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Wirtschaft: Jukos-Skandal lässt deutsche Firmen kalt

Die meisten Investoren halten an ihren Russland-Plänen fest – Skepsis herrscht aber bei den Joint-Ventures

Berlin (fo/hop/kwi/ce). Deutsche Unternehmen beunruhigen die Wirren um den russischen Ölkonzern Jukos bislang kaum. Die meisten versicherten dem Tagesspiegel am Freitag, an ihrem RusslandEngagement festzuhalten und es zum Teil sogar auszuweiten. Der Handelskonzern Metro zeigte sogar Verständnis für das Vorgehen der russischen Justiz. Das Bundeswirtschaftsministerium betonte, dass deutsche Investitionen nicht gefährdet seien. Und auch in Russland kehrte Ruhe ein. An der Moskauer Börse konnten die Kurse wieder etwas zulegen.

„Einem deutschen Unternehmen kann das nicht passieren“, beruhigte ein Sprecher von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement. Im Investitionsschutzabkommen mit Russland sei geregelt, „dass Investitionen nicht einfach verstaatlicht werden können“. Deutsche Betriebe könnten also nicht einfach enteignet werden, sagte der Sprecher.

Deutschland ist der wichtigste Handelspartner für Russland. Deutsche Firmen lieferten im Jahr 2002 Waren im Wert von mehr als elf Milliarden Euro nach Russland und kauften Güter für rund 13 Milliarden Euro. Bei den Direktinvestitionen (siehe Lexikon Seite 16) liegt Deutschland im internationalen Vergleich auf dem fünften Rang mit zurzeit – laut Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft – mehr als zwei Milliarden Euro.

Die Zahl dürfte in den kommenden Jahren weiter steigen. Der Handelskonzern Metro etwa lässt sich in seinem Russland-Engagement von der Jukos-Affäre nicht beirren. „Russland wird im nächsten Jahr ein deutlicher Investitionsschwerpunkt von uns sein", sagte der Konzernchef Hans-Joachim Körber. Der Düsseldorfer Einzelhandelskonzern betreibt in Russland sechs Großmärkte. Im kommenden Jahr sollen weitere Geschäfte in Moskau eröffnet worden. Außerdem will Metro auch in die Provinz vordringen. Der Metro-Chef zeigte sich über den Vorgang um Jukos „sehr gespalten“. Körber sagte: „Wenn man versucht, das zu bewerten, muss man beide Seiten sehen.“ Der Vorfall werde „als Rückfall gesehen, wie an der Reaktion der Finanzmärkte deutlich wird“. Doch müsse auch bedacht werden, dass Politiker in Russland einen „extrem schweren Stand“ gegenüber den mächtigen Oligarchen hätten.

Burckhard Bergmann, Vorsitzender des Ruhrgas-Vorstands, sagte: „Unsere Zusammenarbeit mit Russland ist langfristig angelegt und ist auch in der Vergangenheit nicht durch Einzelereignisse irritiert worden. Eine Beurteilung des Falles Jukos kann objektiv ohne Kenntnis der Fakten nicht vorgenommen werden.“ Ruhrgas bezieht rund 30 Prozent seines Gases aus Russland und ist am russischen Gaskonzern Gazprom mit 6,5 Prozent beteiligt. Der Staat besitzt die Mehrheit.

Verlässliche Zusagen

Neben großen Konzernen sind auch viele deutsche Mittelständler in Russland engagiert – und auch die bleiben gelassen. Dirk Amberge, Repräsentant der Firma Kress Elektrik aus Baden-Württemberg, interpretiert den Fall Jukos „als Warnschuss der Regierung an die Oligarchen, sich nicht in die Politik einzumischen“. Die Wirtschaftsbeziehungen zum Ausland irritiere das nicht. Amberge versichert, dass man sich in Russland auf Zusagen verlassen kann. Sein Geschäft mit Elektrowerkzeugen sieht der deutsche Manager jedenfalls nicht gefährdet.

Der Bauzulieferer Knauf plant sogar für die nächsten zwölf Monate die Eröffnung von drei neuen Werken in Russland – neben den schon bestehenden 14 Betrieben. Heiner Hamm, Leiter des Osteuropa-Geschäfts von Knauf, sagte: „Unser Geschäft wird durch Jukos nicht beeinflusst. Wir sehen weiter einen guten Markt.“

Für Rainer Wedde, Anwalt bei der international tätigen Sozietät Linklaters, sind Auslandsunternehmer in Russland jetzt auch nicht stärker gefährdet als zuvor. Investoren, die Joint-Ventures oder Beteiligungen planten, „sollten sich künftig aber verstärkt die Vergangenheit ihrer russischen Partner ansehen“, rät der Experte, der seit mehreren Jahren in Moskau tätig ist. Nach seiner Einschätzung deutet die Jukos-Aktion darauf hin, dass Putins Regierung ihren Einfluss auf strategisch wichtige Branchen nicht verlieren will. „Moskau könnte Angst haben, dass die Rohstoffindustrie Russlands künftig von Texas oder London aus geleitet wird.“

Ohne Wirkung auf Investitionen ist Jukos daher nicht geblieben. Der französische Lebensmittelkonzern Danone hat ein 900 Millionen Dollar schweres Investment in Russland Medienberichten zufolge auf Eis gelegt. In der Pariser Danone-Zentrale wollte man die Berichte auf Anfrage nicht kommentieren. Auch die Verhandlungen der US-Ölkonzerne Exxon und Chevron mit Jukos über eine Beteiligung, die nach dem Vorgehen der Justiz gegen Jukos ausgesetzt wurden, sind bisher nicht wieder aufgenommen worden.

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