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© Uwe Steinert

Ausbildung 2008: Auf dem Sprung

Tipps für Jugendliche, die noch keine Lehrstelle haben: Wie drei Jugendliche der Sophie Scholl Oberschule den Schritt in die Arbeitswelt erleben.

Die Bewerbungsfrist verpasst, schlechte Noten, Pech gehabt beim Vorstellungsgespräch, kaum Bewerbungen verschickt, weil man gar nicht genau weiß, wohin es beruflich gehen soll: Es gibt viele Gründe, warum Jugendliche zum Start des Ausbildungsjahres 2008 noch keine Stelle gefunden haben. Dabei ist das Angebot noch größer und vielfältiger als 2007, das bereits als Rekordjahr galt.

Allein die Berliner Industrie und Handelskammer, bei der rund zwei Drittel aller Ausbildungsplätze registriert sind, zählt 8600 abgeschlossene Ausbildungsverträge. Das sind etwa zwei Prozent mehr als 2007. Doch wer bisher noch nicht fündig geworden ist, hat noch gute Karten. Noch immer kann man in Ausbildungsbörsen im Internet jede Menge freie Stellen finden. Für die guten Zahlen sorgen die starke Konjunktur und die demographische Entwicklung. Immer weniger Jugendliche konkurrieren um eine wachsende Zahl an Ausbildungsplätzen.

„Es gibt Branchen, in denen die Chancen noch immer gut sind“, sagt auch Gerd Woweries von der IHK. Offene Stellen gibt es noch für Azubis die technische Berufe erlernen und etwa Mechatroniker oder Zerspanungsmechaniker werden wollen. Auch Bewerber für eine Ausbildung im Einzelhandel haben noch gute Chancen. Ausbildungen in den Medien, wie die zum Mediengestalter, seien dagegen überlaufen. Habe es bisher nicht geklappt mit der gewünschten Lehre, sei es sinnvoll, bis zur nächsten Bewerbungsrunde Zusatzqualifikationen zu erwerben und Praktika zu machen, empfiehlt Woweries.

„Am besten man konzentriert sich nicht auf einen bestimmten Beruf, sondern fragt sich, was man kann und möchte und welche Berufsfelder dazu passen“, rät Erik Benkendorf, Sprecher der Arbeitsagentur Berlin-Brandenburg. So könnten sich Jugendliche nach Alternativen umschauen, wenn es mit einem bestimmten Beruf nicht klappt. Sie sollten aber nicht irgendetwas lernen: Das führe oft nur zum Abbruch der Ausbildung. „Die Lehre muss zu den eigenen Fähigkeiten passen.“

Beim Einstieg in die Berufswelt könnten professionelle Berater eine große Hilfe seien. So arbeitet Jobcoach Sascha Mase zum Beispiel mit Jugendlichen an der Sophie Scholl Oberschule in Schöneberg. Er entwickelt mit ihnen Wegepläne, in denen die Schüler erklären, wie sie ihr Berufsziel erreichen wollen. Er berät sie in Einzelgesprächen und bietet Bewerbungstrainings an. Drei seiner Schüler berichten im Folgenden, wie sie den Sprung ins Berufsleben erleben.

DIE GLÜCKLICHE

Emilia Meierkord hatte Glück. Bewerbungen schreiben war nicht nötig. In der neunten Klasse hatte sie ein Schüler-Praktikum in einem Blumenladen in Friedenau gemacht. Mit den Leuten habe sie sich gut verstanden. „Also bin ich einfach hingegangen und habe nach einer Lehrstelle gefragt.“ Und tatsächlich, die Chefin hat sie eingestellt. Am 1. September geht es los. „Es reicht mir mit der Schule“, sagt die 17-Jährige. Ihre Noten waren nicht gerade gut. Auf ihrem Abschlusszeugnis steht der erweiterte Hauptschulabschluss. Jetzt verdiene sie endlich bald Geld, freut sie sich.

Wenn sie von der künftigen Arbeit erzählt, klingt es, als ob in Zukunft alles besser werden würde, besser als Schule jedenfalls. „Mir gefällt, dass der Job viel mit Kreativität zu tun hat.“ Drei Jahre Ausbildung kommen auf sie zu. Früh morgens zum Blumengroßmarkt fahren, den ganzen Tag stehen, keine großen und kleinen Pausen, wie in der Schule. Es wird eine Umstellung werden, ganz klar, „und bestimmt anstrengend“, sagt Emilia. Trotzdem freut sie sich auf den Schritt in die neue Welt.

DER ABGELEHNTE

Sein Vater arbeitet am Flughafen Schönefeld, sein Onkel auch. Emre Kündes weiß deshalb, was auf ihn zukommt, wenn er Luftverkehrskaufmann wird. Doch trotz der Kontakte hat es beim ersten Anlauf mit der Lehrstelle nicht geklappt – er hat die Bewerbungsfrist verpasst. „Alle Plätze waren schon vergeben.“ Im nächsten Jahr wird Emre es wieder versuchen.

In der Zwischenzeit will er am Berliner Oberschulzentrum Banken und Versicherungen seinen Mittleren Schulabschluss nachholen, den hat er in diesem Jahr nicht geschafft. „Ich versuche etwas aus meinem Leben zu machen“, sagt er.

Mit einem besseren Abschluss hofft er nun, seine Chancen auf die gewünschte Lehrstelle am Flughafen Schönefeld zu verbessern. Auch wenn der höhere Abschluss für die Ausbildung zum Luftverkehrskaufmann keine Voraussetzung ist.

Die Bewerbungsfrist will er im nächsten Jahr jedenfalls ganz sicher nicht verpassen.

DIE WARTENDE

Schon als Kind machte Christina Rack das Helfen Spaß. „Eigentlich wollte ich damals Tierärztin werden“, sagt sie. Heute sollen es Menschen sein, um die sie sich kümmert. Sie will Rettungssanitäterin werden. Aber noch ist sie zu jung. Die Ausbildung ist erst ab 18 möglich. Bis dahin bleibt ihr ein Jahr. Also hat sich Christina für die Übergangszeit als Sanitäterin bei der Bundeswehr beworben. Eine Freundin hat ihr den Tipp gegeben. „Dort kann ich auch erst einmal testen, ob mir der Job überhaupt liegt“, sagt sie. Nach dem Dienst auf Zeit ist sie alt genug für die geplante Ausbildung. Dann muss sie nur noch angenommen werden. Wie es ist, auf eine Zusage zu warten, kennt sie schon jetzt. Die Bundeswehr hat sich noch nicht bei ihr gemeldet.

Matthias Jekosch

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