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KARRIERE Frage: Einen schlechten Job annehmen?

Nachgefragt bei Jürgen Hesse, Büro für Berufsstrategie

Ich bin schon seit eineinhalb Jahren ohne Job. Endlich habe ich jetzt über einen Bekannten ein Angebot. So ganz trifft das aber nicht mein Profil, ich bin überqualifiziert und außerdem entspricht die Arbeit nicht wirklich meinen Vorstellungen. Soll ich trotzdem zusagen?

Eine nicht ganz leichte Entscheidung, wie Sie sicher selbst spüren. Eineinhalb Jahre ohne Arbeitsplatz bleiben nicht ohne Auswirkungen und führen leicht dazu, dass man unsicher wird. Früher hätten Sie wahrscheinlich abgelehnt mit der Begründung, Ihr Leistungsprofil und Ihre Anforderungen an die Aufgabe und den Arbeitsplatz lägen zu weit auseinander. Jetzt sind Sie unsicher, ob Sie es sich überhaupt noch leisten können, „Nein danke!“ zu sagen. Verständlich! Vielleicht würde sogar Ihr Bekannter, der sich für Sie bemüht hat, Ihre Absage nicht nachvollziehen können oder sogar gekränkt sein. Und doch: Ein fauler Kompromiss kann schnell der Anfang vom Ende sein. Denn: Haben Sie keinen Erfolg beim neuen Arbeitgeber, stellen sich (un-)bewusst ungeschickt an und verlieren den Job schneller, als es für die Darstellung Ihres beruflichen Werdegangs zuträglich ist, dann stehen Sie noch schlechter da. Mancher Personalentscheider mag daraus ableiten: abermals gescheitert. Oh weh, das kann ganz schön an Ihrem Selbstbewusstsein nagen.

Aber darauf kommt es besonders an – auf Ihr Selbstvertrauen. Ihr Glaube an Ihre Selbstwirksamkeit ist ein wichtiges Kapital, wenn nicht sogar die Grundlage für Ihren zukünftigen Erfolg in der Arbeitswelt. Das sollten Sie nicht leichtfertig verspielen. Nicht zu vergessen: Ein neuer Arbeitgeber schaut immer auch, von welcher Position aus Sie sich bewerben. Je größer der Unterschied an Verantwortung oder Hierarchieebene, je deutlicher sich der aktuelle vom zukünftigen Arbeitsbereich unterscheidet, desto schwerer fällt es dem Personalentscheider, dem Bewerber eine Chance zu geben. Für zukünftige Bewerbungen gilt es also auch das zu berücksichtigen.

Andererseits: Für so lange Zeit ohne Job zu sein, ist kein guter Zustand. Auch das schwächt Ihre Position, aus der heraus Sie sich jetzt bewerben. Wie lange halten Sie das noch durch? Wie viel Hoffnung haben Sie, schon bald etwas Passenderes zu finden? Ist das realistisch?

Vielleicht kann Ihnen ein kompetenter Berater helfen. Das Sprichwort vom Wald, den man vor lauter Bäumen nicht sieht, ist ein gutes Bild für Ihre Situation. Vielleicht kann das professionelle Gespräch bewirken, den Wald wieder als Ganzes wahrzunehmen. Am Wichtigsten jedoch: nicht aufgeben. Sie stehen bestimmt kurz vorm Ziel, so oder so.

– Haben Sie auch eine Frage?

Dann schreiben Sie uns:

E-Mail:

Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

an Jürgen Hesse

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