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Selbstpräsentation. Wichtig ist, sich ins Gespräch zu bringen.

© Andrea Warnecke/dpa-tmn

Jobsuche: Nicht warten, sondern starten

Vorträge anhören, Karrieremessen besuchen, Kontakte knüpfen: Wer sich initiativ bewerben will, hat weit mehr zu tun, als seine Unterlagen einzutüten und an den Wunscharbeitgeber zu senden.

Jetzt hat er schon wieder die Stellenanzeigen in der Zeitung vergeblich durchsucht. Auch in der Online-Jobbörse und im wöchentlichen Branchen-Newsletter war für Berlin/Brandenburg kein passendes Angebot dabei. Er ist Volkswirt, gehörte zu den guten Absolventen seines Jahrgangs. In drei NGOs hat er Praxiserfahrung gesammelt. Und nun? Wird das, was er gelernt hat, am Ende gar nicht gebraucht? Oder wissen die Organisationen und Unternehmen der Stadt nur noch nicht, dass es ihn gibt?

Viele Jobsucher fragen sich das. Wer sich bei der Arbeitssuche nur auf ausgeschriebene Stellen verlässt, kann leicht verzweifeln. Einige wenige Berufe werden stark nachgefragt; in anderen Branchen wird man kaum fündig. Doch bei Weitem nicht überall dort, wo Arbeit vergeben wird, erscheint auch ein Inserat. Wenn Arbeitgeber nicht gesetzlich dazu verpflichtet sind, wie bei der öffentlichen Verwaltung, ist eine Stellenausschreibung häufig der letzte Schritt, eine neue Aufgabe zu besetzen. Erst wird in den eigenen Netzwerken gesucht, nach kompetenten Personen, die man schon kennt oder die jemand empfehlen kann. Auch konkrete Zukunftspläne einer Abteilung stehen nicht im Stellenteil.

Doch es nützt nichts, fatalistisch den Kopf in den Sand zu stecken. Denn man kann durchaus selbst etwas tun, um sich auf dem „verdeckten Arbeitsmarkt“ ins Gespräch zu bringen.

Man muss sich auf den Stuhl des Personalers setzen

Gabriele Trachsel rät zur Initiativbewerbung beim Wunscharbeitgeber. Doch dafür muss man sich gut vorbereiten. „Die Initiativbewerbung ist keine Blindbewerbung und sehr rechercheintensiv“, sagt die Berliner Karriereberaterin. Reagiert man auf eine Stellenanzeige, bekommt man wesentliche Informationen bereits serviert: Erstens ist klar, dass das Unternehmen jemanden sucht, zweitens wird die zukünftige Stelle benannt und die geforderten Tätigkeiten aufgelistet und drittens wird aufgezählt, welche Kompetenzen man aus Sicht des Arbeitgebers für diese Stelle mitbringen muss. Für die Initiativbewerbung, so Trachsel, muss man genau das alles selbst recherchieren. Man muss den Adressaten davon überzeugen, dass er einen Bedarf hat, ein Problem, das es zu lösen gilt. Man muss eine Position dafür finden, ihr einen Namen geben, erklären, wie das Problem zu lösen ist – und warum man selbst das besser kann als andere.

Um die Wunscharbeitgeber zu finden und sich über ihr Umfeld zu informieren, gibt es viele Quellen: Man kann Branchennewsletter und Fachmagazine lesen, Kongresse besuchen und sich mit Personen austauschen, die in dem Feld tätig sind. Was tut sich in dem Bereich? Wer sind die Akteure? Wer wechselt wohin? Welche neuen Arbeitsbereiche werden geschaffen? Auch in sozialen Netzwerken findet man Antworten auf diese Fragen.

Hat der Volkswirt mit Praxiserfahrung etwa gehört, dass an einer Uni eine neue Forschungsgruppe zu ökonomischer Ungleichheit geschaffen werden soll, informiert er sich über geplante Projekte. Wie will sich die Forschungsgruppe in Bezug zu vergleichbaren Einrichtungen positionieren? Welche Probleme wird es geben, was wird gebraucht? „Auf den Stuhl des anderen setzen“, nennt das Trachsel.

In einer Forschungseinrichtung werden die Antworten anders ausfallen als im Controlling in der Wirtschaft. Dort wird man sich etwa über neue Produkte eines Unternehmens oder Expansionspläne informieren, rät Trachsel.

Wer geübt ist darin, sich mit seinen Kompetenzen kurz vorzustellen, kann, bevor er eine Bewerbung schickt, vorab auch direkt beim Arbeitgeber anrufen, sagt die Expertin. Man lässt sich mit der Personalabteilung verbinden. Oder, noch besser, mit dem eventuell zukünftigen Chef der Abteilung. Denn dort, nicht in der Personalabteilung, weiß man von angedachten Projekten, die erst finanziert werden müssen – und erst viel später in der Personalabteilung landen. In den Fachabteilungen wird letztlich auch entschieden, mit wem man künftig arbeitet.

Wer sich gleich bewirbt, hat sein Pulver verschossen

„Ziel der Initiativbewerbung ist das Gespräch“, sagt Susanne Rost von Jarocco, einem Karrierenetzwerk für Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaftler. Sie berät Akademiker zu ihren Bewerbungen und Strategien bei der Jobsuche. Gerade wenn man sich noch nicht sicher ist, ob man zu einem Arbeitgeber passt, sollte man, bevor man eine formale Bewerbung schickt, auf alternativen Wegen das Gespräch suchen, etwa auf Karrieremessen, Kongressen, einem Diskussions- oder Vortragsabend, sagt sie.

Rost warnt davor, gleich mit der Tür ins Haus zu fallen und sich sofort zu bewerben. „Lieber langsam“, sagt Rost. „Wer sich gleich bewirbt, hat sein Pulver verschossen.“ Denn die formale Bewerbung erzwinge eine Antwort. Gab es dann einmal eine Absage, rückt ein Unternehmen davon nicht so schnell wieder ab. Man kann sich auch einfach nur vorstellen und ins Gespräch kommen. Die Bewerbungsunterlagen lassen sich dann auf Einladung nachreichen.

Bereit für eine schriftliche Initiativ-Bewerbung ist für Rost, wer in drei Punkten sagen kann, warum er die ideale Besetzung ist. Das Anschreiben kann entsprechend kurz und bündig ausfallen. Mit vier bis fünf pointierten Sätzen in einer E-Mail könne man überzeugen, wenn das Anschreiben passgenau ist. Noch stärker als bei einer klassischen Bewerbung wird der Lebenslauf auf das Profil zugeschnitten. Wer vier Praktika gemacht hat, wählt die zwei wirklich wichtigen für seine Tätigkeitsbeschreibung.

Referenzen empfiehlt Rost als eigenen Punkt am Ende des Lebenslaufes zu platzieren. Maximal zwei Namen unter Angabe der Position und Erreichbarkeit sollte man angeben.

Bewerbe man sich als PR-Fachkraft, könne man ruhig zeigen, dass man Photoshop, Indesign & Co beherrsche und die Unterlagen optisch herausstechend gestalten. Bewirbt man sich in einer Kanzlei oder Beratung, gilt auch bei der Initiativbewerbung: besser „nicht laut und schreiend“ auftreten.

Immer im Kopf haben sollte man: Die Initiativbewerbung kann kein Massenbrief sein. „Lieber auf Qualität arbeiten“, rät Rost. Statt 50 Versuchen lieber zwei bis drei, sagt sie. So wird auch ein Volkswirt mit Praxiserfahrung seinen Platz auf dem Arbeitsmarkt finden.

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