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Wirtschaft: Jubel, Trouble, Heiterkeit

Animateure sollen Urlauber glücklich machen und gute Laune verbreiten. Aber der Job ist hart

Arne schippert gerade mit 20 Knoten von Teneriffa nach Madeira, dann über La Palma nach Gran Canaria und zurück. Der 24-Jährige ist Animateur auf der „Aida Blu“, dem neusten Koloss der Clubschiffreederei Aida Cruises. Ein schwimmendes Luxushotel unter meist blauem Himmel. Theater, sieben Bars, ebenso viele Restaurants, Whirlpools, Spielcasinos und Diskotheken ziehen vor allem Urlauber zwischen 20 und 35 Jahren aufs Meer.

Arne erfüllt äußerlich das Klischee von einem Animateur: braun gebrannt, verspiegelte Sonnenbrille, sportliche Figur, die kurzen Haare gegelt. Er trägt ein maritimblaues Polohemd zu weißer Leinenhose, die ihm unter der Sonne etwas Strahlendes gibt. Er lächelt meist, obwohl er einen echten Knochenjob hat. „An manchen Tagen arbeite ich 16 Stunden“, erzählt er. Sieben Tage die Woche Aerobic, Fitnessprogramme, Karaoke und Gruppenspiele am Pool. Sein Vertrag läuft fünf Monate.

Für den Einstieg in den Beruf gibt es keinen Königsweg. Das Berufsbild ist weder geschützt noch reglementiert. Animateur ist, wer einen Job in der Animation hat. Es gibt Animateure für die Kinderbetreuung, für Senioren, fürs Fitnessprogramm, für Musikdarbietungen – und je nach Anforderung suchen sich die Reiseveranstalter ihre Kandidaten selbst aus.

Trotzdem: Ein paar Standards finden sich immer wieder, obwohl sie sich im Detail unterscheiden können. Tui etwa verlangt bei Animateuren Abitur, „am besten sogar ein Studium“, wie Sprecher Robert Zimmermann betont. Englisch ist Pflicht, größere Chancen haben Bewerber, die auch Französisch, Spanisch, Italienisch oder Portugiesisch sprechen. Wen es in die Kinderbetreuung verschlägt, der sollte Praktika in Kindergärten oder Erfahrung in der Jugendleitung mitbringen.

Aida Cruises setzt dagegen auf „weiche“ Qualifikationen: „Wir verlangen vor allem Teamfähigkeit, Kontaktfreudigkeit, Kreativität, Durchhaltevermögen und Moderationstalent“, sagt Sprecherin Kathrin Heitmann. Getestet wird das in zweitägigen Assessment-Centern, die das Unternehmen mehrmals im Jahr veranstaltet. 30 Personen werden eingeladen, acht davon schaffen es aufs Schiff. Zuerst müssen sich die Bewerber selbst vorstellen (Moderationstalent), dann eine eigene Dichtung zum Besten geben (Kreativität) und schließlich in Rollenspielen ihre Schlagfertigkeit und Kontaktfreudigkeit unter Beweis stellen.

Die Auswahl der Animateure für Jahn-Reisen, Its und Tjaereborg – jährlich insgesamt rund 250 – übernimmt die Schweizer Dependance der Rewe-Touristik. Zuerst müssen die Kandidaten durch ein dreistündiges Casting zur Vorauswahl, dann folgt ein zehntägiges Seminar. „Wenn jemand noch nicht so gut tanzen kann, halb so schlimm“, sagt Alexander Lukas, zuständig für den Bereich Animation bei Rewe-Touristik. „Wichtiger ist uns, dass die Bewerber den festen Willen haben, einen guten Job zu machen.“ Dafür bekommen die Animateure 680 Euro netto im Monat bei freier Kost und Logis in der Hotelanlage, in der sie eingesetzt werden. Sie schlafen in Zweibettzimmern und sind in der Regel durch den Arbeitgeber krankenversichert. Allerdings, so Jens Schmidt von der Zentralen Arbeitsvermittlung der Bundesagentur für Arbeit (ZAV), gebe es bei der Sozialversicherung keine Mindeststandards. Bewerber sollten den Arbeitsvertrag deshalb genau studieren.

Gut 1500 Vermittlungsgesuche erreichen die ZAV jährlich – Bewerbungen von Arbeitslosen, die in der Animation ihre Zukunft sehen. Für rund die Hälfte findet Schmidt eine Stelle. Den anderen zahlt die Bundesagentur eine Umschulung zum Animateur, etwa beim Bonner Weiterbildungsinstitut EPS. Der Kurs dauert zehn Monate und bildet zum „Allround“-Animateur aus. Wer eine Abschlussklausur schreibt, bekommt zudem das IHK-Zertifikat Reiseleiter/in. Allerdings: Auch Animateure, die ihre Berufs- und Verdienstchancen mit den raren Umschulungszertifikaten verbessern wollen, verdienen nicht mehr als Ungelernte: zwischen 500 und 800 Euro, wie Schmidt von der ZAV bestätigt. Auch die Reiseanbieter sind skeptisch: „Ich bin sehr vorsichtig, was Bewerber angeht, die von der Arbeitsagentur kommen. Die bewerben sich oft eher aus Not denn aus Lust am Job“, sagt Alexander Lukas von Rewe-Touristik.

Infos: www.arbeitsagentur.de, dann Stichwortsuche „Animateur“

Martin Benninghoff

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