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Kaffeefilter

© dpa

Jubiläum: 100 Jahre Melitta-Filtertüte

Kaffee ist der Deutschen liebstes Getränk - noch vor Wasser und Bier. Ein Lob also auf Auguste Amalie Melitta Bentz, die vor 100 Jahren die Filtertüte erfand. Die ist auch heute noch lange kein kalter Kaffee, für die Eroberung neuer Märkte dennoch auf einen Schulterschluss mit Giganten wie Mc’Donalds angewiesen.

Als Auguste Amalie Melitta Bentz am 20. Juni 1908 vom kaiserlichen Patentamt den "Gebrauchsschutz" für ihr "Filtrierpapier" erhielt, konnte sie noch nicht ahnen, dass aus ihrer Idee ein Konzern mit 1,25 Milliarden Euro Umsatz entstehen würde. Die Hausfrau aus Dresden war es einfach leid, nach dem Kaffeegenuss immer braune Krümel zwischen den Zähnen zu haben. Für den ersten Versuch legte die Erfinderin ein Löschblatt ihres Sohnes auf den Boden einer Blechdose mit Löchern.

Mit dem Schutz für das "Filtrierpapier" begann der Siegeszug der Brühmethode, die den Deutschen immer noch am liebsten ist: Rund 80 Prozent des hierzulande getrunkenen Kaffees ist Filterkaffee. "Ohne den Filter würde es die heutige Kaffeekultur in Deutschland nicht geben", sagt Holger Preibisch, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbands in Hamburg. Pro Kopf gerechnet trinken die Bundesbürger mit 146 Litern im Jahr immer noch mehr Kaffee als Wasser oder Bier (130 beziehungsweise 116 Liter nach Berechnungen des Deutschen Kaffeeverbands für 2007).

Nachdem die von ihr und ihrem Mann gegründete Firma zu eng wurde, zog die Familie Bentz 1929 nach Minden in Ostwestfalen, wo das Familienunternehmen bis heute sitzt und rund 62 Prozent des Umsatzes mit Kaffee, Filtern und Maschinen der Hausmarke macht. Die Filter selbst steuern freilich nur noch elf Prozent zum Erlös bei. Der heimische Markt ist nach Angaben des Unternehmens ziemlich gesättigt. "Wenn die Filtertüte nachlässt, sind wir auf andere Zubereitungsmethoden mit den entsprechenden Geräten und Kaffees vorbereitet", sagt Thomas Bentz, der Enkel der Filter-Pionierin.

Die Brasilianer fahren auf Filterkaffee ab

Auf dem südlichen Teil der Erdkugel gibt es solche Bedenken nicht. Die Brasilianer stehen auf Filterkaffee - sie bescherten dem dortigen Tochterunternehmen einen Umsatzzuwachs von 29 Prozent. Dort und in den USA bezeichnet sich Melitta als Marktführer. Schon in den 1960er Jahren hatte sich das Unternehmen in Kaffeeröstereien eingekauft. Ende der 1970er spürte Melitta eine Delle, allzu viele Produkte firmierten unter dem gleichen Markennamen, denn mittlerweile gehörten auch Staubsaugerbeutel und Folien zum Sortiment. Teile der Firma wurden abgestoßen, die Frischhaltefolie heißt heute "Toppits" und Staubsaugerbeutel laufen unter der Marke "Swirl".

Auch in den vergangenen Jahren waren nicht alle Strategien der Mindener von Erfolg gekrönt - die „My-Cup“-Maschine mit dem speziellen Pad-System war ein Versuch, an den Trend anzuschließen, wurde jedoch wieder vom Markt genommen. In Österreich hingegen ist sie nach Unternehmensangaben bis dato ein Erfolg. Pads produziert Melitta ohnehin - der "Einzelportionen"-Markt wuchs schließlich nach Berechnungen des Kaffee-Verbands 2007 um 50 Prozent. Fachmann Preibisch meint, die Beliebtheit der gerade für Single-Haushalte praktischen Systeme sei zwar enorm, doch "der Filterkaffee wird in Deutschland auch in Zukunft über 50 Prozent Marktanteil haben."

Türöffner McDonald's

Thomas Bentz verkündete bei einem Festakt zum 100-Jährigen: „Wir werden unsere Innovationskraft weiter verstärken, um Verbrauchern, Gastronomie und Industriekunden immer ein zeitgemäßes Angebot bieten zu können." Melitta hat zwar nie wieder eine Erfindung wie den Filter herausgebracht. Doch auch heute versteht sich das Familienunternehmen darauf, im umkämpften Kaffeemarkt Wachstumsnischen zu finden, etwa mit dem Engagement bei Großkaffeemaschinen für die Gastronomie. "Besonders die Zusammenarbeit mit McDonald's in den USA sehen wir als Türöffner für weitere Geschäfte in diesem Markt", sagt Bentz.

Rund vier Prozent Umsatzwachstum hat die Melitta-Gruppe im vergangenen Geschäftsjahr erreicht. Und die Gesellschafter Thomas und Stephan Bentz sagen, sie seien auch mit dem Ergebnis "zufrieden". Über das Ergebnis macht Melitta keine Angaben, es ist und bleibt Familienangelegenheit - wie der erste heiße Kaffee, der vor 100 Jahren bei Melitta Bentz in Dresden durch die Blechdose tropfte.

Johannes Wagemann[dpa]

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