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Wirtschaft: „Jedes Fleisch muss in Ordnung sein“

Bauernpräsident: Billigware ist schlechter

Bauernpräsident: Billigware ist schlechter

Herr Sonnleitner, können die Verbraucher sicher sein, dass sie von den Bauern gesunde Lebensmittel bekommen?

Ja. Bei allen Skandalen in den vergangenen Jahren lagen die Ursachen nicht bei uns Bauern. Meistens gab es im vor- oder nachgelagerten Bereich der Lebensmittelkette Probleme. Beim letzten Fleischskandal hatte keiner mehr nach dem Schlachthof kontrolliert, was gehandelt oder gar manipuliert wurde. Das war ein Versagen der Politik. Der neue Bundesminister Horst Seehofer hat gemerkt, dass man diese Löcher in der Kontrolle schließen muss. Sein Zehn-Punkte-Plan und das Verbraucherinformationsgesetz müssen jetzt schnell umgesetzt werden, damit die Verbraucher wieder Vertrauen gewinnen.

Aber ein Steak vom Rind aus Massentierhaltung bedeutet doch ein größeres Gesundheitsrisiko als das von Tieren, die draußen auf der Weide gelebt haben?

Heute muss absolut jedes im Handel angebotene Fleisch gesundheitlich in Ordnung sein. Als ich Kind war, war der Schweinebraten für mich das Schlimmste, er war oft fettig und schmierig. Heute schmeckt er viel besser als früher. Damals sind die Schweine nicht ausgewogen gefüttert worden. Heute hat man ein Schwein gezüchtet, das relativ wenig Fett hat und zartes Fleisch. Die Tiere werden bedarfsgerecht gefüttert und in klimatisierten Ställen gehalten. Dadurch ist die Schlachtqualität viel besser als früher.

Vielen Verbrauchern ist Biofleisch aber lieber …

Auch ich habe Sympathien für die ökologische Landwirtschaft. Es gibt aber auch Biobauern mit großen Herden. Grundsätzlich will die Ökolandwirtschaft besonders tierschonend und sehr umweltfreundlich wirtschaften. Viele Verbraucher meinen, dass Bioprodukte besser schmecken und eine bessere Qualität haben. Andere dagegen, besonders Wissenschaftler, zeigen auf, dass objektiv bisher nicht nachgewiesen wurde, dass die Produkte gesünder sind.

Wenn jemand Billigware kauft, kauft er damit automatisch schlechtere Qualität?

Ja, hier gibt es ein deutsches Problem. Bei uns wird hauptsächlich über den Preis verkauft und weniger über die Qualität. Dabei haben Tier- und Umweltschutz, Spitzenqualität und Sicherheit ihren Preis. Ich bin froh, dass die neue Bundesregierung auch den kurzfristigen Verkauf unter Einstandspreis jetzt verbieten will. Der Druck, etwas Kriminelles zu machen, ist mit einer Geiz-ist-geil-Mentalität einfach größer.

Was wünschen Sie sich von dem neuen Agrarminister Seehofer?

Vor allem, dass mehr beachtet wird, dass wir in einem knallharten Wettbewerb stehen. Es kann nicht sein, dass die deutsche Regierung beim Ausarbeiten der EU-Regeln in Brüssel kaum Einfluss ausübt und anschließend die nationalen Standards im EU-Vergleich höher ansetzt. Dann werden viele Produkte nicht mehr hier, sondern im Ausland produziert, wo Tier- und Umweltschutzstandards niedriger sind. Dies trifft noch stärker im weltweiten Vergleich zu. Die Eierproduktion wird derzeit etwa in die Ukraine verlegt, weil es dort keine Legehennenverordnung mit einem Verbot der Käfighaltung gibt, wie es bei uns am 1. Januar 2007 in Kraft tritt.

Langfristig werden die Subventionen für die europäischen Bauern auslaufen, viele Lebensmittel werden importiert werden. Wie sieht der EU-Bauer der Zukunft aus?

Viele Bauern entwickeln sich zu Energielieferanten, weil die Nachfrage nach alternativen Energien weiter steigen wird – nach Treibstoffen aus Rapsöl oder Bioethanol oder nach Biomasse oder Biogas. Da wachsen wir in einen sehr guten Markt hinein. Und als weltweit führender Exporteur von Agrargütern sind unsere Lebensmittel wegen ihrer Qualität sehr geschätzt, besonders nach Osteuropa und Asien werden wir mehr Käse, Fleisch und Wurstwaren exportieren.

Das Gespräch führte Flora Wisdorff.

Gerd Sonnleitner (57) ist seit 1997 Präsident des Deutschen Bauernverbands. Sonnleitner ist selber Landwirt und betreibt einen Hof in Bayern.

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