zum Hauptinhalt
Andrack

© picture-alliance

Manuel Andrack: "Zu Harald Schmidt führt keine Ausbildung"

Manuel Andrack war in der TV-Show von Harald Schmidt Mädchen für alles und wurde selbst ein Star. Von Studiengängen, die zum Fernsehen führen sollen, hält er nichts. Er sagt: Es gibt Jobs, für die kann man sich nicht bewerben.

Sie sind der Öffentlichkeit lange nur als Schatten von Harald Schmidt bekannt gewesen. Wie ist ihr Verhältnis heute?



Ich hatte nie eines. Das war immer ein reines Arbeitsverhältnis, wir haben uns nie privat getroffen oder gar uns gegenseitig zu Hause besucht.

Kein Feierabendbier?

Man sieht den Arbeitskollegen meistens mehr als den Lebenspartner. Dann brauch ich das nicht auch noch in der Freizeit. Am Ende haben wir gar nicht mehr gesprochen, nur noch vor der Kamera. Das war alles Material. Und das kommt spontan besser.

War Schmidt Ihr Mentor?

Ja. Aber nach fünf Jahren war das auch ein Problem. Die Zuschauer dachten, ich sei sein Lehrling und haben sich gefragt: Warum bringt denn der nicht mehr Gags? Dabei war ich doch der Redaktionsleiter.

Sie machen jetzt was völlig anderes, schreiben Bücher, wandern, drehen Reportagen. Sind das Versuche, sich von Harald Schmidt zu lösen?

So was macht man nicht als Emanzipationsversuch, das sind meine Interessen. Das ist keine Pubertätsloslösungsgeschichte. Sorry.

Sie haben Theater- und Filmwissenschaft studiert. Von da führt der Weg nicht unbedingt auf den Sidekick-Stuhl von Harald Schmidt ...


Da führt gar keine Ausbildung hin.

Sie haben immer nur in Köln gelebt. Was hat Sie jetzt ins Saarland verschlagen?


Es gibt zwei Gründe für einen Umzug: Job oder Liebe. Bei mir war es Letzteres.

Deshalb machen Sie jetzt die Show „Ich werde Saarländer“?

Show würde ich das nicht nennen, eher Reportagereihe.

Sie sind zum Interview geradelt. Das ist hier in Saarbrücken ungewöhnlich.


Ich habe keinen Führerschein.

Kommen Sie damit im bergigen Saarland klar?

Ich denke darüber nach, einen Seniorenführerschein zu machen.

Haben Sie denn einen Manager, der bis dahin Ihre Fahrten organisiert?

Nein. Das habe ich mir aber bei Günther Jauch abgeschaut. Der hat auch keinen Manager. Und wenn der das kann, kann ich das auch. Meine 30, 40 Anfragen pro Monat kann ich selbst organisieren. Zudem ein Manager ja dafür Geld abbekommen wollte.

Wie wird man denn Saarländer?

Zum Beispiel durch gut essen. Mittag gibt es um zwölf Uhr. Das hat ein bisschen was Französisches. Wenn man vormittags eine Besprechung hat, trifft man sich nicht im Büro, sondern zum Essen. Mit Wein.

Gewöhnungsbedürftiger scheint die Sprache ...

Ich habe Sprachunterricht genommen.

Also gehen Sie morgens zum Bäcker und kaufen die Brötchen auf Saarländisch?

Nein, ich behalte meine Identität. Im saarländischen Tatort soll ich, wenn alles klappt, eine kleine Rolle bekommen. Da würde ich auch Rheinländer bleiben.

Sie bekommen eine Tatort-Rolle?

Ich soll den Kneipenwirt aus dem Rheinland spielen, bei dem die Kommissare sich ausquatschen.

Hätten Sie die auch bekommen, wenn Sie nicht bei Schmidt im Studio gesessen hätten?


Mir ist klar, dass das alles ohne Schmidt nicht wäre. Aber ich finde das klasse. Ich habe 13 Jahre lang mit dem besten deutschen Moderator gearbeitet.

Sie haben bei „Geh aufs Ganze“ von Sat1 angefangen. So eine Werbe-Spiel-Show ist nicht gerade die Königsklasse der Unterhaltung.

Ganz genau habe ich beim „Familienduell“ angefangen, erst danach bin ich zu „Geh aufs Ganze“. Aber da war ich in der Tat so unglücklich, dass ich beim Gespräch mit dem damaligen Sat1-Chef Fred Kogel den Job hinschmeißen wollte. Und da hat er mir die Stelle bei Schmidt angeboten.

Weil Sie so komisch sind?

Sie lachen doch die ganze Zeit.

Würden Sie heute den Berufseinstieg noch mal im Privatfernsehen wagen?


Man muss Chancen ergreifen, die man geboten bekommt. Heute ist die Situation da anders. Ich lache mich kaputt über die ganzen Studiengänge, die es heute gibt, um ins Fernsehen zu kommen. Wo sollen die jungen Leute alle hin, wenn gleichzeitig die Sender ihre Stellen zusammenstreichen? Damals konnte man in einem halben Jahr vom Praktikanten zum Producer aufsteigen. Das gibt es heute nicht mehr.

Sie haben Literaturwissenschaften studiert. Wären Sie nicht der bessere Nachfolger von Elke Heidenreich im ZDF geworden?

Ich wurde nicht gefragt.

Sie hätten sich bewerben können. Das haben Sie beim Saarländischen Rundfunk doch auch gemacht.

Es gibt eben Gelegenheiten, bei denen muss man selbst aktiv werden, und solche, bei denen man gefragt werden muss. Bei denen müssen die Entscheider dann alle Möglichkeiten durchgehen und sagen: Es gibt nur dich. So war''s ja auch bei Schmidt.

Was wollten Sie ursprünglich werden?

Schauspieler. Aber mittlerweile muss man da ja ständig den Schniepel rausholen, und nackt auf die Bühne. Das ist nicht meins, ich bin doch nicht bekloppt. Ich wollte lieber der sein, der sagt: „Hol den Schniepel raus!“ Und habe Regie studieren wollen. Dann kamen aber Frau und Kinder dazu und ich habe gedacht, verdiene Geld. So bin ich zum Fernsehen gekommen.

Und da sind Sie dann etwas unverhofft berühmt geworden. War das komisch?

Das kam so schleichend, da konnte ich mich eigentlich ganz gut dran gewöhnen. Die Menschen haben das eher langsam registriert, dass da plötzlich jemand mit im Studio sitzt. Aber es ist nicht so, dass alle in der Fußgängerzone kreischen, wenn ich komme. In Stockholm bin ich mal erkannt worden.

Wollen Sie eine öffentliche Figur bleiben?

Als Viel-Wanderer und Autor eines Wanderbuchs finde ich: Deutschland braucht eine national ausgestrahlte Wandersendung.

Als Samstagabendshow?

Über den Sendeplatz können wir uns noch unterhalten. Hauptsache es wird eine Unterhaltungssendung.

Es heißt, Sie seien ein Pedant beim Wandern, der ständig seine Durchschnittsgeschwindigkeit berechnet.

Davon bin ich ab.

Wandern Sie nur in Deutschland?


Klar. Man muss auf seinen USP achten. ... und der ist natürlich eindeutig das deutsche Mittelgebirgswandern. In den Alpen und noch höher tummeln sich ja Messner und wie sie alle heißen zu Dutzenden.

Sie wandern mit Peter Müller, dem saarländischen Ministerpräsidenten, im Wahlkampf. Haben Sie politische Ambitionen?


Ich bin eine Ein-Mann-Wanderagentur und die kann jeder buchen.

Aber es ist Ihnen doch klar, dass das wie Wahlkampf wirkt?

Es gibt Wahlplakate, da werben ein Weitsprungmeister oder eine Bierkönigin für den Ministerpräsidenten. Das würde ich nie machen. Ich bin nicht das Themenluder. Ich war aber mit dem SPD-Kandidaten auf dem Rennrad, würde mit dem Grünen-Kandidaten Kanu fahren, dem FDP-Spitzenmann bergsteigen oder Oskar Lafontaine minigolfen.

Sind Sie denn nun politisch?

Ja. Aber parteiungebunden. Ich bin so neutral, gegen mich ist die Schweiz ein Scheißdreck.

Sie schreiben über Wandern, Ahnenforschung, Fußball, waren Bierbotschafter: Wollen Sie das Heimatwesen aufpeppen?

Ich schreibe auch über Punkrock.

Sie sind ein Ein-Mann-Unterhaltungskonzern?


Ich bin mein eigenes Unternehmen, aber kann mein Geld mit meinen Hobbys verdienen. Großartig.

Das Interview führten Christine Weißenborn und Sven Prange. Gekürzter Beitrag aus der September-Ausgabe von "Junge Karriere"

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false