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NEUE ENERGIEN Gute Chancen für Fachkräfte und Quereinsteiger: Jobmotor Sonne

Solarzellen auf den Dächern und Turbinen für Windräder: Die Solar- und Windkraftbranche wächst rapide. Nicht nur Techniker und Monteure werden gebraucht, sondern auch Forscher und Berater

Etwas mehr als eine Autostunde südlich von Berlin entsteht eine wahre Boom-Region für Solartechnologie. Die US-Firma Energy Photovoltaics (EPV) baut in Senftenberg eine Solarfabrik. In Frankfurt (Oder) haben sich gleich drei Solartechnikproduzenten niedergelassen, die Odersun AG, die First Solar GmbH und ab Herbst beginnt dort die Conergy AG mit der Produktion von Solarzellen. Allein Conergy hat seit Ende 2006 rund 250 Leute eingestellt. Ende diesen Jahres sollen es 500 und Ende des nächsten 1000 Mitarbeiter sein, sagt Firmensprecher Alexander Leinhos. In Luckenwalde, südlich von Berlin, startet das US-Photovoltaik-Unternehmen Nanosolar ab Januar 2008 mit der Herstellung von Solartechnik und plant mittelfristig bis zu 100 neue Stellen. Weitere 150 Arbeitsplätze entstehen bei der Solon AG in Berlin-Adlershof, einem Anbieter von Photovoltaiksystemen für solare Großkraftwerke.

Es ist ein Glückstreffer für den regionalen Arbeitsmarkt: Plötzlich werden in der Region hunderte von Mitarbeitern gebraucht. Bei Conergy zum Beispiel kommt bisher 70 Prozent des Personals aus Berlin und Brandenburg. Die Neuen Energien haben sich zu einem Jobmotor entwickelt. Ob Solarzellen auf dem Hausdach oder Windräder auf dem Land: Erneuerbare Energien sind bei den Verbrauchern gefragt – und entsprechend wachsen die Unternehmen der Branche. Die Fachverbände prognostizieren in diesem Jahr ein Umsatzplus von 17 Prozent.

In der Region haben sich nach Auskunft der Industrie- und Handelskammer (IHK) vor allem Firmen der Solarbranche niedergelassen. Es gibt rund 25 Hersteller und Vertreiber von Solartechnik und darüber hinaus eine Reihe von Dienstleistern. In der Windenergiebranche hingegen sind es eine knappe handvoll Firmen.

Die Unternehmen suchen Fachkräfte mit den unterschiedlichsten Qualifikationen. Firmen wie Conergy Personal benötigen Ingenieure, Physiker und Chemiker, Mechatroniker, Elektroniker und Werkzeugmacher, Systemadministratoren, Finanzer und Controller. Außerdem werden Monteure, Dachdecker und auch Architekten gebraucht. Auch wer keine branchenspezifische Ausbildung mitbringt, hat gute Karten. „Im Bereich Photovoltaik haben diejenigen mit Erfahrungen in der Halbleiterindustrie die besten Chancen“, sagt Sebastian Fasbender vom Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar). „Denn wer mit Chips umgehen kann, findet sich auch mit Solarzellen zurecht.“

„Unsere ersten Mitarbeiter werden von unseren Zulieferern ausgebildet“, berichtet Conergy-Sprecher Leinhos. Darüber hinaus hat das Unternehmen, wie viele andere auch, eigene Schulungsabteilungen, die ihren Mitarbeitern branchenspezifische Kenntnisse vermitteln.

Nicht nur Produzenten, auch Energie-Dienstleister profitieren von der Nachfrage an Solaranlagen. Immer mehr Hausbesitzer würden sich für Solartechnik auf dem Dach entscheiden, sagt Olaf Achilles. „Wir suchen deshalb dringend Mitarbeiter für Vertrieb und Montage, vor allem Energiereferenten und Solarstromtechniker“, erklärt der Vorstandsvorsitzende der Systaic Deutschland GmbH. In diesen Jobs arbeiten bislang vorwiegend Vertriebsingenieure und Dachdeckermeister. Gerade in den beratenden Funktionen aber hätten auch Quereinsteiger eine Chance, Architekten oder Immobilienexperten.

Neben Solarplatten werden in Brandenburg auch Turbinen für Windräder gebaut und montiert – zum Beispiel von der Firma Repower Systems AG in Trampe, eineinhalb Autostunden nordöstlich von Berlin. „Wir haben momentan 1000 Mitarbeiter weltweit und wachsen stetig“, sagt Firmensprecherin Daniela Puttenat. „Auch für unseren Standort in Trampe suchen wir Personal für Produktion und Verwaltung.“ Ein weiteres Beschäftigungsfeld von Repower sind Installation und Wartung von Windkraftwerken.

„In diesem Bereich arbeiten meist ausgebildete Elektroniker für Betriebstechnik“, erklärt Berufsberater Gerald Meise von der Arbeitsagentur Berlin-Mitte. Doch auch Elektriker, die während ihrer Lehrzeit Stromleitungen in Wohnhäusern verlegt haben, können später zu einem Energieversorger wechseln. Dort übernehmen sie Wartung und Montage der Elektronik. „Für die Konstruktion der Mechanik sind andere zuständig“, sagt Meise. „Oftmals machen gelernte Industriemechaniker oder KFZ-Mechatroniker diesen Job.“

Um Getriebe und Generatoren von Windrädern installieren und warten zu können, benötigen Techniker nicht nur Fachwissen, sie sollten auch schwindelfrei sein – der Stahl- oder Betonturm, auf dem die Windrad-Gondel sitzt, ist bis zu 100 Meter hoch. „Deshalb müssen sich Facharbeiter für diese Tätigkeit fortbilden“, sagt Matthias Hochstätter vom Bundesverband Windenergie. „Wer in unserer Branche arbeitet, muss mit Elektrik umgehen und auch klettern können.“

Die hohe Nachfrage an Mitarbeitern bedeutet aber nicht auch mehr Geld. Laut Milan Nitzschke vom Bundesverband Erneuerbare Energien entsprechen die Verdienstchancen dem Durchschnitt der jeweiligen Berufsgruppen. „Dafür sind die Arbeitsplätze relativ sicher“, sagt er. „Fossile Brennstoffe sind endlich – doch ein Ende des Wirtschaftswachstums im Bereich Erneuerbare Energien ist nicht abzusehen.“

Philipp Eins

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