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Energieberater: Zweites Standbein

Fachkraft für den Umweltschutz: Ingenieure sowie Architekten und Techniker aus der Baubranche können sich zum Energieberater fortbilden.

Rita Heß hat sechs Jahre Pause gemacht. Als ihr Sohn zwölf wurde, wollte die Bauingenieurin dann wieder in den Beruf einsteigen. Beim Arbeitsamt fiel ihr eine Broschüre in die Hand, in der eine Weiterbildung zum Energieberater angeboten wurde. Die 54-Jährige zögerte nicht lange. „Ich habe mich schon immer für Umweltschutz interessiert“, sagt sie. Sie meldete sich bei der Privatschule City-Seminar an und lernt jetzt wieder Bauphysik, Rechnen und Energieeinspargesetze. Nach sechs Monaten kommt die Prüfung, dann ist Rita Heß staatlich geprüfte Gebäude-Energieberaterin.

Die Chancen stehen gut, dass sie mit der Zusatzqualifikation Erfolg hat. Die Heizkosten steigen, das Umweltbewusstsein wächst und außerdem ist ab Ende September die zweite Frist für den Energiepass verstrichen, der im Rahmen der Energieeinsparverordnung (Enev) auf den Weg gebracht wurde: Wer ein Haus kauft oder eine Wohnung mietet, die 1965 gebaut wurde oder noch älter ist, kann vom Inhaber jetzt einen Energiepass verlangen, der über den Energiebedarf beziehungsweise den Energieverbrauch eines Gebäudes Auskunft gibt. Energieberater stellen den neuen Pass aus. Doch das ist nicht alles, was zu ihren Aufgaben gehört. Sie geben Hausbesitzern Sanierungstipps, machen Kostenvoranschläge und informieren über staatliche Förderungen.

„Energieberatung ist eine Wachstumsbranche“, sagt Erik Benkendorf von der Bundesagentur für Arbeit. „Es gibt eine große Anzahl offener Stellen in diesem Bereich.“ Neben einem Angestelltenverhältnis in Firmen oder Planungsbüros haben die Energieberater die Möglichkeit, selbstständig zu arbeiten. In zahlreichen Fortbildungen können sich Ingenieure, Architekten, Handwerker sowie Techniker mit Berufserfahrung im Bauwesen das notwendige Knowhow aneignen. Wer sich neben dem Job weiterbilden will, kann das in Wochenendkursen. Für Wiedereinsteiger wie Rita Heß gibt es Vollzeitkurse. Vier Monate Weiterbildung sind Minimum. Wer zwei Monate dran hängt, kann sich zusätzlich im Bereich Alternativer Energien qualifizieren.

„Ich möchte etwas tun, das sich gut mit der Familie vereinbaren lässt“, sagt die 54-jährige Bauingenieurin Heß. Früher arbeitete sie als Projektleiterin, war ständig auf Baustellen unterwegs. Nun reizt sie die Möglichkeit, sich selbstständig zu machen und sich zuhause eine Art Büro einzurichten.

Die Kosten für die Kurse werden oft gefördert. Die Fortbildung von Rita Heß etwa bezahlt das Arbeitsamt komplett über einen Bildungsgutschein. „Wir besprechen mit dem Kunden, welche Inhalte die Fortbildung umfassen soll. Dann sucht er sich den Träger selbst aus“, erklärt Benkendorf. Da der Kurs, den Heß ausgewählt hat, in Vollzeit stattfindet, nehmen daran vor allem Arbeitslose oder Wiedereinsteiger wahr.

Nach bestandener Prüfung kann sich die Bauingenieurin in die Liste des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) aufnehmen lassen – und staatlich geförderte Vor-Ort-Beratungen durchführen. Lässt er sich außerdem parallel bei der Deutschen Energie-Agentur registrieren, hat er die Möglichkeit, nicht nur Eigentümern von Wohnhäusern, sondern auch von Nicht-Wohngebäuden zu beraten. Vor allem dieser Bereich, glaubt Heß, könnte ein finanziell einträgliches Geschäft werden.

Zwar kann sich theoretisch jeder Energieberater nennen. Die Berufsbezeichnung ist nicht geschützt. Doch um im Namen der beiden Behörden arbeiten zu können, muss man eine Ausbildung mit staatlich anerkanntem Abschluss absolvieren. Zudem darf man nicht bei einer Handwerksfirma angestellt sein und muss seine Unabhängigkeit nachweisen. Das spielt gerade für Handwerker eine Rolle. Die Handwerkskammer gibt über die speziellen Bedingungen Auskunft.

Auch die Architektenkammern und die TÜV Akademie bieten Fortbildungen zum Energieberater an. Daran können auch Handwerksmeister teilnehmen. Die Weiterbildung der TÜV-Akademie richtet sich vor allem an Beschäftigte. Eine Woche Blockunterricht wechselt sich mit einer freien Woche ab, insgesamt dauert der Lehrgang maximal ein viertel Jahr. Er kostet bis zu 4000 Euro, kann aber über die Arbeitsagentur gefördert werden.

Obwohl Handwerker in der Regel keine Energieausweise ausstellen dürfen, werden auch die Schulungen der Handwerkskammern gut besucht. „Es geht vielen darum, ihre Kunden in Energiefragen besser beraten zu können“, so Fred Rinas, Dozent bei der Handwerkskammer Berlin und stellvertretender Vorsitzender des Landesfachverbands der Bau- und Energieberater Berlin-Brandenburg. Die Kurse finden an zwölf Wochenenden statt, so dass die Fortbildung gut für Berufstätige zu schaffen ist. Am Schluss steht eine mündliche Prüfung. Wenn die bestanden ist, dürfen sich die Teilnehmer „Gebäudeenergieberater im Handwerk“ nennen. Anders als die Bauingenieurin Heß dürfen sie allerdings nur Eigentümer von Wohnhäusern beraten.

Anne Meyer

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