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Ausbildungsplätze: Endspurt

In zwei Wochen startet das neue Ausbildungsjahr. Viele Stellen sind schon weg. Doch es gibt noch Restplätze.

Es ist nicht viel los an diesem sonnigen Mittwoch in der Friedrichstraße 39, dort wo man sich über Berufe informieren und Stellen suchen kann. Kaum jemand hat sich in das Berufsinformationszentrum der Arbeitsagentur in Mitte verirrt. Die Stühle vor den Terminals sind leer. Nichts von Endspurt zu spüren. Dabei sind es nur noch zwei Wochen, bis das neue Ausbildungsjahr startet.

Vor einem der Regale mit Informationsbroschüren steht die 19-jährige Sophia. „Ich weiß noch nicht, was ich machen soll“, sagt sie. Sie hat gerade das Abitur geschafft und eigentlich plant sie, Psychologie zu studieren. Aber ihr Durchschnitt ist nicht besonders gut. „Bis ich einen Studienplatz bekomme, das kann dauern“, sagt sie. Jetzt muss sie die Wartesemester überbrücken. Doch wie? Eine Ausbildung machen? Als Au-pair-Mädchen ins Ausland gehen? Erst mal jobben, um etwas Geld zu verdienen? Sie lächelt unsicher, denn sie weiß: Die Zeit wird knapp.

Mit etwas Glück hat sie aber durchaus noch Chancen – auch auf einen Ausbildungsplatz. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Jugendlichen, die leer ausgingen, kontinuierlich gesunken. Für 2009 geht es offenbar ähnlich gut weiter: „So wie es bisher aussieht, scheint sich die Wirtschaftskrise auf das Lehrstellenangebot in Berlin nicht auszuwirken“, sagt Gerd Woweries von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin. Die Unternehmen haben bisher fast so viele Ausbildungsverträge unterzeichnet wie zur selben Zeit im vergangenen Jahr. Auch der Geschäftsführer der Handwerkskammer, Ulrich Wiegand, ist zuversichtlich: „Auf unserer Online-Stellenbörse listen wir mehr als 140 Angebote und damit sogar fast doppelt so viele wie Mitte Juli 2008.“

Zwar sind die Bewerbungsverfahren bei vielen Unternehmen inzwischen abgeschlossen. Doch einige Ausbildungen beginnen erst zum 1. September oder zum 1. Oktober. Da lohnt es sich durchaus noch, eine Bewerbung einzutüten. Und es gibt Restplätze, die noch nicht besetzt wurden. Weil Bewerber abgesprungen sind oder Arbeitgeber sich kurzfristig entschlossen haben, doch noch einen Ausbildungsplatz auszuschreiben. Oder weil Firmen noch keinen geeigneten Kandidaten gefunden haben. Auch der Geburtenknick nach der Wende macht sich bemerkbar. Die Anzahl der Bewerbungen sei in den vergangenen Jahren erheblich zurückgegangen, berichtet etwa Elisabeth Brinkmann-Dagci. Sie leitet das Bewerbungsbüro des Klinikkonzerns Vivantes.

Doch wie findet man die noch offenen Stellen? Bei welchen Firmen, in welchen Berufen sind die Bewerbungsfristen noch nicht abgelaufen, so dass es noch Sinn macht, seine Unterlagen einzusenden? Wer hilft weiter?

„Wer noch keinen Ausbildungsplatz gefunden hat, der sollte sich spätestens jetzt bei der Agentur für Arbeit registrieren lassen“, empfiehlt der Sprecher der Agentur Berlin-Brandenburg, Olaf Möller. So könne die Agentur gegebenenfalls eine Stelle vermitteln. „Hat man es auf eigene Faust probiert und es landen immer nur Absagen im Briefkasten, sollte man einen Berater aufsuchen“, empfiehlt Möller. Der hilft dabei, die möglichen Ursachen herauszufinden. Reichen die Noten für den Wunschberuf nicht aus? Ist die Bewerbung okay? Welche Jobalternativen bieten sich an? Gemeinsam kann man neue Perspektiven erarbeiten – und noch für dieses Jahr etwas finden.

„Wer noch unversorgt ist, sollte keinesfalls aufgeben“, rät Möller: „Auch in der Ferienzeit und danach werden noch Lehrstellen vermittelt.“

Die meisten freien Stellen gibt es laut Arbeitsagentur noch in der Dienstleistungsbranche, dem größten Wirtschaftszweig der Stadt. Gute Chancen haben etwa Jugendliche, die eine Büroausbildung oder eine kaufmännische Ausbildung machen wollen, die sich für den Beruf Koch, Mechatroniker, Fachverkäufer für Lebensmittelhandwerk (Bäckerei/Konditorei) oder Restaurantfachfrau/mann interessieren.

Gerade kleinere und mittelständische Unternehmen stellen noch ein. Mit Hilfe der Stellenbörse der Handwerkskammer etwa suchen sie noch Anlagenmechaniker, Konditorei-Fachverkäufer, Hörgeräteakustiker und Elektroniker.

Für die Abiturientin Sophia ist da allerdings nichts dabei. Es gebe wenige Ausbildungsberufe, die für ein Psychologiestudium sinnvoll seien, habe ihr der Berater der Arbeitsagentur mitgeteilt. „Ich überlege jetzt auch, ob ich anstatt einer Ausbildung erst einmal etwas anderes studiere“, sagt sie.

Wer sich jedoch bei den großen Arbeitgebern in Berlin bewerben will, für den ist der Zug so gut wie abgefahren. Beim Energieriesen Vattenfall und der Berliner Stadtreinigung (BSR) gibt es allenfalls einzelne Reststellen. Auch beim Pharmakonzern Bayer Schering sind die Vorstellungsrunden für 2009 längst abgeschlossen. „Bewerbungen für den Herbst müssen in der Regel bis zum 31. März eingegangen sein“, sagt Sprecherin Gabriele Liebmann-El-Badry. Für den öffentlichen Dienst kann man es nur noch für die nächste Runde probieren: Die Bewerbungsfrist für 2010 startet in diesem Herbst. Der Klinikkonzern Vivantes nimmt das ganze Jahr über Bewerbungen für die Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger an. Nächster möglicher Start ist aber erst am 1. April.

Doch Ausnahmen bestätigen die Regel. Die Deutsche Bahn sucht zum 1. September und 1. Oktober noch Gleisbauarbeiter, Mechatroniker und Elektroniker. Auch für das duale Studium Elektrotechnik, das zum 1. Oktober startet, sind noch Plätze frei. Das dürfte eine der letzten Gelegenheiten für Jugendliche sein, Studium und Arbeit im Unternehmen zu verbinden: In der Regel beginnt nämlich auch dafür die Bewerbungsfrist im Herbst des Vorjahres. Dennoch kann es sich lohnen, die Webseiten der Anbieter nach „Restposten“ zu durchsuchen. (Zum Beispiel: www.hwr-berlin.de/index.php?id=18 63 oder www.fom.de)

Die Abiturientin Sophia wird sich demnächst bei einer Catering-Firma vorstellen. Wird sie genommen, überbrückt sie ihre Wartezeit wohl erst einmal mit jobben . Und wird dann weitersehen.

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