zum Hauptinhalt

Karrierefrage: Darf der Ex-Chef Daten verraten?

Nachgefragt bei Anja Mengel, Fachanwältin für Arbeitsrecht.

Ich bin seit 1992 HIV-positiv. Seit 1996 weiß mein Arbeitgeber davon. Jetzt hat mein ehemaliger Chef, der vor kurzem in Rente ging, einer ehemaligen Kollegin, die nach wie vor engen Kontakt zu heutigen Kollegen von mir hält, davon erzählt. Das hat mich verärgert. Schließlich liegt mir daran, dass meine Krankheit mit Verschwiegenheit behandelt wird. Kann ich gegen meinen ehemaligen Chef vorgehen?

Ja, Sie können gegen ihn vorgehen. Ein Chef, der sensible Daten eines Arbeitnehmers wie Krankheitsdaten ohne sachliche Rechtfertigung einem Dritten mitteilt, auch wenn es sich um Kollegen handelt, verletzt erheblich seine arbeitsvertraglichen Pflichten zur Wahrung des Persönlichkeitsrechts des betroffenen Arbeitnehmers und gebenenfalls auch die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) zum Schutz personenbezogener Daten.

Arbeitgeber und bei größeren Unternehmen die zuständigen Mitarbeiter der Geschäftsleitung, der Personalabteilung oder direkte Vorgesetzte, die bei der Abwicklung eines Arbeitsverhältnisses Einblick haben in die persönlichen Daten eines Arbeitnehmers, sind verpflichtet, diese sensiblen Daten – soweit möglich – vertraulich zu behandeln.

Der Arbeitgeber muss etwa die Führung der Personalakten so organisieren, dass möglichst wenige Arbeitnehmer der Personalabteilung darauf Zugriff haben und die Akte beziehungsweise die elektronischen Daten auch physisch besonders gegen unbefugten Zugriff gesichert sind, zum Beispiel durch das Verschließen von Aktenschränken, elektronische Passwörter und so weiter. Besonders sensible Daten wie Angaben zum körperlichen oder seelischen Zustand des Arbeitnehmers müssen sogar getrennt von der allgemeinen Personalakte aufbewahrt und mit noch höherer Vertraulichkeit behandelt werden. Die Mitarbeiter, die im Rahmen ihrer betriebsorganisatorischen Aufgaben Kenntnis von besonderen personenbezogenen Daten anderer Mitarbeiter erlangen, unterliegen besonderen Verschwiegenheitspflichten. Diese Pflichten enden auch nicht mit der konkreten Tätigkeit oder dem Arbeitsverhältnis. Sie wirken auch danach fort.

Verletzt ein Geheimnisträger seine Verschwiegenheitspflicht, kann der Betroffene gegen die Person einen „Unterlassungsanspruch für die Zukunft“ geltend machen; bei massiven Verletzungen der Verschwiegenheitspflicht mit schwerem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht gegebenfalls einen Anspruch auf Schmerzensgeld.

In Ihrem Fall können Sie Ihren Ex-Chef mindestens schriftlich dazu auffordern, die Verschwiegenheit in Zukunft (besser) zu wahren.

Haben Sie auch eine Frage?
Dann schreiben Sie uns: E-Mail an Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false