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Bundesbankpräsident Karl Otto Pöhl erklärt nach der Sitzung des Zentralbankrats am 16. Mai 1991 in Frankfurt am Main seinen Rücktritt für Ende Oktober 1991.

© dpa

Karl Otto Pöhl: Der langjährige Bundesbank-Chef ist tot

Er gilt als einer der Väter der Europäischen Währungsunion: Der ehemalige Bundesbank-Präsident Karl Otto Pöhl ist tot. Er hatte erst vor einigen Tagen seinen 85. Geburtstag gefeiert.

Am 1. Dezember hatte er noch im Kreise seiner Familie in der Schweiz seinen 85. Geburtstag gefeiert. Knapp eine Woche später ist Ex-Bundesbank-Präsident Karl-Otto Pöhl am Dienstag gestorben, wie die Notenbank mitteilte. „Mit ihm verlieren wir einen herausragenden Notenbanker, dem wir in der europäischen Währungsunion bis heute viel zu verdanken haben“, sagt Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. Pöhl war von 1977 bis 1979 Vizepräsident und von 1980 bis zu seinem vorzeitigen Rücktritt 1991 Präsident der Bundesbank. Damals hatte er das Amt aus Verärgerung über Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl aufgegeben, nachdem dieser hinter seinem Rücken ein Jahr zuvor mit der DDR die Währungsunion angeboten und dabei einen Umtauschkurs West- zu Ost-Mark von eins zu eins vereinbart hatte. Pöhl hielt vor allem diesen Kurs für völlig falsch und gab erst später zu, dass es politisch wohl keine Alternative gegeben hatte. Pöhl gilt als einer der wichtigsten Architekten der Europäischen Währungsunion.

Zur Politik von EZB-Chef Draghi hat sich Pöhl bis zuletzt nicht geäußert

„Er trug maßgeblich dazu bei, dass die Unabhängigkeit der Bundesbank zum Modell für die Europäische Zentralbank wurde, ebenso wie die klare Ausrichtung auf das Ziel der Preisstabilität“, sagte Weidmann am Mittwoch. Pöhl habe den Beleg geliefert, dass Preisstabilität und Wachstum auch in Zeiten großer geldpolitischer Herausforderungen keine Gegensätze seien, sondern Preisstabilität die Grundlage für nachhaltiges Wachstum sei. Zur aktuellen Politik von EZB-Chef Mario Draghi hatte sich Pöhl bis zuletzt nicht geäußert. Seine Begeisterung war offensichtlich begrenzt. Dass Bundesbank-Präsident Weidmann im EZB-Rat zu den schärfsten Kritikern Draghis gehört, hielt er für richtig. Weidmann solle weiter rufen und hart bleiben.

Pöhl trat im Juli 1991 aus Protest gegen Helmut Kohl zurück

Einen seiner letzten Auftritte bei der Bundesbank hatte Pöhl im Mai 2011. Damals war er Gast der Feier zum Amtswechsel an der Spitze der Notenbank von Weber zu Weidmann - einem Wechsel, der wie bei Pöhl durch einen Rücktritt ausgelöst wurde. Weber war aus Protest gegen die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB), in dessen Rat er saß, zurückgetreten. Pöhl hatte 20 Jahre zuvor, Ende Juli 1991 das Handtuch geworfen - aus Protest gegen den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl wegen der deutsch-deutschen Währungsunion. Später sah das gebürtige Hannoveraner differenzierter. Der Wechselkurs von 1:1 habe zwar nicht den damaligen Realitäten entsprochen. „Ein realistischer Wechselkurs hätte allerdings zum Bankrott vieler DDR-Betriebe geführt. Er wäre auch nicht von der DDR-Bevölkerung akzeptiert worden“. Die Bundesbank habe deshalb damals die „politische“ Entscheidung respektieren müssen, die Ostdeutschen hätten mit einem Kurs von 2:1 nicht hätten besänftigt werden können: Sie hätten die D-Mark unbedingt gewollt.

Der Politikbetrieb war dem Volkswirt sehr vertraut

Pöhl sprach 1991 von „persönlichen“ Gründen für seinen Rücktritt. Tatsächlich ging ihm nach elfeinhalb Jahren an der Spitze der Bundesbank vieles gegen den Strich. Sein Verhältnis zu Kohl war schlecht. Dabei kannte der Diplom-Volkswirt, der jahrelang beim Ifo-Institut und später als Journalist gearbeitet hatte, den Politik-Betrieb sehr genau. Vor seinem Wechsel zur Bundesbank war SPD-Mitglied Pöhl - er trat 2005 aus der Partei aus - von 1970 bis 1977 Berater von Bundeskanzler Willy Brandt und Finanzstaatssekretär unter dessen Nachfolger Helmut Schmidt. Nach seinem Rücktritt als Bundesbank-Präsident fungierte Pöhl von 1992 bis 1998 als Sprecher der Privatbank Sal. Oppenheim.

Das Statut der Europäischen Zentralbank trägt Pöhls Handschrift

Pöhl war einer der einflussreichsten Bundesbank-Präsidenten. Er gilt als einer der Väter der Europäischen Währungsunion, das Statut der Europäischen Zentralbank (EZB) trägt maßgeblich seine Handschrift. Die Schaffung der EZB sei ein großer Schritt in Richtung einer europäischen Integration gewesen. „Ob es ein erfolgreicher Schritt ist, muss sich allerdings noch erweisen“, sagte Pöhl noch im November. Es brauche ein deutlich höheres Maß an Konvergenz in der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Pöhl hielt die EZB gleichwohl, wie er in einem seiner letzten Interviews sagte, für eine „der wenigen funktionsfähigen Institutionen“ in Europa.

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