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Über die Meere ziehen. Als Koch, Techniker oder Entertainer hat man gute Jobchancen auf einem Luxuskahn.

© Zehender/dpa-tmn

Jobs für Vagabunden: Schiff Ahoi!

Mal auf einem Kreuzfahrtschiff anheuern – das hört sich für viele reizvoll an. Doch mit Urlaub hat das wenig zu tun. Ein Selbstversuch.

Lektion Eins

Arbeiten auf dem Kreuzfahrtschiff bedeutet früh aufstehen. Um 6.30 Uhr klingelt der Wecker. Fast das ganze Schiff schläft noch, als ich mich wenig später auf den Weg ins Restaurant zum Frühstück mache. Lohn für das frühe Aufstehen: der tolle Blick auf das erwachende Madeira mit seiner Hauptstadt Funchal. Auf der portugiesischen Atlantikinsel schlüpfe ich für einen Tag in die Rolle des Ausflugsscouts – um einen Eindruck davon zu bekommen, wie es sich anfühlt, an Bord eines Kreuzfahrtschiffes zu arbeiten.

Dienstbeginn: 8.00 Uhr. Kerstin wartet schon im Büro der Ausflugsabteilung auf Deck 5 der „Aida Blu“. Mit ihr stehe ich heute im Dienstplan als Scout für den Ausflug „MAD 03 – Malerische Aussichten“. 148 Passagiere haben sich für diesen viereinhalbstündigen Trip entschieden.

Im Büro gibt es ein erstes, kurzes Briefing: Welche Besonderheiten gibt es auf der Tour? Sind irgendwelche Probleme zu erwarten? Auf was müssen die Scouts besonders achten? Wichtigstes Utensil neben dem Erste-Hilfe-Set: eine blaue Mappe mit dem Aufdruck der Ausflugsnummer. Darin befinden sich eine Liste der Teilnehmer und eine genaue Checkliste für die Scouts. Ausgestattet mit einem roten Aida-T-Shirt und einem Anstecker, der mich als Hilfsscout ausweist, geht es in die „Aida Bar“, den Treffpunkt für die Teilnehmer.

Die wichtigste Aufgabe der Scouts dort: alle abhaken. Für 8.45 Uhr ist eigentlich die Abfahrt in drei Bussen angesetzt, doch zehn Personen fehlen. Kerstin geht ans Telefon, um in den Kabinen anzurufen. „Wir haben uns beim Frühstück verspätet“, lautet eine Entschuldigung. Ein Passagier bleibt verschollen – ewig warten ist nicht möglich. Wie sich später herausstellt, hat er ganz kurzfristig auf einen anderen Ausflug umgebucht. Nun folgt die anstrengendste Aufgabe des Morgens: Mit 147 Personen durch das halbe Schiff zum Ausgang und dann zu den Bussen. „Immer schön das Schild mit der Nummer hochhalten“, rät Kerstin, schließlich sind in den Treppenhäusern auch andere Passagiere unterwegs. In den Bussen übernehmen die örtlichen Reiseleiter das Kommando. Wir suchen uns in der letzten Reihe einen Platz.

Lektion Zwei

Der Job als Scout bedeutet auch viel Papierkram. Minutengenau muss ich nun protokollieren, wann genau wir abfahren, wann wir an den einzelnen Stopps ankommen, ob die Fahrtzeit mit dem Programm übereinstimmt. Auch der Bus wird unter die Lupe genommen. Als die Passagiere am ersten Stopp aussteigen, gehen Kerstin und ich durch die Reihen: Sind die Sitze in Ordnung? Funktioniert die Lüftung? Da die Ausflüge von Agenturen vor Ort angeboten werden, sind solche Checks nötig.

Ausflug an Land. Michael Zehender hat sich als Hilfsscout ausprobiert.
Ausflug an Land. Michael Zehender hat sich als Hilfsscout ausprobiert.

© dpa-tmn

Außerdem müssen Stufen gezählt werden. Das ist keineswegs ein Beschäftigungsprogramm für die Scouts. Die Zahl der Stufen ist wichtig, da immer wieder auch Rollstuhlfahrer mit auf die Ausflüge gehen wollen. Und da müssen die Scouts bei der Buchung genau Auskunft geben können, welcher Ausflug sich für wen eignet. Am Eiro de Serrado etwa sind 110 Stufen zu überwinden.

Lektion drei

Weitere Aufgabe: Fotos machen. Denn Urlauber wollen sich gerne zu Hause den Freunden und Nachbarn vor allen möglichen Sehenswürdigkeiten präsentieren können. Und so bieten wir uns immer wieder als Fotografen an.

Lektion vier

Auf keinen Fall jemanden vergessen! Deshalb: durchzählen. Nach jedem Stopp einmal von vorne nach hinten durch den Bus. 1, 2, 3, ... 47 – alle da, es kann losgehen. Am letzten Stopp nach der Poncha-Probe im Fischerdorf Camara de Lobos (für die Scouts gibt es aufgrund der Null-Promille-Grenze natürlich nur Saft) fehlt tatsächlich ein Pärchen. Kerstin spurtet in den Ort zurück, der zum Glück nur wenige Straßenzüge hat. Wenig später kommt sie mit den beiden zurück. Sie hatten sich mit der Abfahrtszeit vertan.

Kerstin ist direkt nach dem Studium aufs Schiff gegangen. „Ich war vorher noch nie auf einer Kreuzfahrt“, erzählt die Hochschulabsolventin. Seit fünf Monaten ist sie jetzt an Bord der „Aida Blu“, bald hat sie ihren ersten Urlaub. Danach will sie wieder zurückkommen aufs Schiff. Ihre Zukunft sieht sie „eindeutig in der Kreuzfahrt“. Ob als Scout oder in einer anderen Position, weiß sie noch nicht genau. Auf den Ozeanriesen gibt es ja auch unzählige andere Jobs.

Um 13.30 Uhr sind die drei Busse wieder am Schiff. Die Gäste gehen zum Mittagessen oder machen sich in der Kabine frisch. Die Scouts machen eine Nachbesprechung im Büro. Damit ist der Arbeitstag aber lange noch nicht vorbei. Am Nachmittag steht noch die Ausflugspräsentation für den nächsten Hafen auf dem Programm, danach Ticketverkauf und am Abend Hilfe in anderen Bereichen des Schiffes, zum Beispiel als Einweiser im Theater oder als Animateur.

Lektion fünf

Arbeiten auf dem Kreuzfahrtschiff bedeutet, spät ins Bett zu gehen. dpa

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