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Jobs & Karriere: Eine Frage des Geldes

Die Beratung vermögender Privatkunden zählt zu den exklusivsten Berufen im Bankwesen. Wegen der Krise der letzten Jahre fehlt den Banken aber der Nachwuchs. Jetzt sucht die Branche gezielt nach Uni-Absolventen mit Persönlichkeit

Zu Beginn sah es nicht danach aus, als ob Sandra Busch (Name geändert) die Qual der Wahl haben sollte. Eine Bewerbung nach der anderen schickte sie los und bekam nur Absagen zurück. Ihr Ziel, ein Job im Private Banking, der Beratung vermögender Privatkunden, schien weiter entfernt denn je. Trotz ihrer Erfahrung. Busch, 30, hatte bereits einige Zeit im Vertrieb von Finanzdienstleistern gearbeitet und gerade ihr Studium zum Financial Planner beendet. Dann aber wendete sich das Blatt. Sie erhielt gleich mehrere Angebote, darunter eine Stelle in ihrem Traumbereich, bei einer großen Bank. Ohne zu zögern nahm sie das Angebot an.

Sandra Busch ist kein Einzelfall. Erfahrene Berater können sich derzeit die attraktivsten Jobs herausfischen. Nach jahrelangem Stellenabbau fehlt den Banken der qualifizierte Nachwuchs. Daher bekommen immer öfter auch Hochschulabsolventen und Berufseinsteiger die Gelegenheit, die reiche Klientel bei der Geldanlage zu beraten. Bislang führte der klassische Karriereweg eines Private Bankers selten über die Universität. Nach der Banklehre ging es meist in die Betreuung der „normalen“ Privatkunden. Wer sich dort bewährte, wurde weitergebildet. Heute schicken die Geldinstitute ihre Berater auch für ein berufsbegleitendes Studium auf Hochschulen oder Finanzakademien. „In diesem Bereich ist die Akademiker-Quote bisher unterdurchschnittlich“, sagt Rolf Tilmes, Honorarprofessor an der European Business School (EBS) und Leiter der EBS Finanzakademie. „Daher ist die Einstellung von Hochschulabsolventen sehr zu begrüßen.“

Welche Kunden ein Fall fürs Private Banking oder Wealth Management sind, variiert von Bank zu Bank. Meist fallen darunter Kunden, die ein Anlagevolumen von mindestens einer halben bis einer Million Euro mitbringen. Bei manchen Anbietern dürfen sich aber auch schon Kunden mit einem Vermögen von 100 000 Euro zur erlesenen Klientel zählen. Jedenfalls geht es um viel Geld, dass den Beratern anvertraut wird – das macht den Reiz dieses Jobs aus.

Bislang verlangten die Banken meist eine gehörige Portion Erfahrung. Schließlich zählt das Private Banking zu den Königsdisziplinen im Kundendienst. Wegen der Krise an den Finanzmärkten nach der Jahrtausendwende hatten die als sicher geltenden Banken zahlreiche Arbeitsplätze und die Ausbildung zusammengestrichen. „Der Markt für Berater mit zehnjähriger Berufserfahrung ist aktuell leergefegt“, sagt Andreas Richter, Rechtsanwalt bei P+P Pöllrath und Partners in Berlin. Nun haben die Geldinstitute erkannt, dass sie wieder verstärkt Nachwuchskräfte heranziehen müssen.

Der Job-Boom hat noch weitere Ursachen. Zum einen belebt der wirtschaftliche Aufschwung das Geschäft mit den vermögenden Privatkunden. Andererseits wirkt sich der demographische Wandel aus. Die wohlhabende Mittelschicht, also leitende Angestellte bis hin zu Unternehmern, will fürs Alter vorsorgen. Die staatliche Rente reicht kaum mehr, um den Lebensstandard zu halten, der private Vermögensaufbau spielt daher eine immer größere Rolle. Wer es sich leisten kann, holt sich professionelle Beratung bei den großen Geschäfts- und Privatbanken. Und die brauchen neues Personal für diesen Service. „Wir beobachten im Private Banking eine um 20 bis 25 Prozent gestiegene Nachfrage nach Mitarbeitern“, sagt Karl-Joachim Brand, Regional Manager für den Frankfurter Raum bei der Personalberatung Robert Half International.

Hochschulabsolventen haben die Möglichkeit, in Trainee-Programmen oder als Junior-Berater die Grundlagen des Private Banking zu erlernen. Die Hypovereinsbank beispielsweise stellt für die Bereiche Private Banking und Wealth Management 40 Trainees pro Jahr ein. Auch J.P Morgan stockt kräftig auf und plant, 2008 rund 60 neue Analysten zu rekrutieren. Die Deutsche Bank wiederum heuert in ihrem Privatkundenbereich über das laufende Jahr 65 Trainees an.

Meist assistieren die Junioren zunächst den erfahrenen Beratern und gehen mit ihnen in die Gespräche. „Dabei lernt man die Kunden kennen und erfährt, wie solche Gespräche ablaufen“, sagt Constanze Hinlein, Junior-Beraterin beim Bankhaus Lampe in der Filiale München. Zudem entwerfen die Nachwuchsberater Präsentationen, entwickeln Anlagestrategien und Konzepte für die Beratungen. Die 29-Jährige hat an der Fachhochschule Regensburg einen dualen Studiengang in Betriebswirtschaft absolviert. Die erste Hälfte ihrer Uni-Zeit verbrachte sie in Regensburg, dann studierte sie an der Oxford Brookes University in England.

Das Bankgeschäft lernte sie unter anderem während eines Praktikums bei ihrem jetzigen Arbeitgeber Bankhaus Lampe kennen. Schon in ihrer Diplomarbeit beschäftigte sich Hinlein mit dem Spezialbereich Private Banking. Ihre Trainee-Ausbildung absolvierte sie im Privatkundengeschäft der BayernLB, kehrte danach aber wieder zum Bankhaus Lampe zurück und übernahm eine Assistenz in der Beratung vermögender Privatkunden.

„Am Anfang bekam ich natürlich noch viel Anleitung“, sagt Junior-Beraterin Constanze Hinlein. Aber bereits nach einem Jahr führte sie selbst Gespräche mit den Kunden. „Man muss viel Geduld mitbringen und sehr gut zuhören können.“ Zu Beginn sei es schwieriger gewesen, den Kunden gegenüber überzeugend aufzutreten und selbstsicher zu erklären, wie diese ihr mehrere hunderttausend Euro großes Vermögen anzulegen haben. Aber nach einiger Zeit gewinne man Routine und lasse sich auch von kritischen Nachfragen nicht durcheinander bringen, sagt Hinlein.

„Man muss Menschen zu nehmen wissen“, sagt auch Sandra Busch. Denn die Berater müssen auf die mitunter wechselnden Wünsche der Kunden eingehen können und mit etwaigen Launen fertig werden. „Deshalb fragen die Banken bei der Kandidatensuche neben den handfesten Kenntnissen auch Soft Skills ab“, sagt Personalberater Brand. Dazu gehört die Fähigkeit, sich selbst und Produkte zu präsentieren, auf das Gegenüber einzugehen und zugleich kompetent und überzeugend zu wirken – sprich: Die Bewerber sollten eine Verkäuferpersönlichkeit haben. „Die Banken haben die Bedeutung dieser Kompetenzen erkannt", sagt Brand. Sie schicken ihre Mitarbeiter zu Trainings, in denen sie das eigene Auftreten und Beratungsgespräche üben. „Teilweise kann man diese Eigenschaften trainieren, aber man muss natürlich auch eine entsprechende Persönlichkeit mitbringen“, so der Headhunter. „Eine gewisse Lebenserfahrung sollte man schon vorweisen, da die Kunden oft älter sind“, findet auch Beraterin Busch.

Am Anfang ihrer Karriere bekommen die Vermögensberater meist entweder jüngere Kunden, die beispielsweise gerade Vermögen geerbt haben, oder ältere Ehepaare, die ihre Vermögensplanung gelassener angehen können. „In ein Beratungsgespräch mit einem 50-Jährigen, mit allen Wassern gewaschenen Unternehmer kann man keinen frisch von der Uni kommenden Berater schicken“, sagt Rolf Tilmes von der European Business School. „In dieser Branche spielt Seriosität eine wichtige Rolle“, erklärt Andreas Richter.

Der Rechtsanwalt organisiert zusammen mit der Uni Münster den Aufbaustudiengang „Private Wealth Management“. Das berufsbegleitende Master-Studium beginnt erstmals in diesem Oktober. Außerdem bieten die EBS Finanzakademie und die Frankfurt School of Finance & Management anerkannte Bildungsprogramme für Private Banker in spe. Die Studiengebühren übernehmen in vielen Fällen die Arbeitgeber – zumindest zum Teil. In den Aufbaustudiengängen sollen die angehenden Vermögensberater ein theoretisches Fundament erhalten, auf das sie in der Praxis aufbauen können. Die Berater müssen sich nicht nur in der Welt der Finanzprodukte sehr gut auskennen. Auch in Fragen des Steuer- und Erbrechts sollten sie fit sein.

Sandra Busch hat ihr zusätzliches Studium zum Financial Planner jedenfalls sehr viel gebracht: den ersehnten Job als Private Banker.

Beitrag aus dem Karrieremagazin

Sebastian Ertinger

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