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Warten auf den Erfolg.

© picture alliance / dpa

Wirtschaft: Jeder fünfte Fernzug kommt zu spät

Bahn legt erstmals seit Jahren Pünktlichkeit offen – und verspricht, zuverlässiger zu werden

Berlin - Weniger als jeder fünfte Fernzug in Deutschland soll in Zukunft unpünktlich sein. Dieses Ziel hat sich die Deutsche Bahn vorgenommen. „Wir wollen im Fernverkehr stabil über 80 Prozent liegen“, sagte Personenverkehrs-Vorstand Ulrich Homburg am Dienstag in Berlin. Im Personenverkehr insgesamt – einschließlich Regionalzügen und S-Bahnen – strebe man eine Pünktlichkeitsquote von über 93 Prozent an. Im August hielten zuletzt 80,9 Prozent der Fern- und 93,6 Prozent der Nahverkehrsbahnen den Plan ein. Bei der Berliner S-Bahn liege der Wert seit einiger Zeit bei mehr als 98 Prozent. „Das ist kein Problemfall mehr, der uns die Pünktlichkeit verhagelt“, berichtete Homburg.

Die Bahn veröffentlichte erstmals seit mehr als zehn Jahren ihre internen Erhebungen. Von nun an soll es diese Werte einmal monatlich geben. Laut einer wochengenauen Statistik für den Aufsichtsrat, die dem Tagesspiegel vorliegt, schneidet der Konzern in diesem Jahr bislang oft schlechter ab als 2009 und 2010, als Schnee und Hitze die Züge bremsten. Der Durchschnittswert für 2011 liege aber über dem Vorjahr, sagte Homburg. „Wir sind nicht so schlecht, wie immer behauptet wird.“

Pünktlich ist ein Zug, wenn er maximal fünf Minuten und 59 Sekunden nach Plan ankommt. Gemessen wird an jedem Bahnhof, an dem ein Fernzug hält, und an ausgewählten Stationen des Nahverkehrs. Ab Januar soll auch hier jeder Halt gemessen werden. Hat ein Zug also an einem von fünf Bahnhöfen eine Verspätung, liegt die Pünktlichkeitsquote nur noch bei 80 Prozent – selbst wenn er die Verspätung bis zum Endbahnhof wieder aufholt. Ein Zug, der gar nicht erst fährt, fließt allerdings auch nicht in die Statistik ein. Die Messung laufe gleichwohl automatisch. „Da wird nicht steuernd eingegriffen“, versicherte der Manager.

Die Ursachen für Verspätungen sind vielfältig: Für Einflüsse wie extremes Wetter, Suizide, Bombenalarm oder Kabeldiebstahl könne das Unternehmen nichts, sagte Homburg. Auf diese Faktoren entfällt ein Drittel der Verspätungen. Das Gleisnetz sei überdies stark befahren. Doch obwohl es das zweitdichteste der Welt nach Belgien sei und man bereits mehr Puffer in den Fahrplan eingebaut habe, komme es zu Engpässen. Besonders an Knotenpunkten wie Frankfurt am Main, Köln oder Hannover stauten sich mitunter Güter-, Fern- und Regionalzüge, die mit unterschiedlichem Tempo fahren. Im Sommer kämen zudem bis zu 850 Baustellen täglich hinzu, die die Fahrzeit verlängerten. Außerdem fehlten nach wie vor Fahrzeuge – die alten müssen öfter als geplant gewartet werden, neue kann die Industrie nicht liefern.

Die Kunden sollen in Zukunft genauer darüber informiert werden, wie sehr sich ein Zug verspätet. Eine Spanne von „etwa 30 Minuten“, wie oft angegeben, sei wenig hilfreich, sagte Homburg. Bei Verspätungen von mehr als 60 Minuten können sich Kunden ein Viertel des Fahrpreises erstatten lassen. Schon bislang können sich Kunden über die Pünktlichkeit einzelner Züge im Internet informieren.

Derweil kritisierte die Monopolkommission der Bundesregierung, dass der Wettbewerb auf der Schiene noch immer schleppend verlaufe. Impulse dafür habe es aus der Politik zuletzt nicht gegeben. Für mehr Konkurrenz müssten die Sparten Infrastruktur und Transport getrennt werden. Carsten Brönstrup

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