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Martina Perreng, Arbeitsrechtlerin beim Deutschen Gewerkschaftsbund

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Karrierefrage: Dürfen Azubis kündigen?

Welche Möglichkeiten haben Azubis, wenn sie mit ihrem Arbeitsplatz unzufrieden sind? Das erklärt die Arbeitsrechtlerin des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Martina Perreng.

Ich werde in einem kleinen Berliner Unternehmen zur Fleischereifachverkäuferin ausgebildet. Eigentlich macht mir die Arbeit Spaß, doch einer der Schlachtergesellen vermiest mir jeden Tag. Er teilt mir Aufgaben zu, die nicht meine sind und schwärzt mich beim Chef an. Was kann ich tun? Inzwischen denke ich sogar darüber nach, den Arbeitgeber zu wechseln. Darf ich das in der Ausbildung? Die Probezeit habe ich allerdings längst hinter mir.

Die rechtliche Grundlage für die Berufsausbildung ist das Berufsbildungsgesetz. Dort sind die Rechte und Pflichten von Ausbildern und Auszubildenden geregelt. Den Ausbildungsbetrieb während der Ausbildung zu wechseln, ist darin allerdings nicht vorgesehen. Auch das Kündigen des Ausbildungsverhältnisses ist, anders als bei einem Arbeitsvertrag, für den Auszubildenden nur eingeschränkt möglich. Eine Ausnahme stellt die Probezeit dar. In dieser Zeit kann das Ausbildungsverhältnis jederzeit gekündigt werden, ohne das eine Kündigungsfrist einzuhalten ist. Nach der Probezeit jedoch kann eine Kündigung gemeinhin nur aus einem wichtigen Grund erfolgen.

Ein wichtiger Grund liegt dann vor, wenn Ihnen nicht zugemutet werden kann, das Ausbildungsverhältnis unter Abwägung der unterschiedlichen Interessen fortzusetzen. Bei den von Ihnen beschriebenen Schikanen durch den Schlachtergesellen dürfte allerdings dieses Maß (noch) nicht erfüllt sein.

Wenn Sie die Ausbildung ganz aufgeben oder Sie sich für einen anderen Beruf ausbilden lassen wollen, besteht ansonsten die Möglichkeit, dass Sie als Azubi das Arbeitsverhältnis mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen kündigen.

Wollen Sie die Ausbildung zur Fleischereifachverkäuferin aber fortsetzen, käme allenfalls in Betracht, dass Sie einen Betrieb suchen, der bereit ist, Sie zur weiteren Ausbildung einzustellen und dass Sie dann mit Ihrem bisherigen Chef einen Aufhebungsvertrag schließen.

Da Ihrer Frage aber zu entnehmen ist, dass Sie im Prinzip die Ausbildung gerne in Ihrem jetzigen Ausbildungsbetrieb beenden wollen und Ihnen die Arbeit Spaß macht, sollten Sie versuchen, sich gegen die Schikanen Ihres Kollegen zur Wehr setzen. Dazu könnten Sie mit Ihrem Chef das Gespräch suchen und ihn bitten, Ihre Aufgaben im Rahmen Ihrer Ausbildung möglichst konkret festzulegen, damit Sie, wenn Ihnen der Geselle andere Aufgaben zuweist, diese rechtmäßig ablehnen können. Darüber hinaus könnten Sie Ihren Chef um ein Feedback zur Zufriedenheit mit Ihren Ausbildungsleistungen bitten. Fällt das positiv aus, gibt Ihnen das Sicherheit – und die Versuche des Gesellen, Sie beim Chef anzuschwärzen, laufen ins Leere.

– Haben Sie auch eine Frage? Dann schreiben Sie uns:

E-Mail: Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

Martina Perreng

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