zum Hauptinhalt

KARRIERE Frage: an Dietmar Müller-Boruttau Fachanwalt für Arbeitsrecht

Darf ich heimlich gefilmt werden?

Ich arbeite an der Kasse eines Supermarkts. Jetzt wurde festgestellt, dass bei jeder Inventur Zigaretten fehlen. Mein Arbeitgeber verdächtigt auch mich – neben drei weiteren Kollegen. Nun habe ich bemerkt, dass seit ein paar Tagen über unserem Kassenbereich eine fast unsichtbare Videokamera installiert ist. Zwar finde ich es gut, wenn der Täter endlich überführt wird. Dennoch frage ich mich, ob unsere Firma das einfach so machen kann, denn richtig frei bewegen kann ich mich nun nicht mehr.

Immer wieder gerieten in letzter Zeit derartige heimliche Überwachungsvorgänge in die Schlagzeilen. Dabei prallt das Interesse des Arbeitgebers, den Täter ausfindig zu machen und zu kündigen, auf das Interesse der Arbeitnehmer, seiner Tätigkeit unbewacht nachzugehen.

Ob eine heimliche Videoüberwachung zulässig ist, hängt daher davon ab, was höher zu bewerten ist: das Interesse des Arbeitgebers an den daraus gewonnenen beziehungsweise zu erwartenden Erkenntnissen oder das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer. Dabei müssen mehrere Voraussetzungen beachtet werden.

Erstens muss es den konkreten Verdacht einer strafbaren Handlung oder schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers geben. Etwa wenn ein Arbeitnehmer stiehlt oder etwas sabotiert oder Leib und Leben von Kunden beziehungsweise Patienten gefährdet. Zweitens darf es keine andere weniger einschneidende Aufklärungsmöglichkeit geben. In Ihrem Fall könnte der Arbeitgeber ja auch Ihre Rauchergewohnheiten prüfen oder sie beobachten lassen. Allerdings ist eine Videoüberwachung das wirksamere Mittel, da es eine lückenlose Kontrolle bietet.

Drittens darf die Videoüberwachung nicht unverhältnismäßig sein. Es kommt etwa darauf an, welcher Bereich observiert wird und wie lange die Überwachungsmaßnahmen anhalten. Eine Dauerüberwachung darf es daher nicht geben und die Observation ist zu beenden, wenn die erhofften Informationen erlangt wurden. Außerdem: ein bestehender Betriebsrat muss vor Beginn der Videoüberwachung seine Zustimmung geben.

In Ihrem Fall hängt die Rechtmäßigkeit der Videoaufzeichnung auch davon ab, ob die Kamera für Kunden sichtbar ist – die werden ja offenbar auch gefilmt. Denn aus datenschutzrechtlichen Gründen müssen Videokameras in öffentlich zugänglichen Räumen erkennbar sein. Allerdings wird aus einem Verstoß hiergegen kein Verbot für den Arbeitgeber abgeleitet, erlangtes Beweismaterial zu verwerten. Im Ergebnis muss man also in Ausnahmefällen – wie hier – eine derartige Videoüberwachung hinnehmen. Foto: Promo

– Haben Sie auch eine Frage?

 Dann schreiben Sie uns:

E-Mail:

Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

an Dietmar Müller-Boruttau

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false