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Karriere im Doppelpack: Nicht ohne meinen Partner

Deutsche Hochschulen und Unternehmen werben nicht länger nur um die besten Köpfe, sondern sorgen sich auch um deren Partner.

Paul und Ann-Kristin Achleitner sind das Vorzeigemodell eines modernen und erfolgreichen Ehepaares. Er, 53, ist seit 2000 Finanzvorstand bei der Allianz in München. Sie, 44, erhielt 2001 eine Professur für Unternehmensfinanzierung an der Technischen Universität der bayerischen Metropole. Zwei Kinder haben sie auch. Karriere im Gleichschritt – und das auch noch in derselben Stadt. Das ist selten. Noch. Doch das soll sich ändern.

Deutsche Hochschulen und Unternehmen werben nicht länger nur um die besten Köpfe, sondern sorgen sich auch um deren Partner. 50 Karriere-Beratungszentren gibt es mittlerweile an deutschen Universitäten, und Konzerne wie Bosch und Siemens haben das Thema erkannt. Und das hat auch seinen Grund. Wie ein Blick in die Top-Etagen der Wirtschaft zeigt, basiert Erfolg auch auf der Einheit von Beruf und Familie. Im Jahr 2008 etwa waren einer Untersuchung der Personalberatung Odgers Berndtson zufolge alle Vorstandschefs von Dax-Konzernen verheiratet und hatten mindestens ein Kind.

Von einem Karriere-Beratungszentrum profitiert hat schon Andrij Pich. Der 35-jährige gebürtige Ukrainer forscht als Chemie-Professor seit knapp einem Jahr am Institut für Technische Chemie der RWTH Aachen. Zuvor lebte und arbeitete er in Dresden und Toronto.

Der Karriere seiner Frau Olena hat der Umzug beruflich nicht geschadet. Über den Dual Career Service (DC), ein Beratungsteam der Aachener Hochschule für die Lebens- oder Ehepartner von Wissenschaftlern, bekam auch die Zahnmedizinerin schnell eine Stelle am Universitätsklinikum in Aachen. „Wir wollen keine Fernbeziehung mehr führen, sondern dort leben, wo wir beide unserem Beruf nachgehen können“, sagt Pich. Seit dem Start des Programms im Februar 2008 hat Projektleiterin Nicole Richter an der RWTH fast 140 Paare betreut, davon alleine 50 im ersten Halbjahr 2010. Sie informiert nicht nur über offene Stellen und interessante Arbeitgeber in der Region, sondern unterstützt auch bei der Suche nach Wohnungen, Schulen und Kindergärten oder organisiert Sprach- und Weiterbildungskurse. „Das Thema gewinnt in Berufungsverhandlungen an Bedeutung“, sagt der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes, Professor Bernhard Kempen – nicht zuletzt, weil deutsche Unis im internationalen Wettbewerb um Forscher stehen.

Nicht nur die Wissenschaft auch die Wirtschaft kümmert sich um ihre High Potentials. „Die Berufstätigkeit des Partners wird bei Entsendungen zunehmend thematisiert“, sagt Heidi Stock, Projektleiterin Chancengleichheit bei Robert Bosch. Der Stuttgarter Technologiekonzern hat rund 1700 Expats unter Vertrag. Eine Mitarbeiterbefragung ergab, dass sich viele Partner mehr Unterstützung bei der Stellensuche im Gastland wünschen. Immerhin sind vor der Entsendung vier von fünf selbst berufstätig, rund ein Drittel bezeichnet die eigene Karriere als gleichwertig. Auch bei der Besetzung von Führungspositionen in Deutschland will Bosch Karrieren im Doppelpack künftig stärker unterstützen.

DC-Netzwerke an Hochschulen wie Aachen, Stuttgart oder München kommen da gerade recht: Der Dual Career Service der TU München hat beste Kontakte in die Wirtschaft. Dazu zählen Forschungseinrichtungen wie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, die Fraunhofer Gesellschaft oder das Helmholtz Zentrum München, aber auch Konzerne wie Siemens, Infineon, die Allianz, Bionorica, Audi oder BMW.

Rainer Schmidt-Rudloff, der Leiter Talent-Marketing bei Infineon ist, bringt es auf den Punkt: „Wir unterstützen das Dual Career Network der TUM München, weil wir als Technologieunternehmen selbst davon profitieren, wenn Spitzenwissenschaftler nach München kommen und hier unseren Nachwuchs ausbilden.“ Eine Jobgarantie geben Dual Career Center allerdings nicht. Und vielerorts gilt das ungeschriebene Gesetz, Paare möglichst nicht gemeinsam einzukaufen und nicht am gleichen Institut zu beschäftigen, um den Verdacht von Vetternwirtschaft zu vermeiden. Das Personal der DC-Center muss deshalb außerhalb der Hochschule gut vernetzt sein.

„Ich bin der Türöffner“, sagt Selma Speith-Kölbl, die seit August 2009 das DC-Angebot an der Universität Stuttgart aufbaut und dafür Kontakte zu Unternehmen wie Festo, Porsche, KPMG oder Bosch geknüpft hat. Gibt es dort eine interessante Position zu besetzen, weiß es die Netzwerkerin schon früh. (HB)

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