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KARRIERE: Frage an Martina Perreng Arbeitsrechtlerin beim DGB

Ich bin seit über 20 Jahren in meiner Firma beschäftigt. Im letzten Sommer hatte ich einen lautstarken Streit mit einem Kollegen. Deswegen sind wir beide von unserem Arbeitgeber abgemahnt worden. Wegen Auftragsmangels stehen jetzt Kündigungen bei uns an. Ich habe nun Angst, dass ich wegen der Abmahnung als einer der ersten entlassen werde. Ist das so?

Eine Kündigung setzt grundsätzlich voraus, dass der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund hat. Nach dem Kündigungsschutzgesetz, das in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern und nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit gilt, wird zwischen betriebsbedingten, personen- und verhaltensbedingten Kündigungsgründen unterschieden. Ihre Frage betrifft in erster Linie die betriebsbedingte, und – wegen der Abmahnung – auch noch die verhaltensbedingte Kündigung.

Soll eine betriebsbedingte Kündigungen wegen Auftragsmangel ausgesprochen werden, müssen dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen: Der Auftragseinbruch muss so schwer wiegen, dass auf absehbare Zeit die Beschäftigungsmöglichkeit für einen Teil der Mitarbeiter wegfällt. Dann muss der Arbeitgeber von den Mitarbeitern, die in dem betroffenen Bereich tätig sind, diejenigen zuerst kündigen, die sozial am wenigstens schutzwürdig sind. Dabei sind die Betriebszugehörigkeit, das Alter, die Unterhaltspflichten und eine eventuelle Schwerbehinderung zu berücksichtigen.

Er darf dabei die einzelnen Kriterien zwar unterschiedlich gewichten, aber keines völlig außer acht lassen oder unangemessen niedrig bewerten. Wenn Sie schon über 20 Jahre in dem Betrieb arbeiten, spricht einiges dafür, dass Kollegen, die kürzer beschäftigt sind, vor Ihnen gekündigt werden müssen. Es sei denn, andere Mitarbeiter sind wegen ihres deutlich höheren Alters oder größerer Unterhaltsverpflichtungen schutzwürdiger.

Die Abmahnung wäre nur bei einer verhaltensbedingten Kündigung relevant. Dies würde aber voraussetzen, dass Sie erneut an einer Streitigkeit beteiligt waren, sich also durch die Abmahnung von weiterem Fehlverhalten nicht haben abhalten lassen. Dann könnte Ihr Fehlverhalten so schwer wiegen, dass dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Da es dafür aber offenbar keine Anhaltspunkte gibt, müssen Sie sich wegen der Abmahnung keine Sorgen machen.

Sollte es in Ihrer Firma einen Betriebsrat geben, muss der Arbeitgeber diesen vor jeder Kündigung anhören und mit ihm gegebenenfalls über einen Interessenausgleich und Sozialplan verhandeln. Die Voraussetzungen dafür sind im Betriebverfassungsgesetz geregelt.

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Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

an Martina Perreng

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