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Wirtschaft: Jobcenter nur bedingt einsatzbereit

Die gemeinsame Betreuung für Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger sollte am 1. Juli 2004 starten. Doch daraus wird nichts

Von Antje Sirleschtov

Berlin. Die rund drei Millionen Langzeitarbeitslosen in Deutschland werden wahrscheinlich noch deutlich länger als bis zur Jahresmitte 2004 auf eine bessere Betreuung und Vermittlung in neue Jobs warten müssen. Das befürchten jetzt die Kommunen, weil die entsprechenden Gesetze zur Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe voraussichtlich erst Mitte Dezember vom Vermittlungsausschuss verabschiedet werden.

„Dadurch verzögert sich der gesamte Abstimmungsprozess zwischen der Nürnberger Bundesanstalt und den Kommunen“, sagte der Arbeitsmarktexperte des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Uwe Lübking, dem Tagesspiegel am Donnerstag. Der Starttermin für die Jobcenter Mitte 2004 „wird so nicht mehr zu halten sein.“

Als Grund für die Verzögerung nennt Lübking die konträren Ziele von Bundesregierung und Opposition. Während die Regierung die Verantwortung für die Bezahlung und Betreuung der Langzeitarbeitslosen der Nürnberger Bundesanstalt übertragen will, lehnen die Unionsländer und der Deutsche Landkreistag dies ab. Sie plädieren dafür, den Kommunen und Landkreisen die Federführung zu geben. Der unionsdominierte Bundesrat wird den Hartz-IV–Gesetzentwurf der Regierung deshalb am heutigen Freitag ablehnen und einen von Hessen erarbeiteten Gesetzentwurf in das Vermittlungsverfahren einbringen. Mit einer endgültigen Entscheidung wird erst kurz vor Weihnachten gerechnet. Frühestens Anfang 2004 könnte dann eine gesetzliche Grundlage für das zentrale Reformprojekt der Bundesregierung auf dem Tisch liegen. Deren Ziel ist es, ab dem 1. Juli 2004 das Nebeneinander von zwei steuerfinanzierten Leistungen, der Arbeitslosen- und der Sozialhilfe zu beenden.

Weil die Verantwortlichen vor Ort bereits ahnen, dass die Neuorganisation des so genannten Arbeitslosengeldes II und der Jobcenter in den ersten Monaten 2004 kaum zu bewerkstelligen sein wird, haben sie Verabredungen darüber getroffen, wie man den Langzeitarbeitslosen ab Sommer zumindest das Geld zum Leben reibungslos auszahlen kann. Nach wie vor, so haben Kommunen und Bundesanstalt vereinbart, sollen die Leistungen der ehemaligen Sozialhilfeempfänger vom örtlichen Sozialamt berechnet werden, während die Arbeitsämter die Leistung für die ehemaligen Arbeitslosenhilfeempfänger berechnen. Wann es zu einer Auszahlung der Leistungen aus einer Hand kommen wird, ist derzeit noch nicht absehbar.

Kaum Bewegung gibt es außerdem bei der Vorbereitung der Jobcenter, wo die Betroffenen in Zukunft aus einer Hand Jobvermittlung und Sozialbetreuung erhalten sollen. Obwohl sich BA-Vorstandschef Florian Gerster Mitte Oktober im Wirtschaftsausschuss des Bundestages dazu verpflichtet hatte, gemeinsam mit den Kommunen ein praktikables Modell zur Zusammenarbeit vor Ort zu erarbeiten, ist eine gemeinsame Lösung mit den Kommunen noch nicht in Sicht.

Die Kommunen haben der Nürnberger Arbeitsamtszentrale in der vergangenen Woche ein so genanntes Trägermodell mit einer gemeinsamen Steuerungsgruppe vorgeschlagen. Langzeitarbeitslosen sollen danach in Zukunft an einem Ort soziale Betreuung (Suchthilfe oder Kinderbetreuung) und Jobvermittlung angeboten werden. Beide Bereiche blieben jedoch – obwohl in einem Jobcenter angesiedelt – voneinander getrennt. Koordinierende Funktionen soll das Steuerungsgremium vornehmen, in dem Vertreter der Kommunen und des regionalen Arbeitsamtes sitzen.

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