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Vom Beruf ins Studium: Nach Dienstschluss an die Uni

Arbeiten und Studieren – das muss sich nicht ausschließen. Wir stellen einige Angebote vor.

Immer mehr könnten, doch immer weniger wollen: Während die Zahl der Studienberechtigten seit Jahren ansteigt, lässt deren Interesse an einem Studium kontinuierlich nach. Ein Viertel der Abiturienten lehnt eine Hochschulausbildung ab. Das geht aus dem Forschungsbericht „Bildung in Deutschland 2008“ hervor, den die Kultusministerkonferenz gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung kürzlich veröffentlicht hat. Als einen der Hauptgründe für diese Entwicklung führt der Bericht an, dass „der Wettbewerb zwischen Hochschule und beruflicher Ausbildung um dieselbe Personengruppe härter wird“. Dabei müssen sich Beruf und Studium nicht ausschließen: Ein immer attraktiverer Weiterbildungsweg ist das Erst- oder Aufbaustudium neben dem Job.

Im Gegensatz zu einem regulären Vollzeitstudium, das mit einem Arbeitsaufwand von 40 bis 50 Wochenstunden verbunden ist, erfordert das Teilzeitstudium etwa die Hälfte dieser Zeit. Die Lehreinheiten werden dabei entweder auf ein bis zwei Wochentage verteilt oder gleich ganz in die Abendstunden und auf das Wochenende gelegt. In den USA und Großbritannien ist das berufsbegleitende Studieren weit etablierter als hierzulande. Mehr als die Hälfte der Studenten entscheiden sich dort für diesen Bildungsweg. In Deutschland studieren die meisten in Vollzeit und gehen nebenher jobben – „und zwar leider oft branchenfremd, zum Beispiel als Kellner“, sagt der frühere Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Klaus Landfried.

In Berlin gibt seit einigen Jahren spezielle Angebote für berufsbegleitendes Studieren – allerdings bislang vor allem an privaten Hochschulen. An den großen staatlichen Unis wie der Freien Universität und der Humboldt-Universität kann man sich zwar problemlos für ein Teilzeitstudium einschreiben. Allerdings sind deren Angebote und Vorlesungszeiten bislang überwiegend auf diejenigen ausgerichtet, die die Bildungsforscherin Anke Hanft „Normalstudierende“ nennt: Abiturienten, die zum Forschen an die Hochschule gehen. Pragmatische „Lerner“ dagegen, die in den Hochschulen berufsvorbereitende und -begleitende Ausbildungsstätten sehen, haben das Nachsehen. Hanft bedauert dies: „Gerade in Berlin gäbe es doch für eine berufsfördernde akademische Weiterbildung ein großes Potential. Das merken die großen Universitäten leider erst allmählich.“

Einige kleinere Anbieter haben schneller reagiert. Hier eine Auswahl:

TECHNISCHE FACHHOCHSCHULE (TFH)
Die TFH bietet insgesamt acht berufsbegleitende Studiengänge als Online- oder Fernstudium an. „Nebenberufliche Studenten sind zwar nicht unser Hauptklientel“, erklärt Burghilde Wieneke-Toutaoui, Vizepräsidentin für Studium und Lehre der TFH. Dennoch sind über 500 solcher „Lerner“ an der Fachhochschule eingeschrieben. Das Online-Angebot umfasst die Bachelor-Abschlüsse Medieninformatik, Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftsingenieurswesen sowie die Master-Abschlüsse Management & Consulting und Medieninformatik. Etwa einmal pro Monat finden sich die Studierenden zu einem Präsenzseminar zusammen. Die Regelstudienzeit von sechs Semestern bis zum Bachelorabschluss verdoppelt sich bei Teilzeitstudenten auf 12 Semester. Wer neben dem Job richtig ackert, kann es auch schneller schaffen. Da die TFH eine staatliche Hochschule ist, werden für das Online-Studium keine Studiengebühren erhoben. Allerdings fällt eine Aufwandsentschädigung von maximal 468 Euro pro Semester an. Bei einigen Fernstudiengängen wie Industrial Engineering und Medizinische Informatik werden Entgelte zwischen 1200 und 1500 Euro pro Semester fällig.

FACHHOCHSCHULE FÜR WIRTSCHAFT
Auch an der staatlichen Fachhochschule für Wirtschaft sind gut 500 nebenberuflich Studierende eingeschrieben. Für die beiden im Abendstudium angebotenen Bachelor-Studiengänge Business Administration und Unternehmensgründung bezahlen diese die üblichen Berliner Semestergebühren. Die Regelstudienzeit ist mit acht Semestern für ein Teilzeitstudium recht kurz. Bei den drei MBA-Angeboten der FHW – Entrepreneurship, General Management und Health Care Management – kassiert die Hochschule stattliche Studienentgelte: 12500 bis 15000 Euro kosten die zweijährigen Aufbaustudiengänge.

BBW HOCHSCHULE
Die bbw Hochschule, die wirtschafts- und ingenieurswissenschaftliche Bachelor-Studiengänge anbietet, ist eine staatlich-private Fachhochschule: Sie ist ein Kooperationsprojekt des unternehmensnahen Bildungswerks der Wirtschaft und der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW). Die Vorlesungen an der bbw liegen außerhalb der Arbeitszeit. Auch die weiteren Studienelemente – Kompaktblöcke, Projekte und Interneteinheiten – sind auf Berufstätige zugeschnitten. Das vierjährige berufsbegleitende Studium findet teilweise in englischer Sprache statt. Ein Wechsel zum drei Jahre dauernden Vollzeitstudium ist möglich. Die Gesamtkosten betragen für beide Optionen gut 15000 Euro.

FACHHOCHSCHULE FÜR OEKONOMIE UND MANAGEMENT (FOM)
Die FOM bietet in ihrer Berliner Dependance vierzehn Studiengänge mit Bachelor-, Master- und Diplomabschluss an, von Business Administration bis Wirtschaftsinformatik. Bei vielen Studiengänge gibt es die Möglichkeit, die Präsenztermine entweder auf drei Abende unter der Woche (18 bis 21.15 Uhr) zu legen oder sie kompakt am Freitagabend und Samstag zu absolvieren. Zudem gibt es das „Tages-Trainee-Programm“, bei dem die Vorlesungen an zwei Wochentagen stattfinden. So viel Flexibilität hat ihren Preis: Die Gebühren für die siebensemestrigen Studiengänge belaufen sich auf 12 390 bis 15 120 Euro. Die vier Semester dauernden Masterstudiengänge kosten 10290 bis 12250 Euro.

FERNUNIVERSITÄT HAGEN
Eine besonders flexible Möglichkeit der berufsbegleitenden Weiterbildung ist das Fernstudium. Die Regelstudienzeiten für ein berufsbegleitendes Studium beträgt zwölf Semester bis zum Bachelor. Für den Abschluss in Wirtschaftswissenschaften sind dagegen neun Semester vorgesehen. Die Fernuni Hagen, die einzige staatliche Fernuniversität im deutschsprachigen Raum, ist mit rund 50000 Immatrikulierten die größte ihrer Art. In Berlin bietet die Humboldt-Universität ein Fernstudienzentrum an. Dort gibt es eine Studienberatung und mehrere PC-Arbeitsplätze.

WAS DIE EXPERTEN RATEN
Susanne Rausch, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung, empfiehlt eine Kosten-Nutzen-Rechnung vor Aufnahme eines berufsbegleitenden Studiums: Möchte ich mich eher aus persönlichen oder beruflichen Gründen weiterbilden? Falls letzteres – bringt mich der akademische Abschluss tatsächlich weiter? „Neben dem finanziellen Aspekt spielt auch der Zeitaufwand eine große Rolle“, so Rausch. Man müsse sich selbst gegenüber ehrlich sein, ob die Doppelbelastung von Beruf und Studium in der aktuellen Lebensphase realisierbar ist – und zu welchem Preis. Denn: „Was nützt mir der Hochschulabschluss, wenn hinterher die Ehe kaputt ist?“

Vergangenen Sonntag berichteten wir, wie man es auch ohne Abitur an die Hochschule schafft.

Markus Wanzeck

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