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Wirtschaft: KaDeWe-Chef Volker Weihe über Folgen des Regierungsumzugs und den Wettbewerb zwischen City West und City Ost

Volker Weihe (53) ist seit September 1997 Verkaufsdirektor des KaDeWe. Zuvor war der Texitil-Einzelhandelskaufmann als Karstadt-Verkaufsdirektor für den Süden Deutschlands zuständig.

Volker Weihe (53) ist seit September 1997 Verkaufsdirektor des KaDeWe. Zuvor war der Texitil-Einzelhandelskaufmann als Karstadt-Verkaufsdirektor für den Süden Deutschlands zuständig. Zwischen 1978 und 1988 leitete Weihe die Karstadt-Filialen Tempelhof und Wilmersdorfer Straße. Das KaDeWe gehört zum Karstadt-Konzern und ist mit einer Verkaufsfläche von 60 000 Quadratmetern, etwa 380 000 Artikeln und 2400 Mitarbeitern das größte Kaufhaus des Kontinents. Mit Weihe sprachen Alfons Frese und Rainer Hank.

Herr Weihe, seit dem letzten Spätsommer ist die Hauptstadt voller Neu-Berliner. Merkt das ein Kaufhausdirektor?

Und wie. Die Veränderung in Berlin hat nach der Sommerpause begonnen. Beispielsweise sind von 150 Botschaften um die 80 inzwischen voll arbeitsfähig. Das merken wir an der Art des Konsums: Übergroße Orienteppiche für Repräsentationsräume werden stark nachgefragt. Gefragt sind auch Abendgarderoben. Für Berlin ist das neu. Es wird Eleganz gezeigt, ob bei Premieren, Bällen oder Empfängen. Da hatten wir über Jahrzehnte hinweg ein Defizit. Jetzt kommt das diplomatische Korps. Regierungsvertreter und Lobbyisten kleiden sich anders. Berlin bekommt Anschluss an die Gesellschaft.

Das bleibt ein Ausnahmeeffekt für das KaDeWe, Orientteppiche, Abendkleider und Smokings kauft man nicht jedes Jahr neu.

Grundsätzlich geht alles im hochwertigen Bereich seit einem Jahr besser. Hinzu kommt die Tax-free-Abrechnung für nicht EU-Bürger, die den Mehrwertsteuersatz zurückbekommen. Hier hatten wir im November eine Steigerung um 60 Prozent und mehr als 80 Prozent im Dezember. Der Kolumbianer, der Asiate oder Franzose findet im KaDeWe seinen Kaffee oder Käse. Wir haben ja allein 1300 verschiedene Käsesorten. Schließlich ist unser Partyservice immer stärker gefragt. So hatten wir beispielsweise zwischen dem 16. Dezember und dem 2. Januar Kapazitätsprobleme, die Mitarbeiter haben rund um die Uhr gearbeitet.

Können sie einen Umsatzziffer nennen, die allein auf den Regierungsumzug zurückzuführen ist?

Quantifizieren kann man das nicht. Aber ich bin sicher, das wir deutliche Zuwächse im einstelligen Prozentbereich haben werden. Das gelingt aber nur, wenn das KaDeWe im Gespräch bleibt.

Das KaDeWe steht in der City-West. Aber in Mitte geht die Post ab. Sind Sie ein Verlierer des neuen Berlins?

Nein. Die City-West ist nicht auf der Verliererstraße. Hier pulsiert noch immer das Geschäftsleben zwischen 10 Uhr und 20 Uhr. Natürlich bekommt die Stadtmitte eine höhere Bedeutung als früher. Die City-West hat keine Höhepunkte zu bieten außer Zoo, Gedächtsniskirche und das KadeWe. Doch alle Katastrophenszenarien für Kurfürstendamm und Tauentzien sind falsch. Das belegen auch die Kunden- und Besucherströme.

Zieht die Friedrichstraße nicht zunehmend Kaufkraft ab?

Die Friedrichstraße wird als Einkaufstraße hohe Bedeutung bekommen. Sicher in einem anderen Segment als Kurfürstendamm und Tauentzien. Doch die entscheidende Frage für die Entwicklung der Innenstadt ist die Zukunft der Leipziger Straße, die davon abhängt, ob die Straßenführung auf die ursprüngliche Breite zurückgestutzt wird.

Wie schlägt sich denn die neue Konkurrenz aus Mitte in den KaDeWe-Zahlen nieder?

Unsere Zahlen sind sehr gut. Das KaDeWe hat seit Herbst 1996 den Umsatz um etwa 40 Prozent gesteigert, was im Wesentlichen mit dem Zuwachs an Verkaufsfläche zusammenhängt. Wir haben unser Sortiment erweitert und können es auch besser präsentieren.

Wie hoch war denn im vorigen Jahr der Umsatz?

Deutlich über 600 Millionen Mark. 1996 waren es noch rund 450 Millionen Mark.

Und der Gewinn?

Diese Haus ist eine Cash Cow. Es sind sehr passable schwarze Zahlen.

Trotzdem: Der Handel verändert sich dramatisch. Wie stellt sich das KaDeWe auf den Strukturwandel ein?

Als ich vor gut zwei Jahren hierher kam, haben wir uns gefragt, wo wir sind, und wo wir hin wollen. Wir können den Standort nur stärken, wenn wir die Außergewöhnlichkeit des KaDeWe ausbauen; wenn wir uns werblich noch stärker darstellen und wenn wir uns in Kooperation mit den großen Namen diese Welt, den Top-Marken, positionieren.

Auf die Idee sind andere auch schon gekommen. Was unterscheidet Sie?

Das KaDeWe ist die Marke für Marken. Aufgrund unserer Größe und unserer Exklusivität können wir das auch umsetzen, was andere für sich reklamieren. Das Umfeld ist entscheidend: Die großen Marken wie Cartier, Louis Vuitton oder Escada gehen nicht in ein normales Warenhaus.

Das KaDeWe hat gut 380 000 Artikel im Sortiment. Gehen in der Masse die Top-Marken nicht unter?

Nein. Seit dem Oktober 1996, also nach der über fünf Jahre dauernden Bauphase, haben wir 57 neue Marken-Shops eingerichtet. Quer über alle Branchen, aber überwiegend im Mode- und Accessoires-Bereich. Insgesamt haben wir mehr als 120 Markenshops.

Was muss man mitbringen, um als Marke einen Platz im KaDeWe zu bekommen?

Natürliche eine hohe fachliche Kompetenz, das Preis-Leistungs-Verhältnis muss stimmen - und zwar auf einem hohen Niveau. Die Namen haben ein weltweites Renommee; sie haben Produkte, die für sich sprechen. Da darf es keine Qualitätsschwanunkungen geben. Der Kunde muss bedenkenlos das Produkt kaufen können, wenn das KaDeWe seinen Namen dafür gibt.

Können Sie mit der Markenstrategie dem Preiskampf im Handel entgehen?

Ja. Wir heben uns mit dem Sortiment ab von den umkämpften Branchen und geraten nicht in den Strudel der Preisnachlässe. Aber ernsthafte Sorgen machen mir die Factory Outlets. Das könnte uns treffen.

Factory Outlets sind bedrohlicher als E-Commerce?

Ja. Als E-Kaufhaus sind wir selbst aktiv. Seit einem dreiviertel Jahr kann man bei uns elektronisch einkaufen; wir sind da sehr erfolgreich. Im Dezember zum Beispiel haben wir 14 000 Besucher auf unserer Internet-Seite gehabt. Die Umsätze sind inzwischen auch spürbar. Wenn aber Factory Outlets so reinrassig wie in den USA umgesetzt werden, würde es schwierig für uns.

Was heißt das?

Wir müssen dann Konsequenzen ziehen: Wenn ein Markenartikler meint, dass er seinen traditionellen Partner, den Einzelhandel, nicht mehr braucht, dann muss er künftig seine Produkte ohne uns vertreiben.

In USA sind Factory Outlets modisch und die Innenstädte trotzdem voll. Was macht der amerikanische Handel besser als Sie?

Es liegt nicht nur am Handel, sondern am deutlich anderen Markenbewußtsein. Marken, die in Deutschland als top gelten, haben in den USA oftmals eine mehr konsumerigen Stellenwert. Hinzu kommt, dass mit unterschiedlichen Sortimenten in Outlets und Innenstädten operiert wird.

Dann müssen Sie sich etwas einfallen lassen, um die Kunden in der City zu halten.

Das tun wir längst. Neben den großen Frühjahrs- und Herbst-Mode-Events werden wir Aktivitäten entwickeln, etwa so wie in der vergangenen Weihnachtszeit die Dekorationen der Schaufenster mit witzigen und skurrilen Figurengruppen. Das macht uns zum Stadtgespräch. Das Entscheidende ist aber, wie ich eine Ware präsentiere und inszeniere, und wie die Mitarbeiter mit dem Kunden und der Ware umgehen. Unsere Mitarbeiter werden seit einigen Jahren sehr intensiv, in kleinen Gruppen geschult.

Lässt sich Kundenorientierung und Freundlichkeit überhaupt trainieren?

Für die Hinwendung zum Kunden, für den Service kann man die Mitarbeiter sensibilisieren. Der Kunde darf sich nicht nur beachtet, er muss sich auch betreut fühlen. Wir sind mit der Servie schon sehr weit und den Meisten um Nasenlängern voraus. Trotz allem haben wir aber immer noch Möglichkeite, um den Service auszubauen.

Bezahlen Sie ihre Angestellten besser als die Konkurrenz?

Nein. Wir zahlen Tarif. Aber wir haben ein interessantes Arbeitsmodell, unsere Mitarbeiter arbeiten vier Tage die Woche. Das ist für die Mitarbeiter attraktiver als ein Schein mehr. Der Grad der Identifikation der Mitarbeiter mit diesem Haus ist sehr viel höher als bei anderen. Und dass der Einzelhandel angeblich so viel schlechter zahlt als andere Branchen, stimmt nicht.

Aber Ihre Mitarbeiter wollen nicht am Sonntag arbeiten.

Wir sind wie alle Großunternehmen ein mitbestimmter Betrieb. Unser Betriebsrat hat die zusätzlichen Sonntage nicht genehmigt. Daraufhin haben wir die Einigungsstelle angerufen und warten nun auf eine Entscheidung.

Verträgt sich das mit der Kundenorientierung?

Service hat mit der Öffnungszeit am Sonntag nichts zu tun. Wir sollten erstmal den ersten und zweiten Schritt tun, nämlich den Sonnabend auf 18 Uhr und dann auf 20 Uhr ausweiten. Und dann wird sich schnell zeigen, ob wir den Sonntag brauchen. Montag bis Sonnabend 9 Uhr bis 20 Uhr - dann hätten wir eine einheitliche Linie und Klarheit auch für die Kunden. Der Sonntag ist natürlich auch unter dem Aspekt der Wirtschaftslichkeit problematisch, denn mit den Zuschlägen haben wir dann nicht 100 Prozent, sondern 220 Prozent Personalkosten.

Herr Weihe[seit dem letzten Spätsommer ist d]

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