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Til Schweiger

© dpa

Auf die Bühne: Rollentausch - wie wird man Schauspieler?

Als Mime muss man nicht nur sehr flexibel sein und viel Kritik einstecken – man wird auch selten reich.

Schon in der zehnten Klasse hat Daniel Jeroma das Schauspielfieber gepackt – während eines Theaterprojekts an seiner Schule. „Auf der Bühne zu stehen, war für mich eine großartige Erfahrung“, sagt der 30-Jährige, der danach nicht mehr aufhörte mit dem Theaterspielen.

Bis zum Abitur stand er im süddeutschen Lörrach auf der Bühne, dann brach er auf, zum Bewerbungsmarathon an den staatlichen Schauspielschulen in ganz Deutschland. Er hat von Rostock bis München vorgesprochen, genommen wurde er im ersten Anlauf an der Universität der Künste in Berlin (UdK).

STRESS MUSS MAN AUSHALTEN KÖNNEN

Für die Prüfungen hatte er drei Rollen vorbereitet: eine klassische, eine komische und eine exotische. „Man muss unbedingt Schauspieler werden wollen“, beschreibt Daniel Jeroma eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Beruf, in dem man sich ständig auf neue Situationen einstellen, sich wieder und wieder beweisen – und viel Kritik an der eigenen Person einstecken muss. Wichtig sei darüber hinaus aber auch körperliche Fitness, sonst werde es schwierig, eine dreistündige Aufführung auf der Bühne durchzustehen.

Die Schauspielausbildung bezeichnet Daniel Jeroma rückblickend als „heftig“. In den vier Jahren sei ihm „viel abgefordert“ worden.

Wer sich durch solche Warnungen nicht abschrecken lässt, dem rät der Schauspieler, sich zunächst für eine oder auch zwei Saisons an den staatlichen Schulen zu bewerben, die, bis auf die üblichen Studiengebühren in Berlin (245 Euro pro Semester) kostenlos sind.

PRIVATSCHULEN KRITISCH AUSWÄHLEN

Wer es an eine öffentliche Schule schafft, hat den Grundstein für eine erfolgreiche Karriere gelegt. Wer sich für eine private Schule entscheidet, sollte kritisch auswählen: Denn diese Schulen kosten Geld – beruflichen Erfolg können sie ihren Absolventen dennoch nicht garantieren. An staatlichen Schulen ausgebildete Schauspieler haben meist sogar deutlich bessere Chancen.

Gerade bei den privaten Schulen gilt es sich also gut über das Angebot und den Ruf zu informieren, bevor man sich bewirbt, rät Willi Händler. Er ist Arbeitsvermittler bei der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung Berlin, die zur Bundesagentur für Arbeit gehört. „Wenn auf der Liste der Dozenten Leute auftauchen, die auch tatsächlich als Schauspieler arbeiten, spricht das für die Schule“, sagt er. Außerdem sollten sich Interessenten Aufführungen ansehen und dann mit Profi-Aufführungen vergleichen.

Wolfgang Klein, Sozialreferent des Interessenverbandes Deutscher Schauspieler, empfiehlt, sich an den Schulen nach bisherigen Absolventen zu erkundigen, denen der Einstieg in den Job tatsächlich gelungen ist. Wenn die Schulen darauf ungehalten reagierten, spräche das ohnehin für sich. Allerdings kommt nach Meinung von Wolfgang Klein auch in der Ausbildung an den staatlichen Schauspielschulen einiges zu kurz: zum Beispiel das Spielen vor der Kamera, oder der Aspekt der Selbstvermarktung. Und auch die Frage, wie man mit Erfolg umgeht, oder mit Misserfolg. Denn Schauspieler müssen immer wieder mit Phasen der Unsicherheit zurecht kommen: Filmprojekte sind meist auf einige Monate begrenzt, und am Theater werden überwiegend nur Zwei-Jahres-Verträge vergeben. Man sollte damit umgehen können, immer wieder aufs neue „Klinken putzen“ zu müssen.

Die Chancen, nach der Ausbildung ein Engagement zu bekommen, seien dagegen für Absolventen staatlicher Schulen und auch staatlich anerkannter Privatschulen nicht schlecht. Nicht immer aber klappt gleich das feste Engagement. Daniel Jerome etwa hat nach seiner Ausbildung auch Werbespots gedreht. Er übernahm Nebenrollen, hat unter anderen in der „Schwarzwaldklinik“ und bei „Hinter Gittern“ mitgespielt. 2005 dann bekam er eine Stelle am Grips-Theater.

VIELSEITIGKEIT IST GEFRAGT

„Wenn die Absolventen drei, vier Rollen gut präsentieren, sind die Chancen auf einen Job nach der Ausbildung gut“, sagt auch Arbeitsvermittler Willi Händler. Allerdings träfen viele Theater auch eine Typentscheidung: Frauen über 1,80 Meter zum Beispiel hätten es schwer, wenn die jungen Männer im Ensemble überwiegend kleiner sind. Und sehr häufig werde auch nach ganz jungen Mädchen- und Jungengesichtern gesucht, die auch Figuren im Teenageralter spielen können. Ob man eine Stelle findet, ist also unter Umständen auch Glückssache.

Einen Wettbewerbsvorteil haben Absolventen, die möglichst viele Alleinstellungsmerkmale bieten, die etwa bestimmte Sportarten, Dialekte oder Musikinstrumente beherrschen oder in der Lage sind, bei Messen oder Galas als Moderator aufzutreten, sagt Wolfgang Klein vom Interessenverband Deutscher Schauspieler.

Das große Geld aber wartet nur selten auf die Berufseinsteiger. Wer es zu einem festen Engagement am Theater schafft, bekommt etwa 1600 Euro brutto im Monat. Beim Film geht es bei 500 Euro Tagesgage los. Einziger Trost: Berufserfahrung zahlt sich aus. Daniel Jeroma verdient heute rund 2250 Euro brutto.

Jungen Absolventen rät Willi Händler nicht zu anspruchsvoll zu sein – und sich auch in kleineren Städten zu bewerben. Denn dort habe man auch als Anfänger die Chance, eine Hauptrolle zu spielen. An großen Bühnen komme man häufig über eine Nebenrolle nicht hinaus.

Für Daniel Jeroma hat sich die harte Ausbildung gelohnt. Das Glücksgefühl auf der Bühne hat bei ihm auch nach einigen Berufsjahren noch nicht nachgelassen: „Ich freue mich immer noch auf jeden Auftritt.“

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