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Ältere Arbeitnehmer: Fit für die zweite Hälfte

Arbeitnehmer müssen immer länger arbeiten – und dürfen nicht aufhören zu lernen. Beschäftigte jenseits der 50 gelten oft als „Altlast“ und nicht als personal- und betriebswirtschaftliche Ressource.

Es ist schon paradox: Auf der einen Seite klagen immer mehr Unternehmer über Facharbeitermangel – auf der anderen Seite gibt es arbeitswillige Facharbeiter, die keinen Job mehr finden, weil sie zu alt sind.

Obwohl den deutschen Unternehmen längst klar sein müsste, dass spätestens in ein paar Jahren auch ältere Arbeitnehmer händeringend gebraucht werden, wollen die meisten ihre Belegschaften immer noch verjüngen.

Europaweit nimmt die Bundesrepublik darum auch einen traurigen Spitzenplatz bei der Zahl älterer Erwerbsloser ein: Rund 30 Prozent der Arbeitslosen sind hierzulande über 50 Jahre alt.

Auch bei den Arbeitnehmern aber wäre ein Motivationsschub dringend notwendig. Wer heute 40 ist, steht noch weitere 25 Jahre im Berufsleben, vermutlich sogar länger – viel zu früh, um sich innerlich schon auf die Rente einzurichten. Stattdessen gilt es, sein berufliches Wissen immer auf dem neuesten Stand zu halten.

„Wer besser qualifiziert ist findet nicht nur leichter eine Stelle, sondern hat auch nach dem 55. Lebensjahr größere Chancen, beschäftigt zu bleiben“, sagt Gerhard Bosch, Leiter des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) in Essen. Das gilt umso mehr, da der demographische Wandel eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit dringend nötig macht. Im Jahr 2010 werden in Deutschland über 30 Prozent der Bevölkerung 60 Jahre und älter sein. Immer weniger jüngere Jahrgänge folgen, das Angebot an Arbeitskräften sinkt.

Gleichzeitig wird die Gruppe der heute 40-Jährigen unzureichend darauf vorbereitet, wie sie ihre beruflichen Fertigkeiten gezielt weiterentwickeln können, heißt es beim Projekt „KEB 40 Plus“. Die vom Bundesarbeitskreis Arbeit und Leben und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung getragene Initiative soll Multiplikatoren wie Betriebsräte und Personalverantwortliche weiterbilden, damit sie Menschen „ab der Lebensmitte“ motivieren und qualifizieren. Auch in Berlin gibt es viele Veranstaltungen zu Themen wie dem Umgang mit älteren Beschäftigten, der Schaffung altersgerechter Arbeitsplätze oder zur betrieblichen Gesundheitsfürsorge.

„Arbeitnehmern über 40 ist dringend zu empfehlen, den Anschluss an aktuelle Entwicklungen nicht zu verlieren“, sagt Andreas Splanemann, Pressesprecher der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi in Berlin.

Das Prinzip heißt: Lebenslanges Lernen. Dazu gehöre die fachliche Weiterbildung, aber auch so genannte Soft Skills und fachübergreifendes Wissen. Vor allem mit dem Computer müsse heute jeder Arbeitnehmer umgehen können. „Das gehört inzwischen zur Kernkompetenz für fast alle Berufe“, meint der Experte. Mailprogramme, Exceltabellen und Internetrecherche – ohne geht es nicht mehr.

Immer wichtiger wird laut Splanemann auch, dass sich Beschäftigte in Arbeitsorganisation und Zeitplanung fit machen. Die betrieblichen Abläufe erforderten immer häufiger, dass Mitarbeiter selbstständig arbeiten. Dabei seien Kompetenzen gefragt, die vielen älteren Beschäftigten fehlten: Etwa zu erkennen, wie man Wichtiges von Unwichtigem trennt oder wie man sich seine Arbeitszeit effektiv einteilt.

Doch auch auf ihre Gesundheit muss die Generation „40 Plus“ stärker achten. In dieser Altersgruppe nehmen psychische Erkrankungen drastisch zu, weiß Andreas Splanemann. „Die Ursachen dafür sind oft Überforderung und die Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren.“

Um Bildungsmaßnahmen durchzusetzen sollten Arbeitnehmer versuchen, Betriebsvereinbarungen abzuschließen, in denen der Anspruch auf Weiterbildung geregelt wird, sagt der Verdi-Experte. Darin könne man zum Beispiel vereinbaren, welche Weiterbildungsmaßnahmen gefördert werden und ob und wie sie als Arbeitszeit verrechnet werden. Betriebs- und Personalräte seien die richtigen Ansprechpartner, um gemeinsam mit dem Unternehmen einen passenden Weiterbildungsplan auszuarbeiten.

Um den Arbeitgeber von der Notwendigkeit der Weiterbildung Älterer zu überzeugen, schlägt die Berliner Industrie- und Handelskammer folgende Argumentation vor: Arbeitnehmer mit langer Betriebszugehörigkeit verfügten über ein hohes Maß an betriebsspezifischem Know-How, das durch die Bildung altersgemischter Teams an die jüngeren Kollegen weitergegeben werden kann. Außerdem sei die Sozialkompetenz erfahrener oft größer, was sich positiv auf das Betriebsklima auswirken kann.

Harald Olkus

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