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Wirtschaft: Kammern streiten um den Ausbildungspakt

Die Zahl der zusätzlichen Lehrstellen ist immer noch umstritten/IHK-Chefs entscheiden am Mittwoch in Berlin

Berlin In der Wirtschaft gibt es weiter Streit um den Ausbildungspakt. Zum einen differieren die Auffassungen unter den Vertretern der Industrie- und Handelskammern, zum Anderen ist das Arbeitgeberlager insofern gespalten, dass die Bundesvereinigung der Arbeitgeber eine andere Strategie fährt als der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Eine entscheidende Etappe auf dem Weg zum Ausbildungspakt ist die außerordentliche Vollversammlung der Industrie- und Handelskammern am Mittwoch in Berlin. Dort diskutieren die Präsidenten und Hauptgeschäftsführer der 81 Kammern eine Vorlage von Ludwig Georg Braun, dem DIHK-Präsidenten. Nach Tagesspiegel-Informationen zeichnet sich ab, dass die Kammern 30000 zusätzliche Lehrstellen bis 2007 versprechen und diese Zahl im Pakt auch festschreiben wollen. Dazu kommen vermutlich 25000 Praktikumsplätze, mit deren Hilfe schwache Schulabgänger auf eine Ausbildung vorbereitet werden; die Praktika sind auf zwölf Monate angelegt, die Kosten teilen sich die Unternehmen und die Bundesagentur für Arbeit.

Die Wirtschaft will sich auf den Pakt einlassen, wenn die Bundesregierung das Gesetz über eine Ausbildungsumlage auf Eis legt. Verbindliche Garantien soll es laut DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben in dem Papier allerdings nicht geben. „Wir haben im DIHK eine Riesen-Diskussion darüber, was wir in einem Pakt halten können und was nicht“, sagte er in Berlin. „Wer etwas verspricht, ist ein Scharlatan. Statt auf vordergründige Garantien werden wir uns auf transparente, ehrgeizige Ziele verpflichten“, kündigte Wansleben an.

Hans-Jörg Schmidt-Trenz, Hauptgeschäftsführer der Hamburger Kammer, sagte auf Anfrage, er könne sich „im Moment nicht vorstellen“, dass eine Zahl über zusätzliche Lehrstellen festgeschrieben werde. Ähnlich äußerte sich ein Sprecher der IHK in Passau: „Eine feste Ziffer wäre nicht glücklich“, da der DIHK keine Grantieerklärung für seine Mitgliedsfirmen abgeben könne. Dagegen zeigte sich Jan Eder, Chef der Berliner IHK, optimistisch über die Aussichten eines Paktes. Bis auf die Ziffern sei der Pakt ausgehandelt, nach der Vollversammlung am Mittwoch könnte die DIHK-Spitze mit der Bundesregierung abschließen.

Doch nicht nur in der Kammerorganisation sind die Zahlen umstritten. Vor allem Reinhard Göhner, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA), sträubt sich gegen konkrete Versprechen. Göhner sitzt für die CDU im Bundestag und missgönnt womöglich der rot-grünen Regierung den Erfolg eines Paktes. Auf Seiten der Regierung waren vor allem Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und der SPD-Chef Franz Müntefering an den Pakt-Gesprächen beteiligt. Anders als Clement war Müntefering immer für ein Gesetz mit einer Zwangsabgabe, um so Druck auf die Unternehmen auszuüben. Im Gespräch mit DIHK-Präsident Braun soll Müntefering in der vergangenen Woche umgefallen sein, was die Erfolgschancen eines Paktes deutlich erhöhte. Beim DIHK gibt es bereits eine sechsseitige Vorlage für die Diskussion am Mittwoch. Die Frage sei, wie man Kammern in strukturschwachen Regionen am Ausbildungspakt beteiligt. Im Gegensatz zu Regionen in Baden-Württemberg, wo es mehr Lehrstellen als Bewerber gibt, dürfte sich die Wirtschaft etwa in Mecklenburg-Vorpommern schwer tun, zusätzliche Lehrlinge einzustellen. Wansleben räumte ein, dass die Drohung einer Ausbildungsplatzabgabe, den Druck auf die Wirtschaft erhöht habe. Dadurch seien die Firmen unter „Aktionszwang“ geraten.

Neben zusätzlichen Lehrstellen und Praktikumsplätzen sieht der Pakt folgende Punkte vor: Die Lehrstellenstatistik wird verändert, die Agenturen für Arbeit teilen künftig Jugendliche in vier Kategorien ein. Wer in der schlechtesten Kategorie landet, ist nicht ausbildungsfähig und fällt aus der Statistik der Lehrstellensuchenden. Ferner verpflichtet sich der Bund, in den Bundesverwaltungen die Ausbildung deutlich zu erhöhen.

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