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Wirtschaft: Jüngere werden in private Vorsorge gedrängt

Experten und Politiker fordern, dass die Riester-Rente umgehend in ein attraktives Rentenmodell gewandelt wird

Berlin (hej). Trotz der aktuellen Diskussion um Einbußen bei der gesetzlichen Rente kommt die private RiesterRente nicht in Schwung. Der Absatz der staatlich geförderten privaten Zusatzversicherungen wächst nur „moderat“, heißt es bei der Allianz Lebensversicherung. Um den Aufbau der privaten Altersvorsorge zu unterstützen, fordert die Rürup-Rentenreformkommission nach Informationen des Tagesspiegels zahlreiche Nachbesserungen bei der Riester-Rente. Die stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Thea Dückert, sagte, man könne nicht ausschließen, dass auch die Debatte um eine private Pflichtversicherung wieder aufflammt.

Obwohl klar ist, dass gerade für jüngere Arbeitnehmer die gesetzliche Rente nicht reichen wird, haben nur wenige Bürger bisher eine private Riester-Rentenversicherung (siehe Lexikon auf Seite 16) abgeschlossen. Gerade einmal 50 000 Neuverträge hat Marktführerin Allianz im ersten Quartal dieses Jahres abschließen können, Ende März hatte der Versicherer gut 620 000 Riester-Verträge im Bestand. Das ist deutlich weniger als ursprünglich erwartet worden war.

„Die Verbraucher sind skeptisch“, sagt auch Dorothea Kleine vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Nach Meinung der Verbraucherschützerin sind die staatlich geförderten Renten-Verträge reformbedürftig. „Die Vertragsbedingungen müssen flexibler und einfacher werden“, fordert Kleine. Das gelte auch für die Kosten, die transparenter werden müssten.

Das meint auch die Rürup-Kommission. Nach Tagesspiegel-Informationen werden die Rentenexperten in ihrem Abschlussbericht, der in der nächsten Woche veröffentlicht werden soll, strengere Informationspflichten zu Lasten der Anbieter und eine Entbürokratisierung des Förderverfahrens vorschlagen. Insbesondere das komplizierte Nebeneinander von staatlichen Zulagen, die von der Zulagenstelle in Brandenburg verwaltet werden, und späteren Steuerabzügen, die vom Finanzamt bei der Steuererklärung geprüft werden, soll entzerrt werden. Nach Meinung der Rürup-Kommission soll auch die Zulage erst nachträglich vom Finanzamt erstattet werden. Zudem sollten die Anbieter in die Pflicht genommen werden, die Kunden umfassend über die Kosten und die voraussichtliche Rendite der privaten Vorsorgeverträge zu informieren. Sollten sich Versicherer, Banken oder Fondsgesellschaften nicht daran halten, sollen die Versicherten nach Auffassung der Rürup-Kommission länger als bisher vom Vertrag zurücktreten dürfen. Zudem sollen die Anbieter ein Bußgeld in „ökonomisch relevanter Höhe“ zahlen müssen.

Auf Zustimmung stoßen die Vorschläge der Kommission innerhalb der SPD. „Die Riester-Rente muss transparenter und attraktiver werden“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Gudrun Schaich-Walch dem Tagesspiegel. „Für die jüngere Generation sind Riester-Rente und Betriebsrenten als Zusatz zur Sozialrente richtig wichtig“, betonte die SPD-Politikerin. Eine private Pflichtversicherung lehnt Schaich-Walch ab. Das sieht Erika Lotz, stellvertretende Sprecherin des Ausschusses Gesundheit und soziale Sicherung, anders. Sollte die Riester-Rente trotz verstärkter Werbung nicht anziehen, sei sie für eine obligatorische Lösung, sagte die SPD-Politikerin dem Tagesspiegel. Dagegen setzen die Grünen auf ein steuerbegünstigtes Altersvorsorgekonto, mit dem die Bürger flexibler für ihr Alter vorsorgen können. Langfristig sei jedoch auch nicht auszuschließen, dass die Debatte um eine private Pflicht-Versicherung wieder aufgenommen werde, sagte Rentenexpertin Thea Dückert. „Eine Antwort auf die kurzfristigen Probleme ist das jedoch nicht“, schränkte Dückert ein.

Auch die Versicherer halten die Riester-Rente für reformbedürftig und fordern eine Entbürokratisierung des Förderverfahrens. Zudem soll die höchste Förderstufe, die planmäßig erst 2008 in Kraft treten soll, vorgezogen werden, fordert Allianz-Sprecher Markus Schwarzer. Im Gegensatz zur Riester-Rente floriert das Geschäft mit der betrieblichen Altersvorsorge. Hatte die Allianz im Jahr 2001 gut 170 000 Verträge schließen können, waren es im vergangenen Jahr schon 385 000 Neuabschlüsse. Der Grund: Bei den Betriebsrenten können Arbeitnehmer höhere Beiträge ansparen als bei den privaten Modellen. Und neben der Steuerfreiheit sind die Einzahlungen bis zum Jahr 2008 auch noch sozialversicherungsfrei.

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