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KARRIERE Frage: an Jürgen Hesse Büro für Berufsstrategie

Soll ich aus dem Urlaub kündigen?

Hilfe! Nach über zwei Jahren Dauerstress und Unglück im Job denke ich jetzt im Urlaub sehr ernstlich darüber nach, meine Stelle zu kündigen. Eigentlich möchte ich überhaupt nicht mehr an meinen alten Arbeitsplatz zurück. Ist das verrückt?

Um es gleich vorweg zu sagen: Verrückt klingt das nicht, außergewöhnlich schon eher. Der Frust und Stress, angesammelt in der Arbeitszeit vor Ihrem Urlaub, wird selten in den so genannten schönsten Wochen des Jahres abgebaut oder verschwinden einfach so. Schön wärs, aber ganz im Gegenteil: Jetzt endlich können sich Körper und Seele für die lange Zeit des Geschundenwerdens rächen. Etwa so, wie in dem sprichwörtlichen Bild: Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch.

Jetzt, wo Sie sich in der nahezu stressfreien Zeit erleben, treten die vorher noch mühsam im Zaum gehaltenen Gefühle doppelt und dreifach so stark hervor, kommen heraus aus dem sorgsam verriegelten Kerker Ihrer Seelentiefe. Oftmals werden Menschen aus diesem Grund gerade im Urlaub krank. Bei Ihnen sind es nur die Ideen, die sich jetzt in Ihrem Kopf breit machen und Sie nicht an den alten, mit Leid und Schmerz verbundenen Arbeitsplatz, zurückkehren lassen wollen. Sie selbst merken ja, da stimmt etwas nicht: Nicht nur Dauerstress und Unglück über eine sehr lange Zeit lassen darauf schließen, sondern auch jetzt Ihre „Fluchtphantasien“ (Ich geh mal eben Zigaretten holen, sagte der Mann und schrieb Monate später seiner Frau eine Karte: Mach Dir keine Sorgen …).

Nun: Sorgen sollten Sie sich schon machen! Nämlich um sich selbst. Nehmen Sie Ihren Zustand, Ihre Lustlosigkeit ernst. Das sollte jedoch besser nicht zu einer Spontankündigung führen – wenngleich es auch Fälle gibt, in denen selbst diese Form der Bewältigung angezeigt erscheint.

Hilfreicher ist es aber sicherlich, Ihre Gefühle ausführlich zu besprechen. Mit dem Lebenspartner, engen Vertrauten und gegebenenfalls professionellen Berufsberatern. Im gemeinsamen Gespräch können die Hintergründe und Möglichkeiten besser beleuchtet werden, als Sie es vielleicht allein bewerkstelligen können. Fragen nach dem Warum helfen, einen ersten guten Gesprächseinstieg zu finden und neue Wege zu entdecken: Was befürchten Sie? Was müsste geschehen, damit Sie wieder gerne zurückkehren? Was erhoffen Sie sich, kurz- mittel- und langfristig? Welche Perspektiven sehen Sie? Werden Sie aktiv und nutzen Sie Ihre Unzufriedenheit zu einer für Sie zufriedenstellenden Veränderung. Dazu wünsche ich Ihnen allen Erfolg!

– Haben Sie auch eine Frage?

Dann schreiben Sie uns:

E-Mail:

Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

an Jürgen Hesse

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