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Karrierefrage: Kann ich ohne meine Zustimmung versetzt werden?

Die Arbeitsrechtlerin beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), Martina Perreng, erklärt, welche Regeln für Arbeitnehmer gelten

Ich arbeite in einem Unternehmen, das bundesweit Geschäftsstellen betreibt. Jetzt ist ein Kollege der Geschäftsstelle in Stuttgart in Rente gegangen und da ich mit der Arbeit dort gut vertraut bin, befürchte ich nun, dass mein Chef mich als geeigneten Kandidaten sieht. Eine entsprechende Anspielung hat er bereits gemacht. Hat er das Recht, mich ohne meine Zustimmung zu versetzen?

Ihre Frage betrifft die Festlegung des Ortes, an dem Sie Ihre Arbeit verrichten. In der Regel wird der Arbeitsort im Arbeitsvertrag zwischen den Arbeitsvertragsparteien vereinbart. Ist der Arbeitsort nicht ausdrücklich vereinbart, so ergibt er sich in der Regel aus den konkreten Umständen, also aus der Tatsache, an welchem Ort Sie dauerhaft arbeiten. Dass der Arbeitsort im Vertrag in der Regel vereinbart ist, heißt aber nicht, dass er frei verhandelt werden kann.

Grundsätzlich kann vielmehr der Arbeitgeber den Arbeitsort einseitig festlegen, die Entscheidung muss aber „billigem Ermessen“ entsprechen. Das gilt sowohl für die Festlegung des Arbeitsortes bei Einstellung, als auch für die Festlegung eines anderen Arbeitsortes im laufenden Arbeitsverhältnis, also für eine Versetzung. Das ergibt sich aus Paragraf 106 Gewerbeordnung, der das Weisungsrecht des Arbeitgebers regelt. „Billiges Ermessen“ bedeutet, dass die Entscheidung, den Arbeitnehmer an einem bestimmten Ort einzusetzen, nicht willkürlich sein darf, und auch seine Interessen berücksichtigt werden müssen. Dabei spielen die familiären Verhältnisse, konkrete Aufgaben, Zumutbarkeit eines Umzuges und Ähnliches eine Rolle.

Häufig finden sich in den Arbeitsverträgen auch Klauseln, die dieses Recht des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zuzuweisen, konkretisieren. So kann ausdrücklich vereinbart werden, dass der Arbeitgeber das Recht hat, vom Arbeitnehmer die Ausübung seiner Tätigkeit auch an einem anderen Arbeitsort zu verlangen. Gleichwohl ist damit nicht jede Versetzung von vornherein zulässig, sondern sie unterliegt in jedem Fall einer Ermessenskontrolle.

In Ihrem Fall muss also geprüft werden, ob Ihnen die Versetzung nach Stuttgart zugemutet werden kann oder ob Ihre persönlichen Verhältnisse schwerer wiegen, als die betrieblichen Interessen.

Dabei kann auch eine Rolle spielen, dass Ihre Aufgaben in Berlin ja weiterhin bestehen bleiben. Deshalb nämlich stellt sich die Frage, ob es tatsächlich sinnvoll ist, dass Sie nach Stuttgart versetzt werden. Denn dann muss ja für Sie jemand neu eingestellt oder ein anderer Kollege aus einem anderen Büro in Berlin eingesetzt werden.

– Haben Sie auch eine Frage?

Dann schreiben Sie uns: E-Mail: Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

Martina Perreng

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