Jahresbilanz: Sanierung drückt Gewinn der Deutschen Bank

Zum ersten Mal präsentieren die neuen Vorstände Anshu Jain und Jürgen Fitschen die Jahresbilanz der Deutschen Bank. Die ist in Augen von Analysten alles andere als gut. Doch bei dem Institut geht es um mehr als um Zahlen.

Die Deutsche Bank hat im Schlussquartal 2012 wegen erheblicher Sanierungskosten einen Milliardenverlust verbucht. Unter dem Strich stand ein Minus von 2,2 Milliarden Euro, wie Deutschlands größtes Geldhaus am Donnerstag mitteilte. Im Gesamtjahr reichte es deshalb nur noch für einen Mini-Gewinn von 700 Millionen Euro.

Damit verfehlte das Institut die Analystenerwartungen deutlich. Auch Kosten für Rechtsstreitigkeiten verhagelten die Bilanz. Im Vorjahreszeitraum hatte noch ein kleiner Gewinn von knapp 200 Millionen Euro zu Buche gestanden. An der Frankfurter Börse legte das Papier im frühen Handel 0,7 Prozent zu.

Die Zahlen sind wichtig. Aber an diesem Donnerstag, an dem Anshu Jain und Jürgen Fitschen zum ersten Mal im traditionsreichen Frankfurter Hermann-Josef-Abs-Saal die Bilanz der Deutschen Bank vorlegen, sind andere Aspekte mindestens genauso bedeutsam.

Wie präsentieren sich der smarte indischstämmige 50-jährige Brite und der bodenständige, 14 Jahre ältere Norddeutsche? Wie steht es um den von den Bankern im September vergangenen Jahres bei ihrem ersten gemeinsamen Auftritt beschworenen Kulturwandel?

„Die Deutsche Bank ist heute eine ganz andere Bank als vor der Krise“, sagt Jain. Man habe einen Kulturwandel eingeleitet, der Exzesse und das Eingehen übergroßer Risiken vermeiden solle. Die Bank stützt sich Jain zufolge viel stärker auf klassische und stabile Felder wie das Privatkundengeschäft.

Der Wertpapierhandel auf eigenes Risiko sei eingestellt, die Bezahlung des Vorstands und der Top-Banker auf nachhaltigen Erfolg ausgerichtet. Nach außen hin aber war vom Wandel in den rund acht Monaten, in denen die Nachfolger von Josef Ackermann die Geschicke der Bank lenken, nicht viel zu sehen.

In fast wöchentlichem Rhythmus werden Vorwürfe gegen das Institut publik: In den Skandal um die Manipulation des Interbankenzinses Libor ist das Geldhaus verwickelt, es gibt reihenweise Klagen wegen des Verkaufs von verbrieften Hypotheken-Portfolios in den USA, Urteile wegen Zinswetten mit Kommunen in Italien. Wegen angeblicher Manipulation auf dem US-Strommarkt hat die Bank gerade 1,5 Millionen Dollar gezahlt.

Möglicherweise ist sie in millionenschwere Umsatzsteuer-Betrügereien beim Handel mit Emissionszertifikaten verwickelt. Nach einer Razzia in der Frankfurter Zentrale des Instituts saßen mehrere Banker vor Weihnachten etliche Tage in Haft. Mehr noch, auch gegen Fitschen wird ermittelt. Der beschwerte sich direkt beim hessischen Ministerpräsidenten über die Razzia, entschuldigte sich wenige Tage später für diese Aktion.

Schließlich verlor die Bank den Prozess mit den Erben des Münchener Medienmoguls Leo Kirch: Sie muss Schadensersatz möglicherweise in Milliardenhöhe zahlen, weil der damalige Vorstandssprecher Rolf Breuer 2002 öffentlich die Kreditwürdigkeit der Mediengruppe in Zweifel gezogen hatte. Stolze 2,5 Milliarden Euro hat die Bank für Rechtsrisiken beiseite gelegt. Zumindest eines kann man den beiden Bankern zugute halten: Die Verfahren und die Vorwürfe beziehen sich auf die Zeit vor ihrem Amtsantritt.

Jain nennt die Jahre zwischen 2006 und 2008 eine Phase des kollektiven Versagens der Banken, die Deutsche Bank sei Teil davon. Aber für die Verfehlungen tragen Jain und Fitschen eine Mitverantwortung. Sie sind zwar erst seit 2009 im Vorstand, saßen aber zuvor an entscheidenden Hebeln der Bank. Jain leitete die Investmentbank, die riskante und fragwürdige Geschäfte angestoßen und getätigt hat.

Professionelle Branchenkenner bleiben skeptisch

Professionelle Branchenkenner bleiben deshalb skeptisch. „Einen Kulturwandel in der Bank habe ich nicht erwartet. Ich sehe ihn auch nicht“, sagt Banken-Analyst Dieter Hein. Das Ansehen des Instituts könne kaum noch schlechter werden, die Bank sei schon lange ein „Fall für die Staatsanwaltschaft“.

Philipp Häßler von Equinet attestiert den Bankern zumindest erkennbares Engagement. „Die Deutsche Bank bemüht sich um einen Kulturwandel. Das gilt insbesondere für Fitschen. Aber das geht nicht von heute auf morgen. Sünden der Vergangenheit kommen immer wieder hoch.“ Tatsächlich gibt es Hinweise auf einen Wandel. Wer Jain und Fitschen in den letzten Monaten erlebt, sieht keine arroganten Banker. Im Gegenteil, sie geben sich demütig, räumen ein, dass die Banken und auch die Deutsche Bank Fehler gemacht haben. Jain widerspricht mit kaum einem Wort Auflagen von Finanzaufsehern. „Unser wichtigster Kontakt“, sagt er, „ist inzwischen der zum Regulator.“

Was noch aussteht, sind Belege für eine Läuterung. Zum einen, ob klassische Bereiche wie das Privat- oder Firmenkundengeschäft tatsächlich solide Erträge liefern und zum erheblichen Teil zum Gewinn beitragen. Zum anderen, ob doch wieder das mit Risiken belegte Investmentbanking den Überschuss maßgeblich stützt. Das Institut will hier weiter gutes Geld verdienen.

Nach der von Ackermann verordneten Pause werden wieder Fonds angeboten, die auf die Spekulation mit Nahrungsmitteln setzen. Zudem macht die Bank angeblich wieder Milliarden-Geschäfte mit komplexen und riskanten Kreditpapieren. Sie gelten als Mit-Auslöser der Finanzkrise 2008. Auch in der langfristigen Ausrichtung der Top-Gehälter muss der Kulturwandel deutlich werden. Jain und Fitschen hatten konkrete Änderungen angekündigt.

„Dieser Wandel ist nicht leicht und wird Zeit benötigen - aber er wird erfolgen“, betonten die beiden im Dezember in einem Brief an die mehr als 100.000 Mitarbeiter. Bei den Zahlen scheint die Bank auf einem guten Weg, auch wenn das letzte Quartal nach Angaben von Analysten einen Verlust gebracht hat.

Finanzchef Stefan Krause hatte im Dezember auf Sonderlasten etwa aus dem Restrukturierungsprogramm verwiesen, die sich „signifikant auf den Gewinn“ auswirken würden. Von 300 Millionen Euro ist die Rede, rund 2000 Stellen wurden 2012 gestrichen.

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