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Wirtschaft: Jubel für Zetsche, Attacken auf Schrempp

8000 Aktionäre von Daimler-Chrysler treffen sich zur Hauptversammlung im Berliner ICC / Neuer Vorstandschef legt Bezüge offen

Berlin - Dass Hilmar Kopper von Applaus unterbrochen wird, kommt eher selten vor. Jedenfalls bei Hauptversammlungen von Daimler-Chrysler, die Kopper in der Funktion des Aufsichtsratsvorsitzenden seit vielen Jahren leitet. Am Mittwochvormittag jedoch freuten sich viele der knapp 8000 Aktionäre im Saal 1 des Berliner Kongresszentrums ICC, als Kopper an das Ausscheiden des Vorstandsvorsitzenden Jürgen Schrempp im vergangenen Jahr erinnerte. Doch dann bedankte sich Kopper bei seinem langjährigen Gefährten Schrempp und provozierte damit reichlich Pfuis und Buhs. „Ein bisschen Anstand sollte man von Ihnen erwarten können“, blaffte der Aufsichtsratschef in den Saal. In der ersten Reihe saß Schrempp.

Selbst Zetsche, der neue Liebling der Aktionäre, kassierte Pfiffe, als er sich beim „lieben Jürgen“ über die reibungslose Amtsübergabe bedankte. Schrempp hatte Ende Juli seinen Abgang zum Ende des Jahres verkündet, gleichzeitig nominierte damals der Aufsichtsrat Zetsche zum Nachfolger. Allein dieser Wechsel, so erinnerte sich die Vertreterin einer Fondsgesellschaft, habe den Börsenwert von Daimler-Chrysler um 3,4 Milliarden Euro nach oben befördert. Und die Erwartungen an den neuen Chef sind hoch. Manche Aktionärsvertreter erhoffen sich einen „Ruck durch das Unternehmen“, andere „glauben wieder an die Führung“, und fast alle sind „froh, dass Sie die Geschicke des Konzerns leiten“. Gemeint war Zetsche, der zuvor in einer sachlichen Rede das vergangene Jahr erläuterte, seine ersten Maßnahmen als Konzernchef begründete und den Kapitalgebern vorsichtig Versprechungen machte. „Der Stern wird bald wieder ganz hell strahlen“, meinte Zetsche zur Situation der Mercedes-Benz Car Group, zu der Mercedes, Maybach und Smart gehören.

Außer Schrempp war es vor allem der Kleinwagen Smart, der die Aktionäre in Wallung brachte. Zwar freuten sich die meisten über das von Zetsche verordnete Ende des Smart forfour, doch viele äußerten Zweifel auch an der Existenz des Zweisitzers fortwo. „Warum haben Sie nicht einen konsequenten Schlussstrich unter dieses Debakel gezogen?“, wurde Zetsche gefragt. Schätzungen zufolge hat der Kleinwagen den Konzern inzwischen fünf bis sieben Milliarden Euro gekostet. Doch 2007, dieses Datum bekräftigte Zetsche, soll der Smart in die schwarzen Zahlen kommen. Dann gibt es auch das Nachfolgemodell des fortwo. Zetsche hat das Auto schon gefahren und „für erheblich reifer und besser“ befunden. Da die Kostenstrukturen auch deutlich günstiger seien, glaubt Zetsche an die Profitabilität des Kleinwagens, der im Übrigen einen Kultstatus habe.

Er kündigte eine weitere Reduzierung des Anteils am Raumfahrtkonzern EADS an, doch werde Daimler-Chrysler mit mindestens 15 Prozent an dem Airbus-Unternehmen beteiligt bleiben. Erst in der vergangenen Woche hatte Daimler-Chrysler seine Beteiligung von 30 auf 22,5 Prozent reduziert. Dieser Verkauf wird aber aus Steuergründen erst 2007 wirksam und erhöht dann das Konzernergebnis um rund eine Milliarde Euro.

Aufsichtsratschef Kopper war es vorbehalten, erstmals das Gehalt des Vorstandsvorsitzenden zu veröffentlichen. Danach erhält Zetsche in diesem Jahr eine Grundvergütung von 1,5 Millionen Euro. Wenn die Ziele zu 100 Prozent erreicht werden, gibt es einen weiteren Bonus von 2,25 Millionen Euro. Außerdem bekommt Zetsche mehr als 59 000 Daimler-Chrysler-Aktien zugeteilt, deren Wert er sich aber frühestens 2010 auszahlen lassen kann.

Die Hauptversammlung wählte schließlich das ehemalige Daimler-Vorstandsmitglied Manfred Bischoff in den Aufsichtsrat. Bischoff gilt als möglicher Nachfolger Koppers, dessen Rückzug aus dem Aufsichtsrat spätestens im nächsten Frühjahr ansteht und von manchem Aktionär herbeigesehnt wird.

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