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Vorbild Freiheitskämpfer. Karrierebücher erklären, was moderne Manager von Helden wie dem kathargischen Feldherrn Hannibal lernen können.

© defd

Management-Ratgeber: Von Hannibal lernen

Die Verlage überbieten sich mit skurrilen Management-Ratgebern. Sie lassen sich gut verkaufen. Der Nutzwert ist allerdings zweifelhaft.

Joachim Franz bringt Manager ins Schwitzen. Er jagt sie auf den Kilimandscharo, scheucht sie durch die Steinwüsten Boliviens und hetzt sie über zerklüftete Inseln im indischen Ozean. Ausgebrannte Führungskräfte finden bei dem drahtigen Mann aus Wolfsburg neue Orientierung – auch wenn ihnen dabei mitunter die Puste ausgeht.

Franz ist Managementcoach. Seine Methoden sind martialisch, seine Ansichten schneidig. Wenn er gerade nicht in den Schluchten und Tälern dieser Welt herumkraxelt, macht er sich Gedanken über Führungsstrategie und Unternehmertum. „Mit Technokraten an der Spitze von Firmen kommen wir heute nicht mehr weiter“, sagt er. „Heute sind Helden gefragt: echte Unternehmertypen mit Mut, Disziplin und Intelligenz.“ Denen hilft er auf die Spur.

Gemeinsam mit zwei Vertrauten – einem Psychologen und einem Sparkassenmanager – hat er nun ein Buch über seine Methoden und Erfahrungen geschrieben. Darin erklären die Autoren, wie sich Heldentum und modernes Management ihrer Ansicht nach miteinander vereinen lassen. Auf rund 190 Seiten preisen sie die Stärken des karthagischen Feldherrn Hannibal – als Freiheitskämpfer, militärisches Genie und Menschenführer. Und kommen zu dem Schluss: Als Grenzüberschreiter mit starkem Rückgrat verkörpert er genau das, was Führungskräfte heute brauchen.

„Das Hannibal-Prinzip“ heißt das soeben erschienene Buch, Untertitel: „Mutig führen, menschlich bleiben“. Der Band fügt sich ein in eine ganze Reihe von Neuerscheinungen zum Thema Management und Führung, die eines gemeinsam haben: oft skurril anmutende Titel, bei denen mit den schrägsten Metaphern, Bildern und Gleichnissen gearbeitet wird. Das soll natürlich die Blicke der potenziellen Käufer und Leser anziehen. Die Lektüre ergibt, dass Spreu und Weizen schwer zu trennen sind.

Vor allem an Prinzipien herrscht kein Mangel bei der Titelgebung der Managementbücher: Da gibt es das „Magellan-Prinzip“ (Gabal) und das „Odysseus-Prinzip“ (Schaeffer-Poeschel), es gibt das „Edison-Prinzip“ (Campus), das „Santiago-Prinzip“ (Deutscher Wirtschaftsdienst), das „Moses-Prinzip“ (Gütersloher Verlagshaus) und das „Maximum-Prinzip“ (Campus).

Auch Tiermetaphern werden gerne genutzt: So gehört das „Pinguin-Prinzip“ (Droemer Knaur) inzwischen zu den Klassikern unter den Lehrbüchern. Auf angeblich nützliche Analogien zwischen Berufsleben und Tierwelt bauen auch das „Möwen-Prinzip“ (Campus), das „Ratten-Prinzip“ (Goldmann) und – mit erfrischend anderem Titel – die „Kakerlaken-Strategie“ (Deutscher Taschenbuch Verlag). Für die Verlagshäuser sind solche Titel eine sichere Investition. Denn sie laufen in der Regel gut. Etwa das „Pinguin-Prinzip": Seit seinem Erscheinen im November 2006 verkaufte Droemer Knaur rund 180 000 Exemplare.

Der Grund für den Erfolg der Publikationen liegt auf der Hand: Im selben Maße, in dem der Anteil der Arbeitszeit an der Lebenszeit wächst, steigt die Nachfrage nach Leitlinien und Ratgebern für den Beruf – seien die Titel noch so skurril. Im selben Maße, in dem die Komplexität der Gesellschaft zunimmt, steigt das Bedürfnis nach einfachen Weisheiten und Strategien, die Erfolg, Anerkennung und Wohlstand versprechen.

Genau solche menschlichen Sehnsüchte und Wünsche machen sich Titel zu Nutzen, die mit der Legende antiker Helden, mit der Analogie zwischen Mensch und Tier spielen. „Viele der Bücher sind moderne Fabeln“, sagt Annette C. Anton, Programmdirektorin bei Campus. „Sie vermitteln Moralvorstellungen und Werte, indem sie menschliche Verhaltensweisen auf Tiere und mythologische Figuren übertragen.“

Neben den verlässlichen Verkaufszahlen gebe es noch einen weiteren Grund, warum die Verlage immer neue Ratgebertitel auf den Markt brächten: „Die Bücher sind gut für die Mischung unseres Portfolios“, sagt die Programmdirektorin. Neben trockenen Lehrbüchern müsse halt in regelmäßigen Abständen auch mal etwas leichtere Kost dabei sein – im Sinne der Diversifizierung.

Allerdings warnt sie davor, den Inhalt der Bücher pauschal abzustempeln: „Es ist viel weniger albern, als es wirkt“, sagt sie. Häufig würden die Bücher von fachkundigen Autoren geschrieben, Professoren und Dozenten, deren Anspruch es sei, ihr Fachwissen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Auch Wolfgang Hanfstein, Chefredakteur des Onlineportals Managementbuch.de, hält manche der skurrilen Titel für lesenswert. Aber: „Die meisten verschwinden genau so schnell wieder von der Bildfläche, wie sie gekommen sind.“

Ohnehin gebe es für die mitunter hohen Verkaufszahlen einen recht einfachen Grund: Häufig kauften einzelne Firmen eine Neuerscheinung in hohen Stückzahlen und verteilten sie an ihre Führungskräfte – selbst wenn der tatsächliche Nutzwert für Manager eher zweifelhaft sei.

Auf diesen Effekt setzt auch Joachim Franz. Schon vor Veröffentlichung des „Hannibal-Prinzips“ hätten rund 20 Firmen Bestellungen vorgenommen – in Höhe von insgesamt rund 2000 Exemplaren, berichtet er. Eine Baufirma aus dem Saarland habe allein rund 200 Ausgaben geordert. Und auch im Einzelverkauf rechnet der Autor mit ordentlichen Verkaufszahlen. Die erste Auflage liegt zwischen 8000 und 10 000 Stück, bei höherer Nachfrage kann Campus nachdrucken.

Am inhaltlichen Nutzen seines Werkes zweifelt Franz ohnehin nicht. Schließlich könnten seine Leser vom Titelhelden Hannibal viel lernen, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. „Er hat mit seinen Leuten im gleichen Zelt geschlafen, hat mit ihnen gehungert und gefroren“, sagt Franz. „Solche Führungskräfte brauchen wir heute.“ (HB)

Joachim Franz, Christof Kreimeyer, Uwe Kuntz: „Das Hannibal-Prinzip. Mutig

führen, menschlich bleiben“, Campus, Frankfurt, 2010, 192

Seiten, 24,90 Euro

John Kotter, Holger Rathgeber: „Das

Pinguin-Prinzip.

Wie Veränderung

zum Erfolg führt“,

Droemer, München, 2009, 160 Seiten,

9,95 Euro, broschiert

Christian Müßgens

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