zum Hauptinhalt

Studienabschluss: Bachelor, und dann?

Ein Masterstudium anhängen oder in die Praxis gehen – vor dieser Wahl stehen Bachelor-Studenten. Doch es geht auch anders: Einige Unternehmen bieten ihren Absolventen inzwischen beides

Der Bachelor-Student hat''s nicht leicht: Knapp drei Jahre dauert sein Studium nur, dann schon muss er eine folgenschwere Entscheidung treffen. Ab in die Praxis – oder direkt den Master dranhängen? Zwei, drei Jahre arbeiten – und dann zurück an die Uni? 23 400 Bachelor-Absolventen an deutschen Hochschulen hatten im vergangenen Jahr die Qual der Wahl; in diesem Jahr werden es noch einige mehr sein. Für die meisten ist klar: Der Bachelor soll nur eine erste Etappe sein. Laut einer Umfrage des Hochschul-Informations-Systems HIS streben drei Viertel der Studenten noch einen Master an – weil sie das Gefühl haben, noch nicht genug gelernt zu haben. Oder auch, weil sie unsicher sind, ob sie allein mit dem neuen Kurzstudium auf dem Arbeitsmarkt bestehen.

Der Trend ist verständlich. Zwar heißt es in vielen Unternehmen mittlerweile, dass Bachelor-Absolventen willkommen sind. Auf sie zugeschnittene Einstiegsprogramme oder klare Aussagen, ob später eine Freistellung für den Master oder ein berufsbegleitendes Studium möglich sind, fehlen jedoch oft. Einige Firmen sind immerhin weiter: Mit neuen Angeboten, Stipendien, Job-Garantien und berufsintegrierendem Studium wollen sie sich die besten Kandidaten sichern.

Vor allem für Studierende der Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften und der Informatik lohnt sich der Blick auf die im Folgenden vorgestellten Programme.

MODELL BOSCH

Praxis, aber kein mies bezahltes Praktikum? Und sechs bis zwölf Monate nach dem Bachelor mit dem Master starten? Wer das möchte, der ist möglicherweise im neuen Pre-Master-Programm von Bosch gut aufgehoben. Das Konzept: Die Absolventen arbeiten bis zu einem Jahr im Unternehmen, danach geht es zum Master an eine selbst gewählte Hochschule. Optional können sie während des Studiums als Werkstudent weiter arbeiten, auf jeden Fall steht den Teilnehmern das Programm Students@Bosch offen. Von einem Mentor können sie sich jederzeit Karrieretipps holen.

Mit dem Paket hofft das Unternehmen, besser auf die Bedürfnisse der Bachelor-Absolventen zu reagieren als die Konkurrenz. „Wir haben gemerkt, dass unsere bisherigen Instrumente nicht mehr ausreichen“, sagt Britta Bannas, Teamleiterin Bindungsprogramme, die das Pre-Master-Programm konzipiert hat. Viele Studenten wollen nach dem Bachelor zwar noch einmal einen Betrieb kennenlernen, möchten sich aber ungern gleich festlegen. „Deshalb haben wir das Pre-Master-Programm so flexibel wie möglich gestaltet.“

Diese Flexibilität war auch Philipp Gauß, der Ende September als einer der ersten Pre-Master-Kandidaten angefangen hat, sehr wichtig. Der 24-Jährige hat seinen Bachelor in BWL mit Schwerpunkt Automotive an der Hochschule Geislingen gemacht und Bosch bereits während eines Praktikums kennen gelernt. Jetzt arbeitet er am Standort Abstatt bei Heilbronn im Produktmanagement. Seine Spezialisierung: Softwarelösungen für die KFZ-Sicherheit, für Bremsregelsysteme wie ESP. „In einigen Monaten werde ich mit meinem Mentor überlegen, ob ich noch weitere Teile des Unternehmens kennenlernen will oder schon mit dem Master starte.“ Der Unterschied zwischen einem PreMaster-Programm und einem Praktikum während des Studiums liegt nicht nur in der Bezahlung – 1900 Euro gibt es während der Unternehmensphase –, sondern auch in den Aufgaben: „Ich habe das Gefühl, dass ich stärker auf eigenen Füßen stehe und mehr Verantwortung trage“, sagt Gauß.

Etwa 50 Pre-Master-Stellen will Bosch in der ersten Phase besetzen. Die meisten laufend ausgeschriebenen Vertiefungen richten sich an junge Ingenieure, seltener sind BWLer, Informatiker oder Physiker gefragt. „Grundsätzlich ist es auch möglich, sich initiativ für eine Wunschabteilung zu bewerben“, sagt Britta Bannas. Die Erfolgschancen seien jedoch bei einer ausgeschriebenen Stelle höher.

Eine Verpflichtung, auch nach dem Studium zu Bosch zurückzukehren, gibt es nicht. Aber natürlich hofft das Unternehmen, möglichst viele Pre-Master später an sich binden zu können.

MODELL BCG

Einstieg als Bachelor, Freistellung für den Master. Die großen Unternehmensberatungen wie Boston Consulting Group (BCG), McKinsey und Roland Berger gehörten zu den Ersten, die auf Einstiegsprogramme für Bachelor-Absolventen gesetzt haben. Das Konzept: Nach zwei bis drei Jahren im Job geht es zum Master oder MBA zurück an die Uni. „Für die Bachelors haben wir die neue Karrierestufe des Junior Associate eingeführt“, erklärt Niclas Storz, Partner im Düsseldorfer BCG-Büro; er ist zuständig für das deutschlandweite Recruiting. „Wie alle anderen Einsteiger auch sind diese vom ersten Tag an in Kundenprojekte eingebunden.“ Später ist der Master für Bachelor-Absolventen verpflichtend. Bei BCG starteten die ersten Junior Associates vor drei Jahren.

„Die Höhe der Unterstützung im Master-Studium hängt von der Leistung des einzelnen Beraters ab“, erklärt Niclas Storz. Bei Top-Kandidaten sei dies jedoch ein „substanzieller Betrag“, aus dem sich die Studiengebühren und der Lebensunterhalt zu einem großen Teil finanzieren ließen, so Storz.

Wo die Kandidaten das Aufbaustudium absolvieren, steht ihnen frei: „In der Regel ist das ein MBA, es kann aber auch ein anderer Master sein.“

MODELL SD&M

Stipendium mit Jobgarantie. Obwohl Andreas Vogelsang nach dem Bachelor gerade vom günstigen Paderborn ins teure München gezogen ist, braucht sich der 24-Jährige ums Geld keine Sorgen zu machen. Der Master-Student im Elitestudiengang Software Engineering an der Technischen Universität (TU) München erhält durch ein Stipendium 750 Euro pro Monat, außerdem werden seine Studiengebühren übernommen. Möglich macht das die IT-Beratung SD&M, die Master-Stipendien vergibt.

„Für uns ist die Hochschulausbildung mit dem Bachelor noch nicht zu Ende“, sagt Stephan Frohnhoff, Mitglied der Geschäftsleitung und Initiator des Programms. Auch berufsbegleitende Programme sind für ihn keine Alternative: „Einen Master macht man nicht nebenher. In einem Vollzeitprogramm ist die Erfolgsquote viel höher.“ Um junge Talente frühzeitig an SD&M zu binden, hat sich das Unternehmen entschieden, bis zu 75 Master-Studenten der Informatik zu fördern. Voraussetzung: Sie haben einen Studienplatz an der RWTH Aachen, der TU Darmstadt, der TU München, der Uni Karlsruhe, der Uni Kaiserslautern oder der Uni Stuttgart. Das Besondere: Mit dem Stipendium ist eine Jobgarantie verbunden. Allerdings verpflichten sich die Stipendiaten auch dazu, nach Abschluss des Studiums SD&M mindestens zwei Jahre als Software-Ingenieur treu zu bleiben. Sonst müssen sie das erhaltene Geld zurückzahlen.

Andreas Vogelsang fühlt sich durch diesen Vertrag nicht geknebelt: „Ich habe mich sehr gut über SD&M als Arbeitgeber informiert und bin sicher, dass ich dort gefördert werde.“ Schon jetzt kann er sich jederzeit an seinen Mentor wenden. Übrigens: Zu Beginn des Wintersemesters hatte SD&M noch nicht alle Stipendien vergeben. Auch wer bereits mit dem Master-Studium begonnen hat, kann sich noch bis zum 5. Dezember bewerben. Ebenso fördert SD&M in einer Übergangsphase auch Diplom-Studierende ab dem sechsten Semester.

MODELL STEINBEIS-HOCHSCHULE

Duale Studienmodelle, in denen sich die Studienphasen an einer Berufsakademie oder Hochschule mit den Praxisphasen in einem Betrieb abwechseln, werden immer beliebter. Für Bachelor-Absolventen werden inzwischen fast 700 solcher Studiengänge angeboten. Für Master-Kandidaten sind die Möglichkeiten hingegen begrenzt. Das musste auch Christoph Söllner, 23, feststellen, der bereits sein Erststudium im dualen System an der Berufsakademie Stuttgart und der MTU in München absolviert hatte. „Ich dachte, ich muss mich nun zwischen dem Berufseinstieg und einem Master entscheiden.“ Dann aber stieß er auf ein Angebot der School of International Business and Entrepreneurship der Steinbeis Hochschule und der Daimler-Tochter Mercedes AMG. Gesucht wurde ein Kandidat, der bei AMG im strategischen Projektmanagement arbeiten und parallel einen Master in Management absolvieren möchte.

Für ihr so genanntes Projekt-Kompetenz-Studium arbeitet die Steinbeis Hochschule mit mehr als 300 Unternehmen zusammen – darunter sind Siemens, BASF, Voith, T-Systems oder ABB. Die Unternehmen schreiben die auf zwei Jahre befristeten Projektstellen aus, die Steinbeis Hochschule vermittelt geeignete Kandidaten. Die Unternehmen tragen alle Kosten, die für das Studium anfallen – etwa Studiengebühren, Material- und Reisekosten –, und zahlen den Teilnehmern ein Gehalt von mindestens 1000 Euro im Monat.

Christoph Söllner konnte mit seiner Bewerbung punkten und hat Anfang Oktober bei AMG angefangen. Die meiste Zeit wird er an der Entwicklung eines neuen Aggregats arbeiten, alle zwei Wochen ist er für drei Tage an der Hochschule. In seinen Studienarbeiten und der Master-Thesis wird er das Projekt dokumentieren. „Das Konzept ist für uns ideal“, sagt Personalleiterin Elke Frank. „Die Master-Studenten bekommen einen komplexen Einblick in das Unternehmen, bringen aber auch ständig neue Impulse mit.“ AMG möchte so zukünftige Führungskräfte gewinnen. Zwar bekommt jeder Student einen Mentor, es werde aber auch viel Eigeninitiative erwartet. Für Söllner ist das auf jeden Fall die Herausforderung, die er gesucht hat: „Als BA-Student wurde man an die Hand genommen. Jetzt muss ich viel selbstständiger arbeiten.“

Beitrag aus dem Magazin „Junge Karrierre

Dorothee Fricke

Zur Startseite