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Wegbegleiter: Karrierecenter der Universitäten

Immer mehr Universitäten richten Karrierecenter ein, um Studenten den Jobstart zu erleichtern. Doch viele Angebote gehen an der Zielgruppe vorbei.

Das Career Center der Uni Köln war auf dem Campus bislang kaum zu finden. Einen Raum gab es im Gebäude des Philosophikums, genauer auf dem Flur des Englischen Seminars – und damit nicht gerade an einem Ort, an dem Juristen oder Wirtschaftswissenschaftler ständig vorbeilaufen. Ein anderes Büro versteckte sich im Keller des Zentrums für Paralleles Rechnen. Und das Hauptquartier der „Kölner Initiative Qualitätstransfer", kurz KIQ, wie das Career Center offiziell hieß, lag in der Nähe des Kölner Südstadions, einen Fußmarsch von zehn bis 15 Minuten entfernt.

Kein Wunder, dass die Angebote an den Studenten vorbeigingen. Zwar bemühten sich die Mitarbeiter des Karrierezentrums mit allen Kräften, den Service bekannt zu machen und verteilten bei Sonderaktionen bis zu 4000 Flyer auf dem gesamten Campus. Doch oft genug nahmen die Studenten die Angebote kaum in Anspruch: „Während meines gesamten Studiums habe ich nur eine einzige Veranstaltung besucht“, sagt Marina Stöcker, die Mitte 2006 ihr Soziologie- und Germanistik-Studium beendete.

Das soll sich nun ändern. In diesem Semester startet die Uni ein neues Angebot. Der frühere Karriereservice wurde Anfang des Jahres eingestampft. Stattdessen nimmt ein Professional Center die Arbeit auf, das aus zwei Säulen besteht. Das „Career Support Center“ soll umfassend auf den Beruf vorbereiten, in der „Professional & Academic School“ nehmen Studenten an Kompetenztrainings oder Sprachkursen teil. Studenten kommen an den Angeboten nicht mehr vorbei: Einige Seminare sind verpflichtend, und sie erwerben dabei sogar Credit Points, die für das Bachelorstudium zählen: „Unser Ziel ist es, die Berufsvorbereitung als dritte Säule neben der Forschung und der Lehre zu etablieren“, sagt Prorektor Holger Burckhart.

Nicht überall werden Studenten tatsächlich gut unterstützt

Die Uni Köln, eine der größten Deutschlands, an der mehr als 40.000 Studenten eingeschrieben sind, kommt einer politischen Forderung nach, die mit der Einführung der neuen Bachelor- und Masterabschlüsse auch die Universitäten in die Pflicht nimmt. Bislang waren vor allem die Fachhochschulen für die berufsorientierte Ausbildung verantwortlich. Seit der Reform müssen sich auch die Unis stärker dieser Aufgabe widmen. Statt bloß die Theorie zu pauken, sollen Studenten jetzt Kompetenzen vermittelt werden, die ihnen zukünftig bei der Jobsuche helfen.

Das Schlagwort heißt „Employability“. Es bedeutet, dass die Studenten aller Fachbereiche so ausgebildet werden, dass ihre Qualifikationen kompatibel mit dem Arbeitsmarkt sind. Diese Aufgabe erfasst die gesamte Hochschule und stärkt somit die Rolle der Career Center. Sie bilden die Schnittstelle zwischen Uni und Beruf. Im Idealfall stimmen Institute und Karrierezentren die Angebote aufeinander ab.

Auch an vielen anderen Unis in Deutschland gibt es inzwischen sehr erfolgreiche Ansätze. Doch nicht überall werden die Studenten bei ihrem Schritt in den Beruf tatsächlich gut unterstützt.

Die Probleme beginnen damit, dass die Hochschulen in der Gestaltung ihrer Center recht frei sind. Zwar bieten fast alle Einrichtungen Kursprogramme an – doch zum Teil lässt sich die Zahl der Angebote an einer Hand abzählen. Das Career Center der Uni Paderborn verzichtet komplett auf Vorträge und Seminare. Drei studentische Hilfskräfte stemmen die Beratung für ihre Kommilitonen.

Das Chaos hat System

Sehr viel besser ist dagegen die Humboldt-Uni in Berlin ausgestattet. Das Career Center hat 83 Kurse pro Semester im Programm, sechs in Vollzeit angestellte Mitarbeiter koordinieren die Angebote zu Bewerbung oder Berufseinstieg.

Welche Dienstleistungen sie anbieten, können die Career Center ebenfalls frei wählen. Jobvermittlungen und persönliche Beratungen finden bei den meisten statt. Doch auch hier herrscht Unordnung: Die Öffnungszeiten sind so gelegt, dass sie mit den Kursen im Stundenplan kollidieren. Nicht selten stehen für die Beratung nur wenige Stunden zur Verfügung.

Das Chaos hat System. Die Bildungspolitik verzichtet bewusst auf klare Vorgaben und lässt den Hochschulen möglichst viele Freiheiten: „Wir empfehlen ihnen lediglich, auch Verantwortung für den Übergang der Absolventen in den Beruf durch entsprechende Beratungsangebote zu übernehmen“, sagt Sabine Behrenbeck, die beim Wissenschaftsrat – einem der wichtigsten Beratungsgremien für Wissenschaft, Forschung und Hochschulen – den Bereich Studium und Lehre leitet. „Wie genau sie den Career Service ausstatten, ist ihnen aber selbst überlassen.“ Nach Ansicht des Wissenschaftsrats können die Hochschulen die Chance nutzen, um auch an dieser Stelle das Profil zu schärfen: „Die Anforderungen einer Technischen Hochschule unterscheiden sich enorm von solchen mit einer stärkeren geisteswissenschaftlichen Ausrichtung“, erklärt Behrenbeck.

Zwar ist die Idee, Studenten besser auf den Job vorzubereiten, grundsätzlich an den Hochschulen angekommen. Mehr als 100 Career Center gibt es schon. Doch viele Mitarbeiter fühlen sich von den Hochschulleitungen im Stich gelassen. Das spiegelt sich auch im Budget wider. „Die finanzielle Lage ist oft prekär“, sagt Andrea Frank vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft.

Dabei sind die Unterschiede enorm. Ein Beispiel: Das Career Center „Karla“ der Uni Koblenz-Landau ist auf die Beratung von Frauen spezialisiert. Nach Abzug der Personalkosten stehen ihm gerade mal etwa 5000 Euro pro Jahr zur Verfügung, die für „innovative Projekte“ ausgegeben werden können. Das Geld reicht gerade mal für ein Kursprogramm von drei Veranstaltungen pro Semester.

"Man muss sich schon ein bisschen anstrengen"

„Karla“ steht mit diesem Problem nicht allein dar. „Es kommt nicht selten vor, dass die Einrichtungen nur die Mittel zur Verfügung haben, die sie für eine Mitarbeiterstelle plus Sachmittel benötigen“, sagt Marcellus Menke, Vorsitzender des Career Services Netzwerk Deutschland, einem Dachverband für Karrierezentren, dem sich etwa 90 Einrichtungen angeschlossen haben. Konkret heißt das: Für eine Mitarbeiterstelle bekommen die Career Center in der Regel ein Jahresbudget zwischen 50.000 und 60.000 Euro.

Dass ein gutes Angebot trotz eines Sparkurses der Rektorate möglich ist, zeigen die Beispiele anderer Hochschulen. Wer nämlich geschickt Drittmittel einnimmt, kann zusätzliche Beträge für sich verbuchen. Die 450.000 Euro der FU Berlin etwa stammen zu 40 Prozent aus Hochschul- und zu 60 Prozent aus eingeworbenen Drittmitteln. So kommen allein 200.000 Euro aus einem EU-Bildungsprogramm des Deutschen Akademischen Austausch-Dienstes (DAAD). Zehn Jahre existiert das FU-Career-Center schon, es ist eine der ersten Einrichtungen dieser Art in Deutschland. „Man muss sich schon ein bisschen anstrengen“, sagt Leiterin Christiane Dorenburg.

Einen Spitzenplatz, gemessen an der Zahl der Mitarbeiter, belegt das Career Center der Uni Freiburg. Es verfügt über 9,5 volle Mitarbeiterstellen für knapp 20 000 Studenten. Auf eine Stelle kommen exakt 2072 Studenten – weit weniger als an anderen Hochschulen. Ohnehin gilt das Gesamtkonzept der Uni Freiburg als vorbildlich. 2007 wurde es vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft ausgezeichnet. Die Gutachter hoben besonders die Bedarfsanalysen bei Studenten oder Absolventen hervor.

Tatsächlich hat das Freiburger Career Center zwischen 2005 und 2008 Studenten befragt, auch 600 Unternehmen sind einbezogen worden. „Wir stimmen unser Angebot darauf ab, welche Qualifikationen Bachelorabsolventen mitbringen müssen, um eine Chance in einem bestimmten Berufsfeld zu haben“, sagt Michael Borchardt, der Geschäftsführer des Career Centers. Neben der Allgemeinen Berufsberatung gibt es Praktikumsberatungen für das In- und Ausland und eigene Sprechstunden für Berufseinstiege im europäischen Ausland. Das gesamte Beratungsangebot besteht aus 417 Stunden pro Semester, und häufig führen Partner aus der Wirtschaft diese Veranstaltungen durch.

Karrierewege sind für uns wichtige Aushängeschilder

Als Vorbilder für die Kooperation mit der Wirtschaft könnten auch Konzepte privater Hochschulen dienen. Die WHU zum Beispiel – die Otto Beisheim School of Management in Vallendar/Koblenz – hat Kontakt zu mehr als 120 Unternehmen. Die Zusammenarbeit schlägt sich auch im Lehrangebot nieder: „Das Career Center ist einer unserer Erfolgsfaktoren“, sagt Heike Hülpüsch, die das Karrierezentrum seit Anfang der 90er Jahre betreut.

In Vallendar machen alle mit: Absolventen halten Vorträge über ihre Erfahrungen. Studenten höherer Jahrgänge arbeiten als „Career Scouts“ und kümmern sich um die Belange jüngerer Jahrgänge. Die ganz Neuen suchen die erste obligatorische Praktikumsstelle nach dem zweiten Semester auf eigene Faust.

Die berufliche Vorbereitung der Studenten sei für die private Hochschule von besonderer Bedeutung, sagt Heike Hülpüsch. „Die Karrierewege sind für uns wichtige Aushängeschilder.“ Und sie sind ein Argument dafür, sich für das Studium zu entscheiden, bei dem im Bachelorstudium Gebühren von 31.500 Euro anfallen. Das Masterprogramm kostet 18.900 Euro.

Die Beratung muss gezielt auf staatliche Hochschulen übertragen werden

Allerdings ist es schwierig, das Konzept der privaten Hochschule auf eine staatliche zu übertragen. Der Versuch krankt oft schon am mangelnden persönlichen Kontakt zwischen den Professoren und den Studenten.

Damit die staatlichen Unis trotzdem mithalten können, muss die Beratung gezielt in den Studienalltag integriert werden. So wie in Köln mit dem neuen Professional Center. Besonders eine Personengruppe, die von den Unis gerne vergessen wurde, rückt dabei ins Augenmerk der Hochschulen: die Alumni. Allmählich dämmert es den Uni-Rektoren offenbar, dass sie vom Wissen der Ehemaligen profitieren können. Denn wer könnte besser Auskunft darüber geben, wo es bei den Angeboten hakt?

Erstmals führt die Uni Köln deshalb zurzeit eine Befragung unter 5000 Ehemaligen durch, die zwischen 2006 und 2007 ihren Abschluss gemacht haben. Sie sollen ihre Erfahrungen an der Kölner Uni bewerten, etwa ob Kontakte zu Arbeitgebern vermittelt wurden oder wie relevant berufsbezogene Elemente überhaupt waren. „Wir wollen ihre Erfahrungen in unsere Lehrpläne einbauen“, sagt Prorektor Holger Burckhart – und so die Bedürfnisse der Studenten endlich ins Zentrum der Lehre rücken.

Beitrag aus dem Magazin „Junge Karriere“

Britta Mersch

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