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Jobs & Karriere: Strecken, dehnen, abrechnen

Lehrgänge zum Yogalehrer gibt es viele – doch nicht jeder Abschluss wird von der Krankenkasse anerkannt

Bei Anke Rebetje landen derzeit viele Bewerbungen im Briefkasten – sogar aus Indien und Italien. Sie sucht eine Lehrkraft für ihr Essener Yoga-Studio, seit Wochen schon. „Eine gute Ausbildung konnte aber bislang niemand vorweisen“, klagt die Yoga-Expertin, die auch Sprecherin des Bundesverbands der Yogalehrenden (BDY) ist. Nach Schätzungen des BDY unterweisen bundesweit 20 000 Lehrer fünf Millionen Menschen im Yoga – in Fitnessstudios, Reha-Kliniken, Kindergärten, Firmen und Yogaschulen, Tendenz steigend. Die Qualität der Lehre hinkt der Quantität aber offenbar ziemlich hinterher: Wirklich gute Yogalehrer sind in ganz Deutschland Mangelware, glaubt Rebetje.

Yogalehrer kann sich im Grunde jeder nennen, die Berufsbezeichnung ist nicht geschützt. Die Ausbildungswege sind ebenso vielfältig wie die verschiedenen Yogaformen. Sie reichen von vierwöchigen Crash-Kursen bis zur vierjährigen berufsbegleitenden Weiterbildung mit Abschlussarbeit und Lehrproben.

Um von den Krankenkassen anerkannt werden, sodass die Schüler ihre Yogakurse als vorbeugende Maßnahme erstattet bekommen, müssen Yogalehrer mindestens 500 Unterrichtsstunden nehmen, verteilt über mindestens drei Jahre. Außerdem brauchen sie eine Berufsausbildung im medizinischen, pflegerischen oder sozialen Bereich.

Catrin Müller schätzt, dass knapp die Hälfte ihrer Teilnehmer aus der Gesundheitsbranche kommt. Ihre Kreuzberger Yogaschule „Yogamobil“ bietet in Kooperation mit dem „Deutschen Institut für Entspannungstechniken und Kommunikation“ eine Weiterbildung in drei verschiedenen Stufen an. Grund-, Mittel- und Oberstufe dauern jeweils ein Jahr und finden an je zehn Wochenenden statt.

„Einige Schüler kommen aber auch aus sozialen Berufen, sind Lehrer, Erzieher oder Psychologen, die eine ganzheitliche Verbindung von Körper, Geist und Seele anstreben“, sagt sie. In den Kursen lernen die angehenden Yogis nicht nur die Körperhaltungen und Atemtechniken, sondern auch medizinische und pädagogische Grundlagen sowie Meditation. Die Kurse besuchen kann prinzipiell jeder, der sich für Yoga interessiert. „Man sollte aber mindestens ein bis zwei Jahre Yoga-Erfahrung mitbringen, gesund sein und sich auch für den philosophischen Hintergrund interessieren.“

Eine vergleichbare berufsbegleitende Fortbildung bietet das „Gesundheitszentrum Sonne und Mond“ an. Sie dauert vier Jahre und umfasst insgesamt 840 Unterrichtsstunden. Einige Jahre Yoga-Praxis sind ebenso Voraussetzung wie die persönliche Motivation, die man in einer schriftlichen Bewerbung erläutern muss.

Wem das alles zu langwierig ist, der kann sich an das „Sivananda Yoga Zentrum“ wenden. Hier verfolgt man ein völlig anderes Konzept: Nach einer vierwöchigen Ausbildung in einem „Ashram“, einem klosterähnlichen Meditationszentrum in Indien oder Europa, bekommt man bereits ein erstes Abschlusszertifikat. Da diese Kurse nur 401 Stunden umfassen, reichen sie für eine Kassenanerkennung jedoch nicht aus. Man kann aber später Zusatzkurse besuchen.

Vorteil der Ausbildung sei, dass das tägliche Leben im Unterricht mit einbezogen werde: „Wichtig ist der intensive Tagesablauf, bestehend aus täglich zwei Meditationen, zwei Yogastunden, zwei Fachvorträgen, zwei vegetarischen Mahlzeiten und dem eigenen Studium“, so Martina Klein, Sprecherin von Sivananda Deutschland. Nach indischem Vorbild leben hier Lehrer und Schüler zusammen und üben sich in Selbstdisziplin. Fleisch, Fisch, Eier, Schwarztee, Kaffee, Alkohol und Tabak sind verboten, da sie der Yogapraxis widersprechen. Ob ein solches Camp das Richtige für sie ist, können Interessenten bei einem eintägigen Einführungskurs in Berlin herausfinden.

Eine medizinische oder soziale Vorbildung ist bei der Arbeit als Yogalehrer nicht nur für eine Kassenanerkennung nützlich. „Wer aus medizinischen Berufen kommt, hat es leichter im Yoga-Anatomie-Studium. Wer einen Lehrberuf ausübt, kann schneller die Kommunikationsebenen des Unterrichts lernen. Und Psychologen sind besser mit den Bereichen des Unterbewusstseins vertraut, die auch im Yoga eine wichtige Rolle spielen“, so Martina Klein. Viele Teilnehmer möchten ihren erlernten Beruf auch gar nicht wechseln, sondern sehen die Yogalehrer-Ausbildung nur als Zusatzqualifikation, die ihnen weitere Chancen eröffnet – zum Beispiel können Erzieher Kinderyoga anbieten.

Welche Art der Yogaausbildung die richtige ist, muss jeder für sich entscheiden, glaubt Anke Rebetje vom BDY. In ihrer Yogaschule würde sie allerdings nur Lehrer mit mindestens dreijähriger Ausbildung einstellen. So unterschiedlich wie die Ausbildungswege sind später auch die Verdienstmöglichkeiten. Von 50 Euro pro Stunde, die Angestellte in manchen Yogaschulen verdienen, bis 25 Euro für anderthalb Stunden reiche die Bandbreite, so Rebetje. Für manche bleibe es ein Nebenverdienst.

„Vielen Yogalehrern fällt es schwer, sich als Unternehmer zu sehen“, klagt sie. Beim Yoga ist das Prinzip des selbstlosen Handelns sehr wichtig. „Das führt hin und wieder dazu, dass sich unerfahrene Lehrer mit einem kärglichen Gehalt abspeisen lassen oder sogar ganz ohne Bezahlung arbeiten.“ Damit die Arbeit nicht nur gut für das Karma, sondern auch für das Konto ist, bietet der BDY für Mitglieder regelmäßig Kurse in Betriebsführung und Coaching in Steuerfragen an.

Mit der Ausbildung hört das Lernen allerdings nicht auf. Catrin Müller von Yogamobil betont: „Selbstreflexion ist die wichtigste Eigenschaft eines guten Yogalehrers. Man sollte also immer offen sein und sich weiterqualifizieren.“ Dann stehen die Chancen auf dem Arbeitsmarkt nicht schlecht. Anke Rebetje jedenfalls ist überzeugt: „Gesundheit und Stressabbau sind die Themen der Zukunft.“

Anne Meyer

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