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KARRIERE Frage: an Martina Perreng Fachanwältin beim DGB

Muss ich gegen die Religion handeln?

Ich bin Christ und arbeite für eine kirchliche Organisation. Jetzt hat mein Chef mir eine Aufgabe übertragen, die ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren kann. Kann ich mich dagegen wehren, oder muss ich jede Arbeitsanweisung des Vorgesetzten, soweit sie nicht kriminell ist, ausführen?

Grundsätzlich ist jeder Arbeitnehmer verpflichtet, Arbeitsanweisungen des Vorgesetzten auszuführen, soweit sie dem Inhalt des Arbeitsvertrages entsprechen und nicht gegen ein Gesetz oder vertragliche Nebenpflichten (beispielsweise Fürsorgepflichten des Arbeitgebers) verstoßen. Im Klartext heißt das, dass etwa Anweisungen, die zu gesundheitlichen Gefahren führen können, nicht ausgeführt werden müssen.

Darüber hinaus gilt, dass auch im Beschäftigungsverhältnis Grundrechte ihre Geltung haben. Insofern ist auch die Gewissensfreiheit am Arbeitsplatz geschützt. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz eine Benachteiligung aus Gründen der Religion oder der Weltanschauung verbietet. Daraus kann sich entsprechend ergeben, dass Sie nicht deshalb benachteiligt werden dürfen, weil Sie als Christ eine bestimmte Aufgabe mit Ihrem Gewissen nicht vereinbaren können. Der Arbeitgeber kann Sie nicht dazu zwingen.

Wenn es sich allerdings um eine Aufgabe handelt, die notwendigerweise Bestandteil Ihrer beruflichen Tätigkeit ist, würde Ihre berechtigte Weigerung bedeuten, dass Sie nicht in der Lage sind, Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen. Dies könnte dann, ähnlich wie in den Fällen, wo die Arbeit aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht mehr ausgeübt werden kann, den Arbeitgeber zu einer personenbedingten Kündigung berechtigen.

Dies wiederum setzt aber voraus, dass es dem Arbeitgeber nicht möglich oder zumutbar ist, die Arbeit so zu organisieren, dass Sie ohne Gewissenskonflikt beschäftigt werden können oder Ihnen auch keine andere Tätigkeit zugewiesen werden kann.

Dabei ist allerdings besonders zu berücksichtigen, dass Sie bei einer kirchlichen Einrichtung tätig sind. Aufgrund des Selbstbestimmungsrechts der Kirchen ist deren Befugnis, von ihren Mitarbeitern loyales Verhalten im Sinne ihres Selbstverständnisses zu verlangen, besonders groß. Das kann im Einzelfall zur Folge haben, dass die Regelungen, die von der Kirche festgesetzt werden, den Vorrang vor den eigenen Prinzipien haben. Foto: Promo

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