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Wirtschaft: Jeder Haushalt hat 40000 Euro Schulden

Teufelskreis aus Verschuldung, schlechter Zahlungsmoral und Firmenpleiten/ 650 000 Arbeitsplätze gefährdet

Berlin (dpa). Die schlechte Zahlungsmoral und die anhaltende Konjunkturschwäche tragen zu einem neuen Rekord an Unternehmenspleiten bei. Nach Berechnungen des Bundesverbandes Deutscher Inkassounternehmen (BDIU) werden in diesem Jahr rund 41 500 Unternehmen Insolvenz anmelden – fast ein Drittel mehr als noch 2001 (32 278). Der Verband geht von einem volkswirtschaftlichen Gesamtschaden von fast 50 Milliarden Euro aus. „So schlimm war es noch nie“, sagte BDIUPräsident Dieter Plambeck am Donnerstag in Berlin. 650 000 Arbeitsplätze könnten verloren gehen. Außerdem erwartet der BDIU weitere 30 000 Insolvenzen von Verbrauchern und ehemals Selbstständigen – doppelt so viele wie im vergangenen Jahr.  Auch private Haushalte sind verschuldet wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Im Schnitt lasten dieses Jahr nach Angaben des BDIU auf jedem Privathaushalt fast 40 000 Euro Schulden ohne Hypothekenverpflichtungen. Zwei Millionen Haushalte seien überschuldet und könnten ihre Kredite nicht mehr abbezahlen, sagte Plambeck. Der Verband rechnet für 2003 noch mit einer Verschärfung der Lage.

Bündnis gegen Überschuldung

Der Teufelskreis aus Privatverschuldung, nachlassender Zahlungsmoral und Firmenpleiten müsse durchbrochen werden, sagte Plambeck. „So kann es nicht weitergehen.“ In einem Zehn-Punkte-Programm fordert der BDIU vor allem ein breites Bündnis gegen Überschuldung nach dem Vorbild der Hartz-Kommission zur Arbeitsmarkt-Reform. An einem Runden Tisch sollten Vertreter von Wirtschaft, Politik, Gläubigern sowie Verbraucher- und Schuldnerorganisationen eine gemeinsame Strategie erarbeiten, wie der schlechten Zahlungsmoral und der Schuldenmisere beizukommen sei. Vorbild müsse die Hartz-Kommission sein.

Vor allem der Mittelstand sei betroffen. „Die anhaltende Pleitewelle überrollt den Mittelstand - das Herz der deutschen Wirtschaft und unseren größten Arbeitgeber“, sagte Plambeck. Fast jedes dritte Pleiteunternehmen komme aus dem Baugewerbe, auch das Handwerk sei stark betroffen.

Mittelstand stark betroffen

Grund für die schlechte Lage der Unternehmen sei neben einer oft zu dünnen Eigenkapitaldecke vor allem die schlechte Zahlungsmoral: 69 Prozent der Inkasso-Unternehmen sagten in der BDIU-Herbstumfrage, dass sich die Zahlungsmoral im vergangenen halben Jahr weiter verschlechtert habe. Die Gründe seien neben Überschuldung und Arbeitslosigkeit in zunehmendem Maße vorsätzliches Nichtbezahlen von fälligen Rechnungen. Vor allem mittlere und kleine Betriebe mit bis zu fünf Mitarbeitern seien von der schlechten Lage betroffen.

„Sie machen über die Hälfte aller Pleiten aus“, sagte Plambeck. „Die großen Namen - Kirch, Babcock, Holzmann - schlagen in der Statistik nicht in dem Maße zu Buche, wie über sie berichtet wird. Die kleinen Unternehmen aber: Sie sterben leise und haben so gut wie keine Lobby.“

Im Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) sind heute 473 der insgesamt etwa 650 in Deutschland tätigen Inkasso-Unternehmen organisiert. Die Inkasso-Firmen treiben die Forderungen ihrer Auftraggeber bei den Schuldnern ein. Pro Jahr sind das zurzeit gut vier Milliarden Euro. Zusammen verwalten die BDIU-Mitgliedsunternehmen ein Forderungsvolumen von über 15 Milliarden Euro.

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