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Jobs & Karriere: Kurz vorm Aufstieg

Rund 60 Unternehmen und Organisationen haben auf der Karrieremesse der Ila um Mitarbeiter geworben. Doch mit der Messe ist die Personalsuche nicht vorbei. Wer in der Branche gesucht wird und welche Qualifikationen man mitbringen sollte

Über ihre berufliche Zukunft müssen sich Anja Frey und Miriam Abdelmoula keine Sorgen machen: Sie studieren im vierten Semester Luft- und Raumfahrttechnik an der Universität Stuttgart. Und was sie dort lernen, ist zurzeit in der Luft- und Raumfahrtindustrie sehr gefragt. „An der Uni hören wir ständig, dass wir später gut unterkommen – und viel Geld verdienen“, sagt Anja Frey, die sich Ende Mai auf den Weg zur Karrieremesse der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (Ila) gemacht hat, um erste Kontakte zu Firmen zu knüpfen.

Tatsächlich ist der Bedarf an qualifizierten Fachkräften in der Branche hoch: Laut Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie werden über 4000 Ingenieure gesucht, dazu fehlt es an 2000 Facharbeitern. „Wir können nur jede zweite Stelle besetzen“, sagt Geschäftsführer Dietmar Schrick. Die Unternehmen müssen sich einiges Einfallen lassen, um Nachwuchs zu gewinnen. Dabei handelt es sich um keinen kurzfristigen Bedarf. Die Branche ist im Wachstum, die Auftragsbücher der Unternehmen sind für die nächsten Jahre gut gefüllt. Allein im Jahr 2007 machte die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie knapp 20 Milliarden Euro Umsatz.

Doch nicht nur an Facharbeitern und Ingenieuren mangelt es. Auch Piloten oder Flugbegleiter werden gesucht. Ein Rundgang auf der Karrieremesse zeigt, welche Jobs zu vergeben sind, welche Unternehmen Mitarbeiter suchen und welche Qualifikationen gebraucht werden.

FLUGGERÄTEMECHANIKER

Auch „ Rolls-Royce“ hat auf der Messe einen Stand. Das britische Unternehmen, das eher durch luxuriöse Autos bekannt ist, gehört zu den Marktführern bei der Herstellung von Flugzeugtriebwerken. Hergestellt werden die Triebwerke auch in Dahlewitz bei Berlin. Das Unternehmen bildet jährlich Fluggerätemechaniker mit dem Schwerpunkt Triebswerkstechnik aus.

Tom Herscher hat das dreistufige Aufnahmeverfahren geschafft, heute ist er im zweiten Lehrjahr. „Man muss im naturwissenschaftlichen Bereich fit sein“, sagt der 19-Jährige. Außerdem seien in dem internationalen Konzern gute Englischkenntnisse ein Muss. Auf dem Lehrplan steht die Entwicklung der Turbinentechnik, die Produktion und die Instandssetzung. Nach Abschluss seiner Ausbildung ist Herscher ein Job im Unternehmen so gut wie sicher. „Wie übernehmen alle Azubis“, sagt die Personalerin Annette Tappe-Berghoff.

Neben Rolls-Royce bieten auch Lufthansa Citylines oder Air Berlin Ausbildungen zum Fluggerätemechaniker an. Der Schwerpunkt liegt allerdings bei der Instandhaltungstechnik, also bei der Inspektion und Wartung von Flugzeugen.

Mit abgeschlossener Ausbildung hat man zur Zeit gute Chancen bei Air Berlin. Für den neuen Werkstandort in Düsseldorf sucht die Fluggesellschaft rund 30 Fluggerätemechaniker.

PILOTEN

Das Einstiegsgehalt ist verlockend. Die Lufthansa zahlt ihren Piloten im ersten Jahr bis zu 60 000 Euro. Aber nicht nur das Gehalt ist hoch, sondern auch die Anforderungen. Neben einer fachgebundenen Hochschulreife muss das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) dem Bewerber eine so genannte positive Berufsgrunduntersuchung bescheinigen („DLR-Test“). Dahinter verbirgt sich ein zweitägiges Verfahren, in dem unter anderem Geschicklichkeit, psychische Belastbarkeit und mathematisches Wissen getestet werden. Darüber hinaus braucht ein angehender Pilot ein medizinisches Tauglichkeitszeugnis („Medical“). Für Interessenten, die stark kurz- oder weitsichtig sind oder Hörprobleme haben, ist der Traum vom Pilotwerden schnell ausgeträumt.

Viele Fluggesellschaften bilden ihren Nachwuchs selbst aus. Mit der „FlightCrew Academy“ in Frankfurt hat im April eine neue Kaderschmiede für Piloten eröffnet, die gemeinsam von Lufthansa Citylines und Germanwings betrieben wird. In der vergangenen Woche ist die 17-monatige Ausbildung in die erste Runde gegangen. Pro Jahr werden etwa 170 Bewerber angenommen. Aber auch die Air Berlin Flight School und die Lufthansa Flugschule in Bremen bilden aus.

Als Pilot hat man gute Berufsaussichten: „Andere Länder wie Indien oder Saudi Arabien bauen ihre Airlines massiv aus. Diese Fluggesellschaften werden viele Piloten aus Deutschland abziehen“, sagt Judith Rosenberger, Marketingchefin bei der Flightcrew Academy. Doch nicht erst morgen werden Piloten gesucht. Mit einer Fluglizenz für Passagiermaschinen in der Tasche hat man auch heute schon gute Karrierechancen, auch in Deutschland. Die Lufthansa zum Beispiel will derzeit knapp 60 Piloten einstellen.

INGENIEURE FÜR LUFT- UND RAUMFAHRT

Die Regelstudienzeit beträgt zwar laut Studienordnung neun Semester, die meisten Studenten der Luft- und Raumfahrttechnik benötigen aber mindestens ein Jahr länger, sagt Jörn Brückner von der internationalen Organisation für Studierende der Luft- und Raumfahrttechnik Euroavia. Das liegt zum einen an den anspruchsvollen Studienschwerpunkten Mathematik, Physik oder Elektrotechnik. Zum anderen müssen während des Studiums rund 20 Wochen Praktika absolviert werden. „Das wird oft eng.“ Doch die Mühe lohne sich. Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt seien hervorragend.

Die fertigen Diplom-Ingenieure befassen sich mit der Entwicklung, der Konstruktion, dem Bau sowie der Ausrüstung von Flugzeugen oder Hubschraubern. In der Raumfahrt etwa stellen Ingenieure Raketen und Satelliten her.

Das Stellenangebot ist groß. Konzerne wie EADS, MTU oder Airbus suchen langfristig gut ausgebildeten Nachwuchs. Aber auch mittelständische Firmen wie die Oerlikon Space AG aus der Schweiz bieten mit einem Trainee-Programm gute Einstiegsperspektiven für Hochschulabsolventen. „Wir sind stark im Wachstum und rekrutieren international“, sagt Beatrice Bütler, Personalmanagerin bei Oerlikon. Unter anderem baut Oerlikon die Verkleidung für die Ariane-Raketen oder konstruiert Versorgungsmodule für die ISS-Raumstation.

Wer Abwechslung sucht, kann sich bei Brunel, Ferchau oder Future Engineering bewerben. Die Ingenieurdienstleister leihen ihre Mitarbeiter für bestimmte Projekte an Firmen aus.

„Sie bieten zum Teil sehr gute Entwicklungsmöglichkeiten. Außerdem bekommen junge Mitarbeiter Einblicke in unterschiedliche Unternehmenskulturen“, sagt Donald Riedeberger von Euroavia. Dafür erhalten die Nachwuchskräfte allerdings oft nur befristete Verträge.

FLUGBEGLEITER

„Das Ausbildungsprogramm war hart“, sagt Bettina Radoschowski, die als Stewardess bei Air Berlin arbeitet. Aber es habe sich gelohnt. Sie genießt es, ständig unterwegs zu sein und spannende Leute kennenzulernen. „Jeden Tag öffne ich meinen inneren Horizont ein Stückchen mehr“, sagt sie.

In sechs Wochen hat die Fluggesellschaft sie auf ihren neuen Job vorbereitet. Sie musste nicht nur ihre Fremdsprachenkenntnisse aufpeppen und lernen, wie man Gäste bewirtet und Getränke ausschenkt. Auf dem Programm standen auch Erstehilfe-Maßnahmen, Rutsch- und Schwimmtraining sowie das Löschen von Bränden. Denn: Im Notfall sind es die Flugbegleiter, die Rettungsmaßnahmen koordinieren und die Passagiere betreuen.

Auch wenn sich die Ausbildungsinhalte ähneln: Jede Fluggesellschaft hat ihre eigenen Lehr-Programme, die sich an den späteren Aufgaben orientieren. Wer sich etwa als Flugbegleiter für kontinentale und interkontinentale Strecken ausbilden lässt, nimmt zum Beispiel an einer sechsmonatigen Schulung teil.

Durchgeführt werden die Ausbildungen durch die Fluggesellschaften oder private Bildungsträger – mit und ohne Vorvertrag der Fluggesellschaften.

Das Gehalt ist angesichts der kurzen Ausbildung lukrativ: Flugbegleiter verdienen monatlich etwa 3000 Euro brutto. Nach einem Jahr besteht die Chance, zum Crewchef aufzusteigen und später die Stationsleitung am Flughafen zu übernehmen.

Kathrin Drehkopf

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