zum Hauptinhalt
Gute Geschäfte mit der kleinen Beere: Neben dem Erdbeerverkauf (rechts) baut „Karls“ seine Erlebnisdörfer aus.

© Kai-Uwe Heinrich/promo

Karls Erdbeerhof: Große Geschäfte mit der kleinen Beere

Robert Dahl hat im brandenburgischen Elstal Erlebniswelten um die Erdbeere geschaffen. Über Umsatz und Löhne spricht er nicht.

Das Erdbeerwunderland liegt in Elstal. Draußen begrüßt Erdbär Karlchen die Besucher, drinnen gibt es frisch gebackenes Erdbeerbrot, selbst gemachte Marmelade und eine Bonbonmanufaktur, in der innerhalb von 20 Minuten kleine bunte Drops hergestellt werden. Die Erwachsenen kaufen Erdbeerkaffee und Erdbeerbratwürste, die Kinder toben im ländlichen Spieleparadies. Sie springen auf einem Riesen-Trampolin, streicheln Ziegen, rutschen mit Heumatten oder machen eine Traktorfahrt. Sieben Hektar misst „Karls Erlebnis-Dorf“ in Elstal und es gibt all das, was man sich nicht vorstellen kann.

Das Erlebnisdorf, das jährlich eine Million Besucher zählt, ist eines von insgesamt fünf in ganz Deutschland. So wie „Pier 7“, eine Markthalle am Kreuzfahrtterminal von Warnemünde. Sie alle gehören zu „Karls 1921“, dem Unternehmen, das Erdbeeren in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Leipzig und Berlin an erdbeerförmigen Ständen verkauft. Geführt wird es von Robert Dahl, benannt ist es nach dessen Großvater Karl, gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 1993.

Damals startete Robert Dahl auf Anraten seines Vaters einen Betrieb in Rövershagen bei Rostock mit zehn Hektar Anbaufläche. Eine „Idee zum Aufbau eines Beeren- und Obstbaus in Mecklenburg“ hatte der seinem Sohn präsentiert. 576 000 DM Startkapital seien nötig, die endgültige Betriebsgröße, so der Vater, hänge vom Absatz ab. Heute verkauft Dahl 20 bis 30 Tonnen Erdbeeren am Tag, dazu 3000 Gläser Marmelade und viele andere Produkte. „Ich weiß nicht genau wie viele“, sagt der Chef. Über den Umsatz und seinen Gewinn will Dahl nicht sprechen, das hat er noch nie gemacht. Die Einnahmen seien jedenfalls so hoch, dass er den Großteil der Attraktionen in den Erlebnis-Welten weiterhin kostenlos anbieten könne.

Die Manufakturen sind Kern des Geschäfts

Aus dem Erdbeerverkauf ist ein kleines Erdbeerimperium gewachsen. „Irgendwas musste man ja machen, wenn die Erdbeersaison vorbei ist. Die Kunden haben das erwartet“, sagt Dahl. Deshalb habe er sich immer neue Dinge ausgedacht. Lange Zeit ohne Konzept. Mittlerweile aber habe er eins. Eins, das in sechs Worten zusammenfasst, wofür „Karls“ stehen soll: authentisch, liebevoll, kreativ, großzügig, augenzwinkernd und familiär. Kern des Unternehmens seien die Manufakturen. „Die verkörpern am stärksten das, was wir sein wollen.“

Alle Marmeladen, Brote und Bonbons sind handgemacht und werden in den Manufakturen der Erlebnis-Dörfer gefertigt. Sieben Tage die Woche, zehn Stunden täglich. „Ich weihe Sie jetzt in die Geheimnisse des Bonbonmachens ein“, sagt ein junger Mann, mischt etwas Wasser mit viel Zucker und erhitzt das Ganze. 14 Kilo schwer und 160 Grad heiß ist die süße Masse, die der Bonbonmacher nach und nach in kleine Süßigkeiten verwandelt.

„Das Leben ist DOCH ein Zuckerschlecken“, steht auf einem Schild geschrieben. „Es ist wirklich ein verdammt harter Job“, sagt der Bonbonmacher. „Man kommt an seine Grenzen, aber wenn man mal einen Tag frei hat, geht’s wieder“, erzählt eine Frau aus der Marmeladenmanufaktur. Zufrieden wirken die Mitarbeiter nicht, darüber sprechen wollen sie allerdings auch nicht. „Wir haben mal überlegt, die Manufakturen sonntags zu schließen, um das Personal zu schonen. Aber es geht einfach nicht. Die Nachfrage ist so groß, dass wir uns das nicht erlauben können“, sagt Frank Havemann, der die Öffentlichkeitsarbeit bei „Karls“ macht.

Dahl plant derweil schon den nächsten Coup

Insgesamt 90 Mitarbeiter sind in Elstal angestellt, 600 sind es in allen Erlebnisdörfern und Landwirtschaftsbetrieben insgesamt. Dazu kommen 500 Saisonkräfte für die Verkaufshäuschen und etwas über 100 Erntehelfer. Letztere werden nach dem Mindestlohn bezahlt. Über das Gehalt der Dorf-Mitarbeiter sprechen will keiner. Manche erzählen von einer Schweigepflicht, andere befürchten Schwierigkeiten. Robert Dahl sagt, die Veröffentlichung der Bezahlung würde nur zu Unzufriedenheit führen. Der Lohn hänge davon ab, wie lange jemand im Unternehmen arbeitet und wie viel Verantwortung er übernimmt.

Dass die Arbeitsbedingungen „immer verbesserungswürdig“ seien, räumt auch Dahl ein, betont aber schnell, wie gut das Betriebsklima doch sei. Dahls nächster Coup wird ein „Erlebnis-Resort“ in Elstal. Auf einem ehemaligen Militärgelände soll in den nächsten Jahren ein Badesee mit Strand und 300 bis 400 Ferienhäusern entstehen. Ein Ende der Expansion ist nicht in Sicht. „Neues zu gestalten, ist mein Antrieb“, sagt Dahl. „Wenn wir das nicht mehr können, würde das alles schnell nicht mehr funktionieren.“ Die Leute würden sofort einschlafen.

Die Verkaufsstände von "Karl" stehen überall in der Stadt.
Die Verkaufsstände von "Karl" stehen überall in der Stadt.

© promo

Auch unter der Woche herrscht in Elstal Hochbetrieb

Ans Einschlafen denkt in Elstal noch keiner. Auch unter der Woche herrscht im Erlebnis-Park Hochbetrieb. In einem Miniatur-Verkaufsstand spielt ein Junge „Karls“ und tut so, als verkaufe er Erdbeeren an seine Eltern. Am Rande des Trubels steht eine ältere Dame und beobachtet das Geschehen. Vor vielen Jahren, erzählt sie, habe sie auf „Karls“-Selbstpflückfeld in Rövershagen Erdbeeren gesammelt. Heute wolle sie sich anschauen, was daraus für ein „Imperium“ entstanden sei. „Für Kinder ist es wunderschön, aber man muss sein Portemonnaie festhalten. Hier gibt es viel zu viele Dinge, die man nicht braucht“, sagt sie. Einfach nur Erdbeeren pflücken, sei da irgendwie netter gewesen. Marmelade und Bonbons hat sie dennoch gekauft.

Zur Startseite