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Weiterbildung: Fernstudium liegt im Trend

Die Zahl der Feierabend-Studenten wächst. Platzhirsch am Markt ist die Fernuniversität Hagen, wo die Hälfte aller Fernstudenten eingeschrieben ist. Zudem gibt es Präsenzuniversitäten, Fachhochschulen oder Berufsakademien. Private Bildungsträger investieren kräftig in den Markt

Robert Kopinski ist kein Stubenhocker. Doch obwohl der 27-Jährige in Peking lebt, zieht es ihn an den Wochenenden nicht in die engen Gassen nahe der Verbotenen Stadt, sondern an den Schreibtisch, wo er sich durch Bücher und Skripte rackert. Kopinski ist Fernstudent – einer von rund 90 000 an deutschen Hochschulen. Die Zahl seiner Kommilitonen wächst rapide: Zuletzt legte sie innerhalb eines Jahres um mehr als 13 000 zu - ein Plus von gut 18 Prozent. Neueste Einschreibestatistiken deuten darauf hin, dass sich dieser Trend fortsetzt: Rund 6200 Studierende nahmen im vergangenen Sommerhalbjahr ein Fernstudium auf – so viele, wie nie zuvor.

Die meisten kombinieren Studium und Beruf – wie Kopinski, der für eine Tochter des Elektrokonzerns ABB tätig ist. "Da ich meinen Standort oft wechsle, ist ein Fernstudium die einzige Möglichkeit", sagt der Wirtschaftsinformatiker, der auf sein Diplom einen Master der Fernuni Hagen satteln will. Damit ist er kein Einzelfall. Experten sehen in der Einführung der Bachelor- und Masterabschlüsse einen wichtigen Grund für die wachsende Beliebtheit von Fernstudiengängen. "Die modularisierte Studienorganisation lässt mehr Raum für flexible Entscheidungen, wovon Berufstätige profitieren", sagt Martin Hendrik Kurz, Präsident des Forums Distance Learning, in dem zehn der 14 privaten deutschen Fernhochschulen organisiert sind. "Das klassische persönliche Motiv für ein Fernstudium ist der Aufstiegswunsch, dem ein fehlender Studienabschluss im Weg steht", weiß Kurz. Und auch die Angst vor höher qualifiziertem Nachwuchs, der Bedarf an Fachwissen oder eine berufliche Neuorientierung könnten das Interesse an akademischer Bildung wecken.

Ein fehlendes Studium als Aufstiegshemmnis? "Ohne akademischen Abschluss tritt man irgendwann auf der Stelle", sagt der 35-jährige Rehage. Solange er freiberuflich tätig war, fragte niemand nach einem Diplom. -Seit seiner Festanstellung beim Chemiekonzern Lanxess fehlt ihm aber der Abschluss. Bei Bewerbungen auf bestimmte Stellen hätte er ohne Studium keine Chance.

Grund genug, sich auf das Abenteuer Fernstudium einzulassen. Zeit ist seither für den Vater dreier Kinder ein knappes Gut. Diese Erfahrung machen viele, denn ein Fernstudium meistert sich nicht im Vorbeigehen. Fernhochschulen werben damit, dass ihre Studenten aus diesem Grund bei Personalchefs besonders geschätzt seien. "Ein Fernstudium durchzuziehen verlangt Disziplin und Frustrationstoleranz", bestätigt Sörge Drosten, Geschäftsführer beim Personalberater Kienbaum. Einen Vorteil gegenüber anderen Bewerbern sieht Drosten aber nicht.

Platzhirsch am Markt ist die Fernuniversität Hagen, wo die Hälfte aller Fernstudenten eingeschrieben ist. Zudem gibt es Präsenzuniversitäten, Fachhochschulen oder Berufsakademien. Auch private Bildungsträger investieren kräftig. Die Stuttgarter Klett-Gruppe war in den vergangenen Jahren an drei Neugründungen in Deutschland beteiligt. Private rühmen sich ihrer Flexibilität, die staatliche Fernuni punktet mit Bekanntheit und Größe. Dass letztere ein Vorteil sein kann, hat Kopinski in Peking erlebt. Er durfte die Hagener Klausuren in China schreiben, Dank einer Kooperation zwischen Fernuni und Goethe-Institut. "Ich hätte nie gedacht, wie problemlos das möglich ist." (HB)

Die Kosten

An der Fernuni Hagen müssen Studenten einen Semesterbeitrag in Höhe von elf Euro bezahlen. Außerdem werden Kosten für Lernmaterialien fällig - pro Seminar im Schnitt 40 Euro.Private Fernhochschulen finanzieren sich vorwiegend durch Studiengebühren. Ein Bachelorstudium in europäischer BWL an der Hamburger Euro-FH kostet rund 12 000 Euro.

Nur wenige Arbeitgeber sind wie etwa die Deutsche Bahn bereit, nach individueller Absprache auch Teile der Studiengebühren zu übernehmen. Großzügiger zeigen sich die meisten Unternehmen, wenn es um das Entgegenkommen bei der Arbeitszeit geht. (HB)

Andreas Niesmann

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