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Jobs & Karriere: Festplatte statt Werkzeugtasche

Meister und Gesellen lernen an der Handwerkskammer, mit neuen Technologien zu arbeiten

Schreinerhammer, Handhobel und Zollstock: Mit einfachen Werkzeugen kommen Handwerker in ihrem Beruf nicht mehr aus. Neue Technologien halten Einzug in die traditionellen Zünfte. Elektronische Kleinstgeräte helfen beim Ausmessen von Fensterrahmen, Zahnprothesen werden mittels Computertechnik hergestellt. Besonders im Tischlerhandwerk, in der Zahn- und Elektrotechnik müssen Handwerker umlernen. Die Berliner Handwerkskammer brachte daher als Mitbegründer das „Kompetenzzentrum Zukunftstechnologien im Handwerk“ (Komzet) auf den Weg. Dort sollen Meister und Gesellen für ihre berufliche Zukunft fit gemacht werden.

Einer von ihnen ist Oliver Kraenz. Der Tischler steht neben einem Lasermessgerät, in der Hand hält er einen PDA-Taschencomputer. Damit erfasst er alle Maße von Wänden, Türen, Ecken und Kanten. Zurück im Büro überträgt der Geselle die gesammelten Daten auf den Computer – und kann den Raum auf den Millimeter genau vermessen. Mühselige Kleinstarbeit erledigt der Computer auf Knopfdruck.

Was in dem Komzet-Kurs „Arbeiten mit Handhelds“ unterrichtet wird, ist in den seltensten Fällen schon gängige Praxis. In seinem Betrieb macht Oliver Kraenz immer noch Skizzen, wenn er ein Objekt vermessen soll und schreibt die gemessenen Daten mit dem Bleistift dazu. Nach den Erfahrungen in der Fortbildung möchte er seinen Chef jedoch überreden, in Zukunft mit den handtellergroßen Mini-Computern zu arbeiten.

„Das Handwerk muss schneller auf neue Technologien reagieren“, sagt der Projektleiter Jost-Peter Kania. In kleinen und mittelständischen Betrieben bleibt dazu wenig Zeit. Und Hochschulen, die nahe am Ball sind, arbeiten in der Regel mit der Industrie zusammen. „Besonders wichtig ist uns, dass der Handwerker eine Adresse hat, an die er sich wenden kann“, sagt Kania „Technologie-Transfer, Beratung und Schulungen stehen bei uns im Mittelpunkt.“

Das Komzet arbeitet eng mit Wissenschaftlern zusammen. Im Bereich Zahntechnik startet das Kompetenzzentrum gemeinsam mit der Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik (GFaI) gerade ein neues Projekt: Zahntechniker sollen in Zukunft Pinsel und Pinzette zur Seite legen und mithilfe von 3D-Scannern präziser, einfacher und schneller arbeiten. Die GFaI stellt die Technik, das Komzet entwickelt passende Kurse. Zum Beispiel zu den Themen „Digitale Mundfotografie“ oder „Dental Imaging – Grundlagen mit Photoshop“. Mithilfe der Bildbearbeitungs-Software können Zahntechniker die Farben von Kronen oder Protesten am Rechner ändern, bevor die Produktion beginnt. Keine leichte Übung: Das Programm ist komplex. „Weil digitale Technik bisher weder in der Ausbildung gelehrt, noch von den Kassen bezahlt wird, ist sie noch kein Standard in den Betrieben,“ sagt Oliver Peitz, Zahntechnikermeister und im Komzet verantwortlich für den Bereich Zahntechnik.

Die Fortbildungen für Tischler und Zahntechniker dauern mindestens einen Tag, teilweise auch eine Woche. Die Preise variieren: Zwischen 70 Euro und 400 Euro müssen die Teilnehmer an den Kursen der Berliner Handwerkskammer zahlen. Workshops über neue Technologien für Zahntechniker bieten auch private Bildungsträger an: Das Philipp-Pfaff-Institut in Berlin-Wilmersdorf zum Beispiel hat ein- bis zweitägige Workshops über Implantat-Technologien im Programm. Mit Gebühren zwischen 250 und 500 Euro sind die Angebote jedoch teurer als an der Handwerkskammer. Bei kostenlosen Schulungen, wie sie manche Anbieter versprechen, ist Skepsis angebracht: Die Kurse werden oft von Herstellerfirmen gesponsert, die ihre Produkte vermarkten wollen.

Doch nicht nur Zahntechniker und Tischler profitieren von neuen Technologien: Auch das KFZ-Handwerk und die regenerative Energietechnik sei ständig im Umbruch, sagt Rainer Becker vom Zentralverband des deutschen Handwerks. Die ersten Kurse für Elektrotechniker starten am Komzet im September. Ein Schwerpunkt ist das Thema „Erneuerbare Energien“: Die Handwerker lernen, mit technischen Neuerungen in Photovoltaikanlagen, Blockheizkraftwerken sowie mit dem Aufbau von Brennstoffzellen umzugehen. Neue Technologien bei der Wartung von Windenergieanlagen und intelligente Gebäudemanagementsysteme stehen zukünftig ebenfalls im Lehrplan.

Ellen Köhrer

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