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SONDERTHEMA Wie sich Schulabsolventen für die Berufswahl fit machen: Drechseln, Fräsen, Schweißen

Viele Unternehmen investieren in Forschung und Entwicklung. Technische Berufe haben Zukunft

Wer etwas auf sich hält, wird Künstler. Das glauben zumindest Jugendliche, die nachmittags durch die Vorabendserien zappen. In der „Verbotenen Liebe“ pirscht Nico von Lahnstein durch den Amazonas, um Fotografin zu werden, bei „Gute Zeiten – Schlechte Zeiten“ steht eine Werbeagentur im Mittelpunkt – und in „Alles was zählt“ verdient sich Lebenskünstlerin Diana Sommer als Inline-Kurierin ihr Geld. „Ein Azubi, der Gas- und Wasserinstallateur lernt, kommt da nie vor“, sagt Stefan Mathews von der Industrie- und Handelskammer Berlin. Sein Vorwurf lautet: Jugendliche interessieren sich zu selten für technische Ausbildungen. „Meistens wissen sie einfach zu wenig über diese Berufssparten.“

Doch gerade Techniker haben in Deutschland gute Zukunftschancen. Unternehmen geben nach Jahren der Zurückhaltung derzeit soviel Geld wie noch nie für die Forschung und Entwicklung neuer Produkte aus. Einer aktuellen Prognose zufolge wird 2008 erstmals die 55 Milliarden Euro Investitionsschwelle überschritten. Spitzenreiter bei den Aufwendungen war in den vergangenen Jahren der Fahrzeugbau, gefolgt von der Elektrotechnik, der chemischen Industrie und dem Maschinenbau. Und nicht nur Akademiker wie Ingenieure, Mathematiker und Chemiker sind gefragte Leute, sondern auch Facharbeiter.

„Wir bilden mehr Leute aus, als noch vor zehn Jahren“, erzählt Norbert Giesen, der unter anderem für die Ausbildung bei Siemens in Berlin zuständig ist. Bei manchen Berufen sei sogar schon ein richtiger Mangel aufgetreten. Der Zerspanungsmechaniker ist so einer. Früher noch Dreher genannt, sind die Zerspanungsmechaniker bei vielen Unternehmen heiß begehrt. Drehen, fräsen und steuern von elektronischen Werkzeugmaschinen sind ihre Hauptaufgaben. „Bei großen Gasturbinen müssen sie zum Beispiel auf den Millimeter genau das Metall bearbeiten können. Wenn sie sich da vertun, wären Investitionen in Höhe von einer Million Euro verschenkt“, erklärt Giesen die typische Arbeit eines Zerspanungsmechanikers bei Siemens.

Doch auch der Mechatroniker, ein Facharbeiter für den Maschinen- und Anlagenbau, ist ein Beruf mit Perspektive. „Diese Techniker werden wirklich überall gebraucht – angefangen bei der Computerindustrie bis hin zu den Herstellern von Zigarettenautomaten“, sagt Giesen. In der Dienstleistungsbranche seien auch klassische Elektroniker gefragt. Zum Beispiel in Hotels, wo sie für die Bewirtschaftung der Gebäude zuständig sind. „Mit Brandschutz- und Alarmanlagen sind viele Elektriker überfordert, Ingenieure aber zu teuer. Da sind Elektroniker dann die Richtigen für den Job.“

Techniker sind auch in der Qualitätssicherung gefragt: „Werkstoffprüfer untersuchen zum Beispiel, ob Abgasrohre in einem Kraftwerk erneuert werden müssen. Das können nur Fachleute, die mit Röntgengeräten umgehen können.“ Es sei ein sehr verantwortungsvoller Beruf, betont Giesen. Denn von den Gutachten hänge oft eine Menge ab.

In anderen Branchen sieht es ähnlich aus. Beim Pharmariesen Pfizer, der Mitte dieses Jahres seinen deutschen Stammsitz vom badischen Karlsruhe in die Hauptstadt verlegen wird, ist ebenfalls der Mechatroniker ein gefragter Mann. „Zukunftsträchtige Berufe im Technologiebereich sind in unserer Branche der Pharmakant und der Chemielaborant“, erklärt Martin Fensch, Unternehmenssprecher von Pfizer Deutschland. Der Pharmakant lernt während seiner Ausbildung zum einen die Herstellung und Verpackung von Arzneimitteln und die notwendigen chemischen Analysen der Präparate kennen. Der Chemielaborant dagegen muss Inhaltsstoffe anrühren, trennen und reinigen. Wenn mehr Techniker gebraucht werden, steigt auch der Bedarf Büroangestellten. „In Berlin werden wir voraussichtlich verstärkt Kaufleute ausbilden“, sagt Fensch.

Aber es gibt auch technische Lehrberufe, von denen Norbert Giesen von Siemens lieber abrät. Zum Beispiel von der Ausbildung zum IT-Systemelektroniker, der Computer- und Telefonnetzwerke installieren. „Da können sie jeden jugendlichen Computerfreak nehmen, der kann das genauso gut.“ Auch der technische Zeichner werde in Architekten- und Planungsbüros nicht mehr gebraucht. „Deren Job wird inzwischen von Computersoftware erledigt.“

Doch letztlich ist für jede Lehrstelle nur eines entscheidend: „Dass ein Bewerber mit leuchtenden Augen vor mir steht und sagt: Ja, das will ich werden!“

Katharina Schönwitz

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