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Wirtschaft: „Jeder Bieter ist mir gleich willkommen“

Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin über den Verkauf der Bankgesellschaft und den Streit um den Namen Sparkasse

Herr Sarrazin, was haben Sie gedacht, als Sie den Verkaufspreis von 680 Millionen Euro für die Berliner Bank erfahren haben?

Ich habe mich natürlich gefreut. Wenn man sich den Deal anschaut, sieht man, dass auf den reinen Ertragswert der Berliner Bank noch Zuschläge gekommen sind: für die Berlin-Fantasie, dafür, dass kaum Banken mit einem soliden Stamm von Privatkunden zum Verkauf stehen, und für das Bietergefecht.

Eine ähnliche Situation könnten wir 2006 wieder erleben, wenn die Bankgesellschaft verkauft wird. Nur in einer größeren Dimension. Wenn es wieder ähnlich hohe Zuschläge gibt, bringt die Bankgesellschaft knapp sieben Milliarden Euro ein…

Das können Sie so nicht rechnen. Wenn Sie Auktionator bei Sotheby’s sind und einen Rembrandt versteigern müssen, gibt es auch eine Preisspanne, aber es ist völlig unklar, ob das Bild für 1,5 Millionen weggeht oder für 3,5 Millionen. Das ist das Wesen eines Bieterwettbewerbs.

Es können bei der Bankgesellschaft auch viel mehr als sieben Milliarden werden?

Ich rede in diesem Zusammenhang grundsätzlich nicht über Zahlen. Aber ich möchte daran erinnern, dass das letzte Gebot, das wir für die Bankgesellschaft bekamen, ein negativer Kaufpreis von 1, 5 Milliarden Euro war. Das war im April 2003. Ich habe vorgeschlagen, den Deal abzulehnen, und musste dafür öffentliche Schelte einstecken. Wenn Sie nur einmal den derzeitigen Börsenwert betrachten, macht der Berliner Anteil etwa 3,5 Milliarden Euro aus. Das ist ein Unterschied von fünf Milliarden Euro.

Wären Sie mit dem Börsenwert zufrieden?

Für mich setzt sich der Preis aus drei Elementen zusammen: aus einem gewissen Basispreis, aus einem Berlin-Faktor und aus dem Faktor, dass zum ersten und möglicherweise einzigen Mal in Deutschland ein Privater eine Sparkasse mit dem Namensrecht erwerben kann.

Sie gehen davon aus, dass dies so sein wird?

Davon gehe ich ganz fest aus. Dafür haben wir schließlich das Sparkassengesetz im vergangenen Jahr geändert. Die Bundesregierung hat sich unserer Position mittlerweile weitgehend angeschlossen.

Die EU-Kommission will die Bundesregierung auffordern, privaten Investoren grundsätzlich die Übernahme von Sparkassen zu ermöglichen. Wie stehen Sie dazu?

Ich bedauere diese Verschärfung. Ein früheres Einlenken der Bundesregierung im Falle der Berliner Sparkasse hätte möglicherweise die Wiederaufnahme des Vertragsverletzungsverfahrens vermieden. Für uns ändert sich aber in der Sache nichts. Das Land Berlin wird die Bankgesellschaft in jedem Fall diskriminierungsfrei verkaufen.

Sollte die in Deutschland einzigartige Trennung in private, genossenschaftliche und öffentlich-rechtliche Banken aufrecht erhalten werden?

Das hat sich historisch so entwickelt und Deutschland bisher nicht geschadet. Es hat aber auch die Neuordnung des deutschen Bankwesens nicht erleichtert. Die mangelhafte Rentabilität im deutschen Bankenwesen ist auch durchaus dieser Aufteilung in drei Säulen geschuldet. Als Finanzsenator kann ich mit diesen Strukturen aber leben.

Nur nicht in Berlin ...

Auch in Berlin. Wir behalten ja eine Sparkasse. Und mit dem Sparkassengesetz haben wir alle Funktionen einer Sparkasse erhalten. Sie soll für breite Schichten mit Krediten zur Verfügung stehen, sie soll den Gedanken des Sparens fördern und was sonst dazu gehört. Da ist alles drin.

Glauben Sie, dass sich zum Beispiel eine ausländische Großbank wie die Citibank als Käufer daran halten wird?

Das muss sie. Sie unterliegt der Sparkassenaufsicht. Das bleibt so, und das wird sich auch nie ändern. Eine kluge Bank hält sich also daran.

Wie wertvoll ist der Sparkassenname?

Dieser Wert ist nicht genau bestimmbar, aber manche sagen, er läge bei etwa einer Milliarde Euro.

Werden Sie an den Käufer Bedingungen stellen, etwa Beschäftigungsgarantien?

Die Käufer müssen sicherstellen, dass wir weiter eine eigenständige Bank mit eigenem Management in Berlin haben. Eine Filialveranstaltung wäre nicht unsere Sache. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir sie als Berliner Sparkasse verkaufen, weil das ausschließt, dass sie als eine Filiale von irgendwo geführt werden kann.

Arbeitsplatzerhalt ist keine Bedingung?

Ich gehe davon aus, dass die Bieter, die hohe Preise zahlen, auch expansive Geschäftsstrategien verfolgen. Damit ist verbunden, dass man Arbeitsplatzangebote machen kann. Zudem hat die Bankgesellschaft bei ihrer Sanierung in großem Umfang Arbeitsplätze abgebaut. Sie hat jetzt keine Rationalisierungspotenziale mehr. Das war für die Mitarbeiter hart, aber für die Bank sehr gut. Sie ist kostengünstig aufgestellt, wenn sie expandiert, braucht sie eher mehr Mitarbeiter als weniger.

Spielt es für Sie eine Rolle, ob die Bieter aus dem In- oder Ausland kommen, ob es Banken oder reine Finanzinvestoren sind?

Nein. Jeder Bieter, der die Fähigkeit hat, eine Bank seriös, aber auch hinreichend expansiv zu führen, ist mir gleich lieb und willkommen. Wir prüfen aber natürlich, ob sich der Kauf positiv für den Standort Berlin auswirkt.

Auch öffentlich-rechtliche Bieter wollen dabei sein. Der Sparkassenverband hat ein Angebot angekündigt. Ist das ohne eigenes Geld und Management möglich?

Es ist nicht meine Aufgabe, mir darüber Gedanken zu machen, welche Bieter das Geld mobilisieren können. Im ersten Verkaufsverfahren hatte der Sparkassenverband die Chance, die Bankgesellschaft mit allen Garantien des Landes für einen Euro zu erwerben. Der damalige Präsident, Herr Hoppenstedt, hat das Angebot entgegengenommen. Aber er hat bekennen müssen, dass er nicht in der Lage ist, seine Kollegen für ein solches Geschäft zu erwärmen. Bei der Sanierung hat uns der Verband in keiner Weise geholfen. Kein Euro kam von der Sparkassenfamilie. Deshalb wollen wir uns jetzt jedes Mitredenwollen seitens des Verbandes verbitten.

Auch jetzt ist noch unklar, wer aus dem Sparkassenlager für die Bank bietet…

Es wird kaum der Verband sein. Es wird ein Konsortium bieten, das sich aus Verbandsmitgliedern zusammensetzt, vielleicht einige Landesbanken. Und wir werden jedes seriöse Angebot ernsthaft abwägen, es muss sich aber dem vollen Wettbewerb stellen. Ein Angebot von zwei Milliarden Euro hätte gegen ein Angebot von vier Milliarden wenig Chancen.

Wann werden Sie zu Geboten auffordern?

Es wird im Herbst eine öffentliche Ankündigung geben. Die Interessenten werden gesichtet, und ein Teil wird für das weitere Verfahren ausgewählt. Wenn irgendein Hedge-Fonds kommt, werden wir möglicherweise sagen, die kennen wir nicht so genau, die laden wir lieber aus. Aber sämtliche seriösen Interessenten werden sicherlich auch zum weiteren Verfahren eingeladen.

Das Interview führten Moritz Döbler und Stefan Kaiser.

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